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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Al-Fārābī : Die Prinzipien der Ansichten der Bewohner der vortrefflichen Stadt XIII, 3. 5 (p. 202-206 Walzer)

Original:

Al-Fārābī definiert die Loslösung vom Körper und das Intellektwerden als die Eudaimonie
[1] المعقولت الأُول التي هي مشتركة لجميع الناس، مثل أن الكل أعظم من الجزء، ...
[2] وحصول المعقولات الأول لإنسان هو استكماله ألأول، وهذه المعقولات إنما جُعلت له ليستعملها في أن يصير إلى استكماله الأخير، وذلك هو السعادة. وهي أن تصير نفس الإنسان من الكمال في الوجود إلى حيث لا تحتاج في قوامها إلى مادّة، وذلك أن تصير في جملة الأسياء البرئية عن الأجسام وفي جملة الجواهر المفارقة للموادّ، وأن تبقي على تلك الحال دائماً أبداً. إلا أن رتبتها تكون دون رتبة العقل الفعّال.


Quelle: Al-Fārābī : Die Prinzipien der Ansichten der Bewohner der vortrefflichen Stadt /Mabādiʼ ārāʼ ahl al-madīnat al-fāḍila XIII, 3. 5 (p. 202-206 Walzer).
Edition: Abū Naṣr al-Fārābī, On the Perfect State (Mabādiʾ ārāʾ ahl al-madīnat al-fāḍilah). Revised text with Introduction, Translation, and Commentary by R. Walzer, Oxford 1985.

Auslegung:

Hier formuliert al-Fārābī seine Idee darüber, worin die von Aristoteles beschriebene Eudaimonie bzw. das Glücklichsein bestehen soll (vgl. Zitat Nummer 441), nämlich in der Vervollkommnung des Denkens. Deren Möglichkeit ergibt sich daraus, dass Menschen über selbstevidente Ideen bzw. Gedanken verfügen, also die ersten Prinzipien, aus denen durch rationalen Beweis Weiteres abgeleitet werden kann (vgl. Zitate Nummer 650 und 1002). In diesem wissenschaftlichen Vorgehen sieht al-Fārābī die Möglichkeit menschlichen Glücklichseins gegeben und schließt sich insoweit an das theoretische Glücksideal des Aristoteles an (Zitat Nummer 442). Er verbindet dies zugleich mit der Idee des Freiwerdens von Materie (vgl. Zitat Nummer 444).

Themen:

  • Judentum und Islam
  • Wege des Ich
  • Glückseligkeit (Eudaimonia)
  • Arabisch-islamische Philosophie
  • Mensch und Seele
  • Ethik
  • Geist (Nous)
  • Intellekt (Formen des Intellekts)
  • Materie
  • Prinzipien

[1] Die ersten Denkobjekte sind die, die für alle Menschen gelten, und zwar beispielsweise, dass das Ganze größer ist als der Teil. [...]
[2] Das Vorhandensein der ersten Denkobjekte beim Menschen bildet seine erste Vollkommenheit. Aber diese Denkobjekte sind ihm nur gegeben, damit er sie dazu verwendet, die letzte Vollkommenheit (al-istikmāl al-aḫir), das Glücklichsein (as-saʿāda), zu erreichen. Denn dieses besteht darin, dass die menschliche Seele an Vollkommenheit in ihrer Existenz bis dahin gelangt, wo sie für ihr Fortbestehen keine Materie benötigt – denn sie wird eines der unkörperlichen Dinge und eine der immateriellen Substanzen –, und dass sie für immer fortwährend in diesem Zustand verbleibt, wobei ihr Rang jedoch unter dem Rang des aktiven Intellekts (al-ʿaql al-faʿʿāl) ist.

Übersetzer: Ferrari, geändert von Matthias Perkams