Ein anonymer Averroist zu Thomas von Aquins Behauptung, jeder einzelne Mensch denke
Indem etwas Unakzeptables benannt und dieses dort nicht bewiesen wird, indem es anderswo vorausgesetzt, bekannt und zugestanden wird, ist es leicht, viel Unakzeptables zu folgern. Diese aber nehmen an, dass der Mensch eigentümlich denkt, beweisen dies aber nicht. Von dieser Voraussetzung her argumentieren sie. Aber wenn dieses Vorausgesetzte nicht wahr ist, argumentieren sie nicht. Dass der Mensch daher in eigentümlicher Rede denkt, gestehe ich nicht zu. Wenn dies jedoch zugestanden ist, dann weiß ich nicht zu antworten. Aber dies bestreite ich, und zu Recht, daher werde ich leicht antworten.
Thomas von Aquin präzisiert diese These, die er aus dem <i>Liber de causis</i> kennt, im Hinblick auf per se- und akzidentelle Ursachen
(1) Jede Primärursache übt mehr Einfluss auf sein Verursachtes aus als eine universale Zweitursache. […] [Erste Proposition des Liber de causis]
[1] Es ist aber zu beachten, in welchen Ursachen dieser Satz Wahrheit aufweist. […] Es ist klar […], dass sich die Kraft einer Wirkursache, je früher sie ist, auf desto mehr Wirkungen erstreckt. Daher muss ihre eigentümliche Wirkung allgemeiner sein. Die eigentümliche Wirkung einer Zweitursache findet sich aber in Wenigerem. Daher ist sie auch partikulärer. […]
[2] Wenn […] gefragt wird […], ob das Gesagte in Bezug auf alle Ursachen, die in jeder Form geordnet sind, wahr ist, ist klar, dass dem nicht so ist. Denn wir stellen fest, dass Ursachen auf zweierlei Weise geordnet sind: und zwar an sich, insofern die Intention der ersten Ursache durch alle mittleren Ursachen hindurch bis zur letzten Wirkung blickt, wie wenn die Handwerkskunst die Hand bewegt, die Hand den Hammer, der das Eisen, um es zu bearbeiten, ausdehnt. Hierauf ist die Intention der Fertigkeit ausgerichte; aber akzidentell, wenn die Intention der Ursache nur bis zur nächsten Wirkung geht, […] wie wenn es dann, wenn jemand eine Kerze anzündet, außerhalb seiner Intention liegt, dass die angezündete Kerze wieder eine Kerze anzündet und diese eine andere. […] Bei den in sich geordneten Ursachen enthält dieser Satz also Wahrheit.
Die Vollständigkeit einer Handlung als Grundprinzip
Insofern irgendeiner Handlung etwas von der Vollständigkeit des Seins mangelt, das einer menschlichen Handlung geschuldet wird, insofern mangelt sie an Güte, und so wird sie schlecht genannt; z.B. wenn ihr entweder eine bestimmte Menge gemäß der Vernunft oder der angemessene Ort oder etwas derartiges mangelt.
Thomas von Aquin über die Aufgaben des Gewissens
Man sagt, dass das Gewissen bezeugt, bindet oder antreibt, und auch, dass es anklagt, beißt oder tadelt. Und all das folgt aus einer Anwendung irgendeiner Erkenntnis oder eines Wissens von uns auf das, was wir tun. Diese Anwendung geschieht auf dreifache Weise. Auf die eine Weise, indem wir anerkennen, dass wir etwas getan oder nicht getan haben [...], und demgemäß wird gesagt, dass das Gewissen bezeugt. Auf eine andere Weise geschieht eine Anwendung, indem wir durch unser Gewissen urteilen, etwas sei zu tun oder nicht zu tun, und demgemäß wird gesagt, dass das Gewissen antreibe oder binde. Auf die dritte Weise geschieht eine Anwendung, indem wir durch das Gewissen urteilen, dass etwas, das getan wurde, gut oder nicht gut getan worden sei, und demgemäß wird gesagt, das Gewissen entschuldige oder klage an, oder es beiße.