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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Abaelard, Peter: Dialog zwischen einem Juden, einem Philosophen und einem Christen II, nr. 67

Original:

Peter Abaelard diskutiert in seinem Dialog das Verhältnis von Ethik und Theologie
a) Christianus: Nunc profecto, quantum percipio, ad omnium disciplinarum finem et consummationem proficiscimur, quam quidem vos ethicam, id est moralem, nos divinitatem nominare consuevimus, nos illam videlicet ex eo ad quod comprehendendum tenditur, id est deum, sic nuncupantes, vos ex illis per quae illuc pervenitur, hoc est moribus bonis, quas virtutes vocatis. Philosophus: Assentio quod clarum est et novam nominis vestri nuncupationem non mediocriter approbo. Quia enim ad quod pervenitur his per que venitur dignius aestimatis et pervenisse felicius quam venire, haec vestri nominis insignior est nuncupatio et ex origine propriae derivationis lectorem plurimum alliciens; quae si ita ex documento sicut ex vocabulo praeemineat, nullam ei disciplinam comparandam censeo.
b) Nunc igitur, si placet, praefinire te volumus in quo verae ethicae summa consistat et quid ex hac nobis spectandum sit disciplina et quo, cum perventum fuerit, eius sit intentio consummata. Christianus: Huius, ut arbitror, disciplinae in hoc tota colligitur summa, ut, quid summum sit bonum et qua illuc via nobis sit perveniendum, aperiat.

Quelle: Abaelard, Peter: Dialog zwischen einem Juden, einem Philosophen und einem Christen /Collationes II, nr. 67.
Edition: Marenbon/Orlandi

Auslegung:

Der Unterschied liegt in der Benennung, wobei die Theologie nach ihrem Ziel, nämlich Gott, benannt ist und die Ethik nach ihrem Weg, also den guten Sitten bzw. Tugenden. Der Christ hält somit das, zu dem hin gelangt wird, für würdiger als das, wodurch der Fortschritt entsteht. Die Summe dieser Disziplin besteht darin, dass sie das höchste Gut und den Weg dorthin erklärt.

Themen:

  • Christentum und Philosophie
  • Theologie
  • Ethik

a) Christ: Nun brechen wir schließlich, wie ich es auffasse, zum Ziel und zur Vollendung aller Disziplinen auf, die ihr gewöhnlich Ethik, d.h. Morallehre, wir Theologie nennen. Dabei nennen wir sie nämlich nach dem so, zu dessen Erreichen gestrebt wird, d.h. nach Gott, ihr aber nach dem, wodurch dorthin gelangt wird, d.h. nach den guten Sitten, die ihr Tugenden nennt.
Philosoph: Ich stimme dem zu, was auf der Hand liegt, und billige die neue Benennung durch euren Namen durchaus. Weil ihr nämlich das, zu dem hin gelangt wird, für würdiger haltet als das, wodurch der Fortschritt entsteht, und weil angelangt sein glücklicher ist als fortschreiten, ist diese Benennung durch euren Namen ehrenvoller und zieht den Leser vom Ursprung der eigenen Herleitung her ganz besonders an. Wenn sie in der Lehre so herausragt wie im Worte, dann ist ihr, denke ich, keine Disziplin zu vergleichen.
b) Jetzt wollen wir also, wenn es recht ist, dass Du festsetzt, worin die Summe der wahren Ethik besteht und was wir aus dieser Disziplin betrachten sollen und wodurch, wenn es denn erlangt ist, ihre Intention vollendet sein wird. Christ: Wie ich meine, lässt sich die Summe dieser Disziplin darin zusammenfassen, dass sie erklärt, was das höchste Gut ist und auf welchem Weg wir dorthin gelangen können.

Übersetzer: Perkams