Perkams-Zitatenschatz.de

Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Richard von Sankt Viktor: Die Dreifaltigkeit I, 1 und 3

Original:

Richard von Sankt Viktor (gest. 1173) über das Streben des Gläubigen nach Verständnis:
Quaedam ex his quae credere iubemur non modo supra rationem, verum etiam contra humanam rationem esse videntur, nisi profunda et subtilissima indagatione discutiantur. [...] Oportet quidem per fidem intrare, nec tamen in ipso statim introitu subsistere, sed semper ad interiora et profundiora intelligentiae properare et cum omni studio et summa diligentia insistere, ut ad eorum intelligentiam quae per fidem tenemus quotidianis incrementis proficere valeamus.

Quelle: Richard von Sankt Viktor: Die Dreifaltigkeit /De trinitate (trin.) I, 1 und 3.
Edition: Ribaillier

Auslegung:

- Schwierigkeiten fallen auf und regen zu rationaler Verdeutlichung an
- Wichtiger ist noch immer das Bedürfnis rationaler Vertiefung aus dem Glauben selbst: Der Glaube verlangt nach Verständnis, nicht zu seiner Verteidigung, sondern letztlich aus Liebe zum geglaubten Gott.
→ Rationales Bemühen auf der Grundlage des Glaubens; Philosophisches Nachdenken dient nicht zur Begründung des Glaubens
→ Bemerkenswerter Vernunftoptimismus der Benediktiner: Gott lässt sich mit notwendigen Argumenten (rationes necessariae) behandeln (wird wieder aufgegriffen), aber keine wissenschaftstheoretische Einordnung und keine rationalisierende Methodik
(VL Mittelalterliche Philosophie)

Themen:

  • Erkenntnis
  • Gott
  • Mittelalterliche Philosophie

Denn einiges von dem, was uns zu glauben aufgetragen ist, scheint nicht nur über die Vernunft hinauszugehen, sondern auch gegen die menschliche Vernunft zu sein, wenn es nicht in einer tiefen und höchst feinen Untersuchung erörtert wird [...]. Zwar sollen wir durch den Glauben eintreten, aber keineswegs sofort am Eingang stehenbleiben, sondern immer weiter zum Inneren und Tieferen des Verständnisses eilen und mit aller Mühe und höchster Sorgfalt darauf achten, dass wir durch tägliches Wachstum zum Verständnis dessen gelangen können, was wir im Glauben festhalten.

Übersetzer: Perkams