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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Thema: Hermeneutik

2 Zitate zu diesem Thema im Zitatenschatz:

  • Abaelard, Peter: Ja und Nein (Sic et Non) Prolog

    Peter Abaelard über Prinzipien der Hermeneutik
    Zum Verständnis zu gelangen, hindert uns [1.] besonders eine ungewöhnliche Ausdrucksweise und meistens die verschiedene Bedeutung derselben Worte, wenn dasselbe Wort mal in dieser, mal in jener Bedeutung verwendet wird. [...] [2.] Auch dies gilt es sorgfältig zu beachten, dass wir nicht, wenn uns einiges von den Worten der Heiligen entgegengehalten wird, als stehe es im Widerspruch oder sei von der Wahrheit entfernt, durch die Aufschrift eines falschen Titels oder durch eine Verderbnis des Textes selbst getäuscht werden. [...] [3.] Wenn daher gelegentlich in den Schriften der Heiligen etwas von der Wahrheit Abweichendes aufscheint, ist es respektvoll, der Bescheidenheit entsprechend sowie eine Pflicht der Liebe, die "alles glaubt, alles hofft, alles aushält" (1 Korinther 13, 7) und nicht leichthin bei denen, die sie umschließt, Fehler vermutet, dass wir annehmen, diese Schriftstelle sei entweder nicht treu interpretiert worden oder verdorben, oder dass wir bekennen, dass wir sie nicht verstehen. [...] Der sorgfältige Leser wird sich bemühen, auf alle genannten Weisen die Streitpunkte in den Schriften der Heiligen aufzulösen. Aber wenn der Streitpunkt einmal so deutlich ist, dass er durch kein Vernunftargument gelöst werden kann, dann müssen die Autoritäten verglichen werden, und die, die stärker bezeugt und besser bestätigt ist, ist in erster Linie festzuhalten.
  • Abaelard, Peter: Ja und Nein (Sic et Non) Anfang des Prologs

    Peter Abaelard (1079-1142) über Probleme und Prinzipien der Texthermeneutik
    Bei einer so großen Fülle von Worten erscheinen einige Aussagen, auch von Heiligen, nicht nur voneinander verschieden, sondern sogar einander entgegengesetzt. Trotzdem dürfen wir nicht leichtfertig über die richten, durch die selbst die Welt gerichtet werden soll, wie geschrieben steht: "Die Heiligen werden über die Völker richten" (Weisheit 3, 8). [...] Wir sollen daher unsere eigene Schwachheit bedenken und eher glauben, dass uns die Gnade beim Verstehen fehle, als dass sie ihnen beim Schreiben gefehlt habe. [...] Was ist also daran erstaunlich, wenn uns in Abwesenheit des Heiligen Geistes, durch den dies geschrieben und diktiert wurde [...], uns das Verständnis hiervon fehlt?