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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Al-Fārābī : Die Prinzipien der Ansichten der Bewohner der vortrefflichen Stadt II, 1. 2 (p. 90-94 Walzer)

Original:

Al-Fārābī über die kausale Wirkung der ersten Ursache und die Ordnung der Dinge
[1] وجوده لأجل ذاته، ويلحق جوهره ووجوده ويتبعه أن يوجرعنه غيره. ...
[2] والموجودات كثيرة، وهي مع كثرتها متفاضلة. وجوهره جوهر يفيض عنه كل وجود كيف كان ذلك الوجود، كان كاملاً أو ناقصاً. وجوهره أيضاً جوهر، إذا فاضت عنه الموجودات كلها ترّتبت مراتبها وحصل عنه لكل موجود قسطه الذي هو له من الوجود ومرتبته منه.


Quelle: Al-Fārābī : Die Prinzipien der Ansichten der Bewohner der vortrefflichen Stadt /Mabādiʼ ārāʼ ahl al-madīnat al-fāḍila II, 1. 2 (p. 90-94 Walzer).
Edition: Abū Naṣr al-Fārābī, On the Perfect State (Mabādiʾ ārāʾ ahl al-madīnat al-fāḍilah). Revised text with Introduction, Translation, and Commentary by R. Walzer, Oxford 1985.

Auslegung:

Abū Naṣr Al-Fārābī, für die Araber der „zweite Lehrer“ der Philosophie (nach Aristoteles), schildert hier die kausale Wirkung der ersten Ursache und die vollkommene Ordnung der Dinge, die sich daraus offenbar notwendig ergibt (vgl. Zitate Nummer 439 und 443). Die erste Ursache, also Gott, ist hierbei als Einheit von Sein und Wesen gedacht, so dass er, im Sinne des (späteren) kosmologischen Gottesbeweises, keine Ursache benötigt, die außerhalb seiner ist, weil sein Wesen gleichsam notwendig existent ist (vgl. schon Zitat Nummer 443). Die übrige Wirklichkeit ist, entsprechend einer Grundannahme des spätantiken Neuplatonismus, gestuft in unterschiedlichen Graden von Existenz. Die kausale Wirkung, mit der die erste Ursache diese übrigen Dinge so gestuft hervorbringt, bezeichnet al-Fārābī, so wie andere arabische Denker, als Emanation (al-fayḑ), d.h. als „Herausfließen“. Damit prägen die arabischen Denker eine Bezeichnung, die auch im lateinischen Mittelalter und bis heute in europäischen Beschreibungen des Neuplatonismus verbreitet ist. Antike Philosophen wie Plotin hatten dafür eher eine Lichtmetapher verwendet.

Themen:

  • Judentum und Islam
  • Ordnung
  • Freiheit (Vorlesung)
  • Arabisch-islamische Philosophie
  • Das Seiende
  • Emanation (Hervorgehen)
  • Essenz/Existenz
  • Gott
  • Kausalität
  • Neuplatonismus
  • Ontologie

[1] Und seine Existenz [Gottes] (wuǧūd) ist aufgrund seines Wesens (ḏāt), und seine Substanz und seine Existenz hängen zusammen, und aus ihm folgt, dass von ihm her etwas anderes als es da ist. [...]
[2] Es gibt vielerlei Existierendes, und zusätzlich zu seiner Vielheit ist dieses auch unterschiedlich exzellent. Und die Substanz des Ersten ist die Substanz, aus der jede Existenz so ausströmt, wie diese Existenz ist, sei sie nun vollkommen oder mangelhaft. Und seine Substanz ist ebenfalls die Substanz, von der alles Existierende, wenn es von ihr ausströmt, seinen jeweiligen Rang erhält und von der jedem Seienden sein Anteil, der ihm angemessen ist, an Existenz und Rang im Vergleich zum Ersten zukommt.

Übersetzer: Ferrari, geändert von Matthias Perkams