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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Albertus Magnus: Über die Seele II 2, 8 (p. 91f. Kübel)

Original:

Albertus Magnus entwickelt, in der Nachfolge der Ärzte Galen und Avicenna, eine ausführliche Theorie der Funktion des Zeugungsvermögens und erläutert die beiden (männlichen und weiblichen) Säfte, die am Zeugungsakt beteiligt sind
[1] Membra autem seminaria sunt organum virtutis generativae, sicut cerebrum est organum virtutis animalis et cor virtutis vitalis. Et virtus generativa sita in membris genitalibus imprimit in alimento superfluo virtutem formativam, quae […], quando fuerit in debito loco, format semen in organicum corpus. […] Hoc quidem semen a toto corpore deciditur, sed maxime a cerebro, et […] attractum virtute testiculorum trahitur ad vasa seminaria, et ibi informatur praedicta virtute.
[2] Et ideo virtus generativa […] duplex est; una quidem in generante, quae decidit semen attrahendo […]. Alia autem virtus generativa est in semine, quae est virtus formativa, duo habens instrumenta et duas materias et duo opera. Unum quidem suorum instrumentorum est calor seminis, qui triplici virtute est informatus, quarum unam habet a substantia, inquantum est calor […]. Secunda autem est virtus caelestis, qua virtute operatur ad vitam ex potentia motoris caeli […]. Tertia est virtus animae, cuius ipse calor est instrumentum. […]
[3] Duo autem umida sunt materiae, in quibus haec operatur. Unum quidem est, quod est in substantia seminum, et hoc est principale. Aliud autem est attractum, ut addatur illi, et hoc est umidum sanguinis menstrui, loco cuius infans quaerit cibum, cum a matrice separatur, et hoc umidum est supplementum, quod additur umido seminali, ut sufficiat formationi membrorum.

Quelle: Albertus Magnus: Über die Seele /De anima II 2, 8 (p. 91f. Kübel).
Edition: N.N.

Themen:

  • Mensch und Seele

[1] Die Samenglieder sind das Organ des Zeugungsvermögens, so wie das Gehirn das Organ der Seelenkraft und das Herz das der Lebenskraft ist. Und die Zeugungskraft, die in den Genitalien liegt, drückt in überschüssiger Nahrung eine formative Kraft ein, die, […] wenn sie am erforderlichen Ort ist, den Samen zu einem organischen Körper formt. […] Dieser Same wird nun vom ganzen Körper abgeschieden, aber besonders vom Gehirn, und […] angezogen durch die Kraft der Hoden wird er zu den Samengefäßen gezogen und dort durch die vorher genannte Kraft informiert.
[2] Und daher ist die Zeugungskraft […] zweifach: eine im Zeugenden, die den Samen durch die Anziehung abscheidet […]. Die andere Zeugungskraft aber ist im Samen, der eine formative Kraft ist, die zwei Werkzeuge, zwei Materien und zwei Werke hat. Eines ihrer Werkzeuge ist die Wärme des Samens, die durch drei Kräfte geformt ist: Eine hat er von der Substanz, insofern sie Wärme ist. […] Die zweite ist eine Himmelskraft, durch welche Kraft er aufgrund des Vermögens des Bewegers des Himmels auf das Leben hinarbeitet. […] Das dritte ist die Kraft der Seele, deren Werkzeug die Wärme selbst ist […].
[3] Die beiden Feuchtigkeiten aber sind die Materien, in denen [das Zeugungsvermögen] das tut. Und zwar ist eine die, die in der Substanz der Samen ist, und das ist die hauptsächliche. Die andere wird angezogen, um ihr hinzugeführt zu werden, und das ist die Feuchtigkeit des Menstruationsbluts, an dessen Stelle das Kind Nahrung sucht, wenn sie von der Gebärmutter getrennt wird. Und diese Feuchtigkeit ist eine Ergänzung, die zur Feuchtigkeit des Samens hinzugefügt wird, um zur Bildung von Gliedern zu genügen.

Übersetzer: Matthias Perkams