Epikur verweist auf die sinnliche Wahrnehmung des Gegenwärtigen als
zentrales Wahrheitskriterium
Solltest Du irgendeine Sinneswahrnehmung
verwerfen und das aufgrund einer Erwartung Gemeinte nicht von dem
unterscheiden, was durch die Sinneswahrnehmung, durch die Gefühle und jede
vorstellende Fokussierung des Denkens schon gegenwärtig ist, wirst du auch
die übrigen Sinneswahrnehmungen mit leerem Meinen vermengen, so dass du
das Kriterium insgesamt verwirfst. Und wenn Du jede erst noch erwartete
Evidenz in deinen vermutungsweise gebildeten Begriffen und das, was keine
Bestätigung , als sicher behandelst, dann wirst du das
Trügerische nicht ausschließen, so dass du jede Meinungsverschiedenheit und
jede Entscheidung über richtig und unrichtig aufgehoben hast.
Epikur erläutert Grundlagen der Anerkennung von Meinungen
Von den
Meinungen sind nun nach Epikur die einen wahr und die anderen falsch. Wahr
sind die, die durch die Evidenz bestätigt werden, und die, die durch sie ein
Nicht-Gegenzeugnis erhalten. Falsch sind dagegen die Meinungen, die durch
die Evidenz ein Gegenzeugnis, und die, die durch sie eine Nicht-Bestätigung
erhalten. Eine Bestätigung ist ein Auffassen dessen, dass das, was man meint,
so ist, wie man meinte, dass es sei, durch Evidenz. Zum Beispiel: Wenn Platon
aus der Ferne herankommt, schätze ich zunächst und meine, dass es Platon ist;
wenn er nähergekommen ist, gibt es ein stärkeres Zeugnis, dass es Platon ist;
und wenn die Entfernung überbrückt ist, wird es auch durch die Evidenz selbst
bestätigt. [...] Genauso steht auch die Nicht-Bestätigung der Bestätigung
entgegen. Dabei handelt es sich um eine Konfrontation durch die Evidenz der
Tatsache, dass das Gemeinte in Wirklichkeit nicht so ist, wie man meinte, dass
es sei. Zum Beispiel: Wenn von weitem jemand herankommt, und wir schätzen
aus der Entfernung, dass es Platon ist, aber wenn die Entfernung überbrückt
ist, erkennen wir durch Evidenz, dass es nicht Platon ist. [...] Somit sind
Bestätigung und Nicht-Gegenzeugnis das Kriterium dafür, dass etwas wahr ist,
die Nicht-Bestätigung und das Gegenzeugnis hingegen das Kriterium dafür,
dass etwas falsch ist.