Johannes Philoponos gibt einen Überblick über den antiken Diskussionsstand zur Frage nach der Abtrennbarkeit aus neuplatonischer Perspektive
[1] Und von denen, die [die Seele] nicht abtrennbar nannten, sagten manche, sie sei das Verhältnis der Mischung [der Elemente], wie zum Beispiel: Wenn doppelt so viel Feuer mit Wasser vermischt wird […] oder etwas derartiges, macht das die Seele. […] Andere aber [sagten, sie sei] die Mischung selbst, andere, eine Entelechie. Entelechie aber ist die Vollendung, das heißt die Form für das Zugrundeliegende.
[2] Von denen, die behaupteten, sie sei abtrennbar, sagten manche, die gesamte Seele sei abtrennbar, die rationale, die nicht rationale und die pflanzliche, zum Beispiel [der Mittelplatoniker] Numenios [2. Jhdt. n. Chr.], durch einige Aussagen Platons getäuscht, der im Phaidros sagt "jede Seele ist unsterblich" [245c], wobei er dort gewiss ein Argument über die menschliche Seele entfaltet. […] Die anderen aber [sagten, jede sei] nicht abtrennbar und deswegen sterblich, wie [der Aristoteliker] Alexander von Aphrodisias [um 200 n. Chr.]. […]
[3] Sowohl Platon als auch Aristoteles scheint es so, dass weder jede Seele vom Körper abtrennbar sei, noch jede nicht abtrennbar, sondern die rationale abtrennbar, die übrige aber nicht abtrennbar.
Stephanos von Alexandrien [Pseudo-Philoponos] fasst am Ende der Antike verschiedene Möglichkeiten der Deutung des von Aristoteles in „Über die Seele“ III 5 gemeinten Geistes zusammen
Die Ausleger [von De anima] begaben sich auf viele und unterschiedliche Wege. […]
[1] Alexander [von Aphrodisias] nannte die eine Ursache von allem oder den Geist von außen Geist in Aktivität.
[2] [Proklos’ Schüler] Marinos aber sagte, nicht die eine Ursache von allem sei der Geist in Aktivität, sondern ein daimonischer oder engelhafter. […]
[3] Plotin aber erkannte, dass der menschliche Geist der Geist in Aktivität ist, einerseits als ewig denkender, andererseits als manchmal denkender. Plotin wird aber von Platon getäuscht, denn als er von jenem erfuhr, dass die Seele immer bewegt ist, glaubte er, Platon sage dies aufgrund des Ewig-Denkens.
[4] Plutarch [von Athen; gest. 432] glaubt, wie auch wir meinen, nicht, dass es bei uns einen zweifachen Geist gibt, sondern einen einfachen, und diesen einfachen nennt er nicht einen ewig denkenden, sondern einen manchmal denkenden. Plutarch glaubt also, Aristoteles nenne den menschlichen Geist [Geist] in Aktivität, von dem er auch glaubt, er denke manchmal.