Perkams-Zitatenschatz.de

Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Origenes: Über die Prinzipien I, 2, 6; I, 3, 6f. (p. 35, 12- 36, 3; 56, 19-57, 2; 59, 5f. Koetschau)

Original:

Origenes erklärt die Trinität mithilfe eines stark (mittel-)platonisch beeinflussten Modells, bei dem die Personen der Trinität unterschiedlich und unterschiedlich weit in die Welt wirken
[1] Hoc de incorporea natura vel leviter suspicari non solum extremae impietatis sit, verum etiam ultimae insipientiae [...], ut incorporeae naturae substantialis divisio possit intellegi. Magis ergo sicut voluntas procedit de mente et neque partem aliquam mentis secat neque ab ea separatur aut dividitur, tali quadam specie putandus est pater filium genuisse, imaginem scilicet suam, ut, sicut ipse est invisibilis per naturam, ita imaginem quoque invisibilem genuerit.
[2] Quia autem operatio patris et filii et in sanctis et in peccatoribus sit, manifestatur ex eo quod omnes qui rationabiles sunt, verbi dei, id est rationis, participes sunt et per hoc velut semina quaedam insita sibi gerunt sapientiae et iustitiae, ‘quod est Christus’. Ex eo autem, qui vere est, qui dixit per Moysen: «Ego sum qui sum», omnia quae sunt participium trahunt [...]. Spiritus vero sancti participationem a sanctis tantummodo haberi invenimus.

Quelle: Origenes: Über die Prinzipien /De principiis I, 2, 6; I, 3, 6f. (p. 35, 12- 36, 3; 56, 19-57, 2; 59, 5f. Koetschau).
Edition: Origenes, De Principiis. Herausgegeben von P. Koetschau (GCS Origenes 5), Leipzig 1913.

Auslegung:

Die Stelle beleuchtet exemplarisch die Trinitätstheorie des Origenes, die sich eng an platonischen Vorbildern orientiert: Die Trinität muss schon deswegen sein, weil es eine substantielle Trennung bei einem unkörperlichen Wesen wie Gott nicht geben kann. Wenn er ferner sagt, dass der Sohn so aus dem Vater hervorgeht, wie ein Bild von seinem Ursprung, nimmt er auch auf das Hervorgehen sekundärer Prinzipien aus dem ersten Prinzip im Platonismus Bezug (Numenios: Zitat Nummer 260; vgl. auch das Verhältnis von Einem und Geist bei Plotin). Damit kommt aber auch eine Unterordnung der zweiten trinitarischen Person, also Christus, unter die erste, also den Vater, in das christliche Denken. Dieser „Subordinationismus“, der bei Origenes eher angedeutet wird, wurde bald darauf als problematisch angesehen, während gerade die Kappadokier wie Gregor von Nyssa nach Möglichkeiten suchten, die Gleichrangigkeit der trinitarischen Personen zu erklären (Zitat Nummer 711). Trotzdem konnte das spätere christliche Denken auch positiv an Origenes anschließen, z.B. wenn Augustinus ebenfalls die Dynamik in der Trinität mit der des menschlichen Geistes vergleicht (Zitat Nummer 298).

Themen:

  • Trinität
  • Verstand
  • Christentum und Philosophie
  • Christus
  • Exodus 3 (14)
  • Gott
  • Urbild/Abbild

[1] Dies von der unkörperlichen Natur auch nur leicht zu vermuten zeugt nicht nur von äußerster Respektlosigkeit, sondern auch von maximaler Dummheit [...]: dass eine substantielle Teilung von einer unkörperlichen Natur begriffen werden kann. Also muss man eher glauben, dass der Vater auf die Weise, wie ein Wollen aus dem Verstand hervorgeht und weder irgendeinen Teil des Verstandes abschneidet noch von ihm abgetrennt und abgeteilt wird, den Sohn gezeugt habe, nämlich sein Bild, so dass er so, wie er selbst von Natur aus unsichtbar ist, auch ein unsichtbares Bild gezeugt hat. [...]
[2] Dass aber das Wirken des Vaters und des Sohnes sich sowohl in den Heiligen als auch in den Sündern findet, wird dadurch klar, dass alle, die vernunftbegabt sind, an Gottes Wort, d.h. an der Vernunft, teilhaben und sie dadurch gleichsam bestimmte ihnen eingegebene Samen der Weisheit und Gerechtigkeit in sich tragen – ,was Christus ist‘. Aus dem aber, der wahrhaft ist, der durch Mose sagte: „Ich bin der, der ich bin“, bezieht alles, was ist, eine Teilhabe [...] Die Teilhabe am Heiligen Geist aber, stellen wir fest, wird nur von den Heiligen besessen.

Übersetzer: Matthias Perkams