Original:
Ibn Sīnā erklärt, in neuplatonischer Tradition, die Rolle der Seele als eine abgetrennte Vollendung der Körpers
(1) فبين أن ذات النفس ليست بجسم بل هي جزء للحيوان والنبات ‘ هي صورة أو كالصورة أو كالكمال
(2) ثم كل صورة كمال وليس كل كمال صورة‘ فإن الملك كمال المدينة والربان كمال السفينة ‘ وليس بصورتين للمدينة وللسفينة‘ فما كان من الكمال مفارق الذات لم يكن بالحقيقة صورة للمادة وفي المادة. ... وقد استقر الاصطلاح على أن يكون الشيء بالقياس إلى المادة صورة وبالقياس إلى الجملة غاية وكمالا وبالقياس إلى التحريك مبدأ فاعليا وقوة محركة‘
(3)وإذا كان الأمر كذلك فالصورة تقتضي نسبة الى الشيء بعيد من ذاب الجوهار الحاصل منها وإلى الشيء يكون به الجوهار الحاصل هو ما هو بالقوة ...
(4)فبين من هذا أنا إذا قلنا في تعريف النفس أنها كمال كان أدل على معناها‘ وكان أيضا يتضمن جميع أنواع النفس.
Quelle:
Ibn Sīnā (Avicenna):
Die Seele (Buch der Genesung)
/
An-Nafs (Kitāb-aš-Šifāʾ)
I 1 (p. 16 Rahman).
Edition: Avicenna's De Anima (arabic text). Being the psychological part of Kitāb al-shifāʾ. ed. by Fazlur Rahman, London u. a. 1959.
Auslegung:
Ibn Sīnā erklärt hier, was er unter „Form“ versteht, wenn er von der Seele redet. Damit erklärt das Zitat einen Kernbegriff von Zitat Nummer 928, dessen Grundgedanken in [1] wiederholt wird. – In [2] erklärt Avicenna also, dass man „Form“ auch im Sinne von „Vollendung“ verstehen, und das in einem sehr weiten Sinne: Denn man könne ja sagen, der König sei die Vollendung einer Stadt oder der Schiffer die eines Schiffs. Im Sinne eines solchen Verständnisses von „Vollendung“ möchte Ibn Sīnā das Verhältnis von Körper und Seele verstehen. Die Seele ist demnach eine Vollendung, die nicht wesentlich mit der Materie verbunden ist, und damit auch nicht mit dem Lebewesen, das aus Körper und Seele zusammengesetzt ist. – Hieraus folgert Avicenna in [3], dass die Form, die den Körper zusammenhält, folglich nicht identisch mit der Seele als solcher ist, die dem Körper transzendent bleibt. Das wird etwas umständlich ausgedrückt, wenn er sagt, die „Form“ benötige „eine Beziehung zu … einer entfernten Substanz“. – In [4] weist Ibn Sīnā schließlich darauf hin, dass von jeder Seele gesagt werden kann, sie sei eine Vollendung. Denn das trifft auch auf Wesen zu, bei denen die Vollendung nicht transzendent zur Form des Körpers ist, nämlich auf die Seelen von Pflanzen und Tieren. – An der Bemerkung zu [4] wird deutlich, dass Ibn Sīnā nur wegen der menschlichen Seele betont, sie sei eine Vollendung. Damit kann er Aristoteles’ Formulierung aufgreifen, der Geist könne mit der Seele verbunden sein wie ein Schiffer mit einem Schiff (Zitat Nummer 874). Im Ergebnis kann er die Rolle der Seele ganz ähnlich beschreiben wie Plotin, nämlich so, dass die Seele im Körper bei rationalen Wesen lediglich eine Spur einer transzendenten Seele sei, die selbst nicht direkt die Form des Körpers sei (Zitat Nummer 271). Von Aristoteles’ ursprünglicher Seelendefinition (Zitat Nummer 669) unterscheidet sich diese Ansicht aber deutlich, obwohl Avicenna, wie vor ihm z.B. Johannes Philoponos, terminologisch (mit dem Begriff „Form“) an diese anschließt.
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