Original:
Stephanos von Alexandria (um 600) unterscheidet aufgrund einer Reflexion über Aristoteles‘ Aussagen zu Tieren zwei Typen des Vorstellens
ἀλλὰ μὴν καὶ αἱ μέλιτται ἔχουσι φαντασίαν· ἐπίστανται γὰρ τὰ σμήνη αὐτῶν κἀκεῖ τὸ μέλι ἀποτίκτουσιν. εἰ οὖν ἡ ἐνάργεια λέγει ταῦτα φαντασίαν ἔχειν, πῶς αὐτὸς λέγει αὐτὰ μὴ ἔχειν φαντασίαν; αὕτη ἡ ἀπορία. πρὸς ἣν ἐροῦμεν ὅτι διττὴ ἡ φαντασία, ἡ μὲν ἀναμνηστικὴ ἡ δὲ διδακτή, καθ’ ἣν διδασκόμεθα, ἣν καὶ ψιττακὸς ἔχει· κατ’ αὐτὴν γὰρ διδάσκεται τοὺς ἀνθρωπείους λόγους. Ποίαν οὖν ἄρα φαντασίαν ἀπὸ τούτων τῶν ζῴων ἀφαιρεῖται ὁ Ἀριστοτέλης; καὶ λέγομεν ὅτι οὐ τὴν ἀναμνηστικήν, ἀλλὰ τὴν διδακτήν.
Quelle:
Stephanos von Alexandria:
Kommentar zu De anima III
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In De anima III
(p. 495, 22-29 Hayduck).
Edition: Ioannis Philoponi in Aristotelis De anima libros [I-II] commentaria, edidit M. Hayduck (CAG 15), Berlin 1897, 446-607.
Auslegung:
Stephanos diskutiert hier ein Problem der Auslegung des aristotelischen Textes, nämlich die Frage, warum Aristoteles bestreitet, dass Bienen ein Vorstellungsvermögen haben (gemeint ist wohl Aristoteles,
Metaphysik I 1, 980a 27-b 25). Stephanos antwortet darauf mit einer Differenzierung: Es gebe zwei verschiedene Kategorien von Vorstellungsvermögen, die den Tieren in unterschiedlicher Weise zukommen, nämlich entweder eines, dass nur die Erinnerungsfähigkeit, oder eines, was auch die Lernfähigkeit beinhalte. Aristoteles’ Aussage sei nur auf die zum Lernen befähigende Vorstellungskraft zu beziehen. Das dürfte in der Tat den Sinn der genannten Stelle aus der
Metaphysik ganz gut treffen. – An diesem Beispiel ist schön zu sehen, wie interne Probleme des aristotelischen Textes und verschiedene Aussagen des Aristoteles zu verschiedenen Themen Anregungen dazu geben, neue Begriffe zu entwickeln und die Phänomene differenzierter zu beschreiben.
Themen:
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Mensch und Seele
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Seele
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Lernen und Lehren
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Phantasia/imaginatio
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Tiere (Intelligenz von)
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Vorstellung(svermögen)