Original:
Ibn Daud berichtet über das Zustandekommen und den Sinn seiner Avicenna-Übersetzung im Rahmen der aristotelischen Philosophie
Quapropter iussum vestrum, Domine, de transferendo libro Avicennae philosophi de anima, effectui mancipare curavi, ut […] Latinis fieret certum, quod hactenus exstitit incognitum. […] Habetis ergo librum, nobis praecipiente et singula verba vulgariter proferente, et Dominico Archidiacono singula in latinum vertente, ex Arabico translatum. In quo, quicquid Aristoteles dixit in libro suo de anima […] ab auctore libri sciatic esse collectum.
Quelle:
Abraham Ibn Daud:
Vorwort zur Übersetzung von Avicennas De anima
p. 3f.
Edition: Avicenna Latinus, Liber de anima, ed. van Rieth.
Auslegung:
Der Avicenna-Übersetzer Ibn Daud, ein spanischer Jude, der sich wohl zum Christentum bekehrt hatte, berichtet hier über seine Übersetzung von Avicennas Buch
Über die Seele. Die Übersetzung erfolgte offenbar im Auftrag des Erzbischofs von Toledo, in dessen Bischofssitz die Christen viele arabische Bücher gefunden hatten, nachdem sie die Stadt 1085 von den Arabern zurückerobert hatten. Mangels von Spezialisten mit geeigneten Sprachkenntnissen musste man für deren Übersetzung aber zu zweit arbeiten, wie Ibn Daud hier berichtet. Das stellt eine interessante Parallele zu Griechisch-Syrischen Übersetzungen im 6. Jahrhundert dar, die ähnlich vorgingen, wie Sergios von Rēšʿaynā berichtet. Hier begegnet uns noch die Besonderheit, dass Ibn Daud, der im arabischen Spanien sozialisiert war, offenbar gar kein Latein konnte und in die Volkssprache Kastilisch, d.h. eine Vorläufersprache des Spanischen, übersetzte. Allerdings kannten später sowohl Sergios als auch Dominicus Gundissalinus Ausgangs- wie Zielsprache so gut, dass sie dann keinen Partner beim Übersetzen mehr benötigten und direkt Griechisch-Syrisch bzw. Arabisch-Lateinisch übersetzten.
Themen:
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Mensch und Seele
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Avicenna
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Kulturtransfer
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Übersetzung(en) philosophischer Texte