Der Kirchenvater Origenes deutet Paulus‘ Aussagen im Römerbrief als Theorie der Freiheit des Gewissens (libertas conscientiae)
Und der Apostel sagt, dass diejenigen das Zeugnis eines gesunden Gewissens besitzen, die das in die Herzen eingeschriebene Gesetz einhalten. Daher scheint es notwendig zu erörtern, was dasjenige sei, das der Apostel Gewissen nennt; ob es eine andere Substanz ist als das Herz oder die Seele. Denn von diesem Gewissen wird auch anderswo [in der Bibel] gesagt, dass es tadelt und nicht getadelt wird und den Menschen richtet, selbst aber nicht gerichtet wird. [...] Weil ich also bei ihm eine so große Freiheit sehe, dass es sich immer an den guten Taten freut und über sie jubelt, für die schlechten aber nicht angeklagt wird, sondern die Seele, der es anhängt, tadelt und anklagt, meine ich, dass es der Geist ist, von dem der Apostel sagt, er sei mit der Seele [...], mit ihr verbunden wie ein Erzieher und Leiter, um sie über das Bessere zu ermahnen und über die Schuld zu strafen und anzuklagen.
Peter Abaelard über die natürliche Gesetzgebung der Vernunft
Paulus (Römer 7) sagt nicht einfach ,nicht ich tue das‘, sondern er sagt ,nicht ich, sondern die Sünde‘, was besagen will: Ich werde dazu nicht aus der Natur, sondern aus einem Laster der Natur, das sie schon beherrscht gezogen, aber aus der Natur, durch die ich von Gott vernünftig geschaffen bin, widerstrebe ich der Begierde. [...] Dieses ,Gesetz‘ der Begierde nenne ich ,widerstrebend‘, d.h. entgegengesetzt zu, dem natürlichen ,Gesetz meines Geistes‘, d.h. der Vernunft, die mich gleichsam wie ein Gesetz regieren muss.
Der Kirchenvater Origenes deutet die von Paulus erwähnte Schwäche des Willens
a) Wer noch nicht geistig ist, wird also in diesen Einzelfällen besiegt, auch gegen seinen Willen. Denn dieser Wille ist noch nicht so stark und fest, dass er bei sich festlegt, dass bis zum Tode für die Wahrheit gekämpft werden muss. [...] Und daher kann er nicht tun, was er will, sondern was er nicht will. [...]
b) Und das natürliche Gesetz wird zu einer gewissen Übereinstimmung mit dem Gesetz Gottes geführt, so dass sie dasselbe wollen und dasselbe nicht wollen.
c) Aber wenn wir im Willen dem Gesetz Gottes zustimmen, dann tun nicht wir das Schlechte, was wir tun, sondern die Sünde, die in uns ist, tut es, d.h. das Gesetz und der Wille des Fleisches. [...] So wie der geistige Paulus seine Mühen nicht sich, sondern der Gnade Gottes, die in ihm tätig war, zuschrieb, so auch rechnet auch der fleischliche die schlechten Werke nicht sich, sondern der Sünde an.