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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Albertus Magnus: Über die Seele (p. 8, 47-77 Kübel)

Original:

Im Unterschied zu Vorgängern wie Robert von Melun bemüht sich Albertus Magnus um einen Anschluss an Aristoteles, dessen Seelenlehre inzwischen bekannt wurde
[1] Cum intellectus noster accipit intentiones […] et abstrahit eas a materia […], tunc agit in eis universalitatem, et sic universale posterius est […] et non prius, sicut dixit PLATO […].
[2] Quod autem haec vera sint […] testatur Aristotelis translatio Arabica, quae sic dicit: Et debemus praeservare nos, ne ignoremus, utrum diffinitio eius sit eadem ut diffinitio vivi aut sit alia in quolibet, verbi gratia diffinitio equi et canis et hominis et dei; vivum autem universale aut nihil est aut est postremum. Et hoc exponit AVERROES, sicut hic dictum est. Graeca autem translatio discordat ab hac et, ut puto, est mendosa. Habet enim sic: Videndum autem, quatenus non lateat, utrum una ratio ipsius sit an sicut animalis est secundum unumquodque altera. […].
[3] Sed quia in multis invenimus Graecas emendatiores quam Arabicas translationes, ideo […] dicimus, quod animalis est una ratio ut generis. Si autem animaI […] sumitur in unoquoque, tunc variatur esse eius differentiis specierum sibi adiunctis.

Quelle: Albertus Magnus: Über die Seele /De anima (p. 8, 47-77 Kübel).
Edition: N.N.

Themen:

  • Mensch und Seele

[1] Wenn unser Intellekt die Gehalte aufnimmt […] und sie von der Materie abstrahiert […], dann stellt er in ihnen Universalität her, und so ist das Universale später [als die Einzeldinge] und nicht vorher, wie Platon sagte. […]
[2] Dass das aber wahr ist […], bezeugt die Aristoteles-Übersetzung aus dem Arabischen: "Und wir müssen uns davor hüten, nicht zu wissen, ob die Definition von ihr [der Seele] dieselbe sei wie die Definition des ,Lebendigen‘ oder irgendworin eine andere, zum Beispiel die Definition von ,Pferd‘, von ,Hund‘, von ,Mensch‘ und von ,Gott‘. Das Lebendige ist aber entweder gar kein Universale oder ein Letztes [vgl. Text 3, [2]]." Und dies legt Averroes [Ibn Rušd, 1126-1198] so aus, wie hier gesagt wurde. Die Übersetzung aus dem Griechischen weicht von dieser ab und ist, glaube ich, fehlerhaft. Sie lautet nämlich so: "Man muss aber schauen, dass nicht verborgen bleibt, ob es einen Gehalt von ihr [= der Seele] gibt oder ob sie, wie die des Lebewesens ist, für jedes eine andere." […]
[3] Aber weil wir feststellen, dass die griechischen Übersetzungen [im Allgemeinen] korrekter sind als die arabischen, […] sagen wir, dass das Lebewesen als Gattung einen Gehalt hat. Wenn aber ,Lebewesen‘ […] in einem jeden aufgefasst wird, dann ändert sich sein Sein aufgrund der Unterschiede der Arten, die ihm zugefügt wurden.

Übersetzer: Matthias Perkams