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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Werk: Untersuchung über die Methoden der Argumente im Hinblick auf die Grund, Averroes

1 Zitat aus diesem Werk im Zitaten­schatz:

  • Averroes : Untersuchung über die Methoden der Argumente im Hinblick auf die Grund (Kašf ʿan-manāhiğ al-adilla fī ʿaqā’id al-milla) § 284-301

    Ibn Rušd (lat. Averroes; 1124-1198), muslimischer Richter und der bedeutendste Aristoteliker der arabischen Welt, schildert die Diskussionslage zur Vereinbarkeit von „göttlicher Anordnung und Vorherbestimmung“ (al-qaḍāʾ wa-l-qadar) bis zu seiner Zeit
    [284] Das Problem [...] von göttlicher Anordnung und Vorherbestimmung [...] gehört zu den schwierigsten Problemen in Bezug auf das Gesetz. Denn wenn die Argumente der Überlieferung hierüber betrachtet werden, findet sich ein Widerspruch; und ebenso ist es mit den verstandesmäßigen Argumentationen. [285] [...] Was das Buch (= den Koran) betrifft, so gibt es in ihm viele Verse, die in ihrer Allgemeinheit ein Argument dafür sind, dass jede Sache der Vorherbestimmung unterliegt, sowie, dass der Mensch in seinen Handlungen determiniert ist. Aber es gibt hierin ebenfalls viele Verse, die ein Argument dafür darstellen, dass dem Menschen durch seine Handlungen ein Erwerben [von Verdiensten oder von strafwürdigen Taten] zukommt und dass er in seinen Handlungen nicht determiniert ist. [...]
    [290] Und deswegen spalteten sich die Muslime wegen dieser Frage in zwei Gruppen: Eine Gruppe, die überzeugt war, dass das Erwerben des Menschen die Ursache für den Ungehorsam und das rechte Handeln ist und dass ihm aufgrund hiervon Strafe und Lohn zugebilligt wird – das ist die Muʿtazila; und eine Gruppe, die vom Gegenteil überzeugt ist, nämlich dass der Mensch in seinen Handlungen determiniert und gezwungen ist – das ist die Ğabriyya (= die Deterministen). [291] Die Ašʿariyya [...] hingegen sagt, dass dem Menschen eine Erwerbung zukomme, dass aber das hierdurch Erworbene und der Erwerbende von Allah geschaffen würden; und dies ergibt keinen Sinn. [...] Denn der Knecht (Allahs) ist dann unbedingt in seinem Erwerben determiniert. [...] [293] Und wenn der Mensch in seinen Handlungen determiniert ist, dann gehören die Gebote zum nicht Möglichen. [...].
    [297] Wir sagen: Offensichtlich sieht das Ziel des Gesetzes keine Trennung zwischen diesen [oben in Text 1 genannten] Überzeugungen vor. [...] Folgendes ist nämlich offensichtlich: Gott hat für uns Fähigkeiten geschaffen, durch die wir Gegenteiliges erwerben können. Weil jedoch das Erwerben hiervon nicht vollständig bei uns liegt, es sei denn, die Ursachen treffen günstig ein, die Gott der Herr zum Dienst für uns außerhalb geschaffen hat, und die Hindernisse hierfür werden [dadurch] aufgehoben, deswegen sind die auf uns beziehbaren Handlungen nur durch beide Aspekte zugleich vollständig. (298) [...] Und diese Ursachen [...] bewirken ebenfalls nicht alleine vollständig die Handlungen, deren Vollzug oder Verhinderung wir wünschen, sondern die [äußere] Ursache ist zu schwach dafür, dass wir eines der beiden Gegenteile wollen. Der Wille ist ja nur das Streben, das in uns aufgrund irgendeiner Vorstellung oder eines Urteils über etwas neu entsteht, und dieses Urteil hängt nicht von unserer Wahl ab, sondern es ist etwas, das bei uns aufgrund desjenigen entsteht, was außerhalb von uns ist. [...] (299) [...] Es ist also nötig, dass unsere Handlungen nach einer festgelegten Ordnung ablaufen, ich meine, dass sie zu festgelegten Zeitpunkten und in einem festgelegten Raum stattfinden. [...] (301) Und die festgelegte Ordnung, die in den inneren und äußeren Ursachen besteht [...], ist das Anordnung und die Vorherbestimmung, die Gott der Erhabene über seine Diener aufgeschrieben hat; sie ist die ,verborgene Tafel‘.