Bernhard von Clairvaux’ (ca. 1090-1153) Kritik an Abaelards
Glaubensbegriff
Abaelard bezeichnet ganz am Beginn seiner „Theologie“ – oder eher „Dummheits-Logie“ (stultilogia) – den Glauben als eine Meinung. So kann es darin gewissermaßen jedem freistehen zu denken und zu sagen, was ihm beliebt [...]. Aber fern sei es, dass in unserem Glauben [...] irgendetwas aufgrund einer zweifelhaften Meinung auf unsicheren Füßen steht, dass sich nicht vielmehr jeder Glaubensinhalt auf sichere und feste Wahrheit stützt [...]. Diese Ansichten mögen bei den Akademikern [d.h. den skeptischen Philosophen] bleiben, deren Eigenheit es ist, an allem zu zweifeln und nichts zu wissen.
Gregor schildert die Dialektik beziehungsweise Logik als ersten Teil der philosophischen Ausbildung bei Origenes
a) Bei allem [...] stimmten wir den ersten besten Meinungen zu, von welcher Art sie auch sein mochten, auch wenn sie möglicherweise falsch waren, und widersprachen oft, auch wenn vielleicht etwas Wahres geäußert wurde. Auch darüber belehrte er uns durch [...] vielfältig nuancierte Worte.
b) Vielfältig ist nämlich dieser Teil der Philosophie, der daran gewöhnt, nicht blindlings und auch nicht aufs Geratewohl Zeugnisse zu verwerfen oder sie umgekehrt abzunicken, sondern nicht nur das, was deutlich sichtbar ist [...] und hervorsticht, genau zu untersuchen, das manchmal trügerisch und sophistisch erdacht ist, sondern auch das Innere sollten wir gründlich erforschen und jedes Einzelne ,rundherum abklopfen, ob‘ an dem Klang ,nicht vielleicht vielleicht etwas Schlechtes‘ sei (Platon, Philebos 55c). Erst wenn wir uns davon selbst überzeugt hätten, lehrte er uns, sollten wir auf solche Weise auch dem Äußeren zustimmen und über jedes Einzelne unsere Meinung sagen.
c) So wurde der urteilsfähige Teil unserer Seele auf die Weise der Logik ausgebildet [...]; dies [die Logik] sei das Notwendigste für alle [...] Menschen, die irgendeine Lebensweise wählen. [...] Und natürlich kann nur die Dialektik diese Gattung richtigstellen.
Plutarch stellt die stoische Definition der Tugend als Habitus des Intellekts dar
a) Auch Zenon [...] von Kition definiert die Klugheit als Gerechtigkeit beim Verteilen,
als Maßhalten beim Wählen, als Tapferkeit beim Ertragen. Zur Verteidigung
behaupten die Stoiker, hierbei werde das Wissen von Zenon Klugheit genannt.
[...] Diese alle aber nehmen gemeinsam an und glauben, dass die Tugend eine
bestimmte Disposition des Hegemonikon der Seele sei und eine Fähigkeit, die
durch die Vernunft entstanden ist, ja die vielmehr Vernunft ist, die
übereinstimmend, fest und unveränderlich besteht.
b) Denn das zu Emotionen neigende und nicht Rationale sei durch keinen Unterschied
und keine Natur vom rationalen unterschieden, sondern es handle sich um
denselben Seelenteil, den sie ja Verstand beziehungsweise Hegemonikon
nennen. Er wandle und verändere sich ganz in den Emotionen und den
Veränderungen im Habitus oder in der Disposition und werde Schlechtigkeit
oder Tugend. Er habe nichts nicht Rationales in sich, sondern werde [nur] nicht
rational genannt, solange er durch das stark und herrschend gewordene
Hinzutreten eines Impulses entgegen der wählenden Vernunft zu etwas
Sinnlosem hingetragen werde.