[1] Wenn unser Intellekt die Gehalte aufnimmt […] und sie von der Materie abstrahiert […], dann stellt er in ihnen Universalität her, und so ist das Universale später [als die Einzeldinge] und nicht vorher, wie Platon sagte. […]
[2] Dass das aber wahr ist […], bezeugt die Aristoteles-Übersetzung aus dem Arabischen: "Und wir müssen uns davor hüten, nicht zu wissen, ob die Definition von ihr [der Seele] dieselbe sei wie die Definition des ,Lebendigen‘ oder irgendworin eine andere, zum Beispiel die Definition von ,Pferd‘, von ,Hund‘, von ,Mensch‘ und von ,Gott‘. Das Lebendige ist aber entweder gar kein Universale oder ein Letztes [vgl. Text 3, [2]]." Und dies legt Averroes [Ibn Rušd, 1126-1198] so aus, wie hier gesagt wurde. Die Übersetzung aus dem Griechischen weicht von dieser ab und ist, glaube ich, fehlerhaft. Sie lautet nämlich so: "Man muss aber schauen, dass nicht verborgen bleibt, ob es einen Gehalt von ihr [= der Seele] gibt oder ob sie, wie die des Lebewesens ist, für jedes eine andere." […]
[3] Aber weil wir feststellen, dass die griechischen Übersetzungen [im Allgemeinen] korrekter sind als die arabischen, […] sagen wir, dass das Lebewesen als Gattung einen Gehalt hat. Wenn aber ,Lebewesen‘ […] in einem jeden aufgefasst wird, dann ändert sich sein Sein aufgrund der Unterschiede der Arten, die ihm zugefügt wurden.
Übersetzer: Matthias Perkams