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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Abraham Ibn Daud: Vorwort zur Übersetzung von Avicennas De anima p. 3f

Original:

Der lateinische Übersetzer von Ibn Sīnās (Avicennas) „Über die Seele“, der Jude Abraham Ibn Daud (ca. 1110-1170), betont die geistige Bedeutung der Seele
[1] Cum omnes constent ex anima et corpore, non omnes sic certi sunt de anima sicut de corpore. Quippe cum illud sensui subiaceat, ad hanc vero non nisi solus intellectus attingat. Unde homines sensibus dediti, aut animam nihil esse credunt, aut si forte ex motu corporis eam esse coniciunt, quid vel qualis sit plerique fide tenent, sed pauci ratione convincunt.
[2] Indignum siquidem, ut illam partem sui qua est sciens, homo nesciat, et id per quod rationalis est, ratione ipsa non comprehendat. Quomodo enim iam se vel Deum poterit diligere, cum id quod in se melius est convincitur ignorare?
[3] Omni etenim paene creatura homo corpore inferior est, sed sola anima ceteris excellit, in qua sui creatoris simulacrum expressius quam cetera gerit.

Quelle: Abraham Ibn Daud: Vorwort zur Übersetzung von Avicennas De anima p. 3f.
Edition: Avicenna Latinus, Liber de anima, ed. van Rieth.

Themen:

  • Mensch und Seele

[1] Obgleich alle aus Seele und Körper bestehen, sind nicht alle so sicher über die Seele wie über den Körper. Denn während dieser der Sinneswahrnehmung unterliegt, erreicht jene nur der Intellekt allein. Daher glauben die Menschen entweder, dass die Seele nichts sei, oder wenn sie vielleicht aufgrund der Bewegung des Körpers vermuten, dass sie ist, halten die meisten im Glauben fest, was oder wie beschaffen sie ist, aber nur wenige überzeugen davon mit Vernunft.
[2] Es ist aber unwürdig, dass der Mensch über den Teil von sich selbst, durch den er wissend ist, nichts weiß, das, wodurch er vernünftig ist, nicht mit der Vernunft selbst erfasst. Denn wie wird er sich selbst oder Gott lieben können, wenn er überzeugt ist, das, was in ihm am besten ist, nicht zu kennen?
[3] Denn der Mensch ist ja an seinem Körper niedriger als praktisch jedes Geschöpf, aber allein die Seele überragt die übrigen, in welcher er das Ebenbild seines Gottes deutlicher führt als alle übrigen.

Übersetzer: Matthias Perkams