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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Thema: Sinne(swahrnehmung)

9 Zitate zu diesem Thema im Zitatenschatz:

  • Platon: Theaitetos (Theaetetus) 160d

    Platon fasst die von Sokrates zuvor widerlegte These der Protagoreer zusammen
    Sokrates [zum jungen Theaitet]: Wunderschön wurde von Dir also dargelegt, dass Wissen nichts anderes ist als Sinneswahrnehmung. Dabei fiel in dasselbe zusammen, dass sich – laut Homer, Heraklit und dieser ganzen Truppe – alles wie Flüssiges bewege und dass – laut dem allerweisesten Protagoras – der Mensch das Maß aller Dinge sei und das – gemäß Theaitet – die Sinneswahrnehmung, wenn das alles so ist, Wissen wird.
  • Cicero: Bücher über die Erkenntnislehre der Akademiker (Academicorum) I [Catulus] 41f

    Die Stoiker fügen zur Sinneswahrnehmung den freien Akt der Zustimmung hinzu
    Zu dem, was gesehen und gleichsam von den Sinnen akzeptiert wurde, fügte Zenon die Zustimmung hinzu, die in uns liegend und freiwillig sein soll. Er billigte nicht allem Gesehenen Gewissheit zu, sondern nur dem, was eine gewisse eigentümliche Kundgebung der Dinge beinhaltet, die gesehen werden.
  • Johannes Philoponos : Kommentar zu Aristoteles’ „Über die Seele“ (In Aristotelis de Anima libros commentaria) II (p. 289 und 297 Hayduck)

    Johannes Philoponos möchte als Neuplatoniker die seelische Aktivität nicht bloß als Erleiden verstehen und definiert sie daher neu
    [1] Die Sinneswahrnehmung scheint in der Wahrnehmung der Sinnesobjekte verändert zu werden […]. Wenn sie aber verändert wird, erleidet sie auch, denn die Veränderung ist ein Erleiden. […] Aristoteles sagt nicht als seine Ansicht, dass die Sinneswahrnehmung verändert werde und erleide. […] Er wird nämlich zeigen, wenn er darlegt, wie all das über die Seele gesagt wird, dass weder im eigentlichen Sinn gesagt wird, sie verändere sich, noch sie erleide. […]
    [2] Die wahrhaft vollendete Aktivität ist das Hervorbringen des Habitus auf einen Schlag, das nicht zusammen mit der Bewegung der Zeit auftritt, sondern sich für jeden Teil gleich verhält. So ist das Hervorbringen des Lichts. Denn gleichzeitig mit dem Erscheinen des Erleuchtenden wird auf einen Schlag jedes Geeignete erleuchtet. […] Das Erleidende […] wird auch irgendwie bewegt, denn das Erleiden geschieht nicht ohne Bewegung. Das Bewegte aber erleidet dabei überhaupt nicht. Denn gewiss ist auch die Ortsbewegung kein Erleiden. Das Erleiden wird nämlich im Verhältnis zum Tun gesagt, das Tun ist aber eine Veränderung der Qualität nach.
  • Johannes Philoponos : Kommentar zu Aristoteles’ „Über die Seele“ (In Aristotelis de Anima libros commentaria) (p. 12, 34-13, 17)

    Philoponos argumentiert für die Unkörperlichkeit der Seele von der Sinneswahrnehmung her
    Das niedrigste der Erkenntnisvermögen der Seele ist die Sinneswahrnehmung […]. Wenn nun das niedrigste unkörperlich ist, umso mehr die höheren. […] Aristoteles sagt, dass kein Körper gleichzeitig mit dem gleichen Teil Gegensätzliches auffassen kann. […] Die Sinneswahrnehmung fasst aber Gegenteiliges gleichzeitig auf. […] Wie nun fasst das Sehvermögen gleichzeitig Gegenteiliges auf? Mit dem gleichen Teil, oder mit einem anderen das Schwarze, mit einem anderen das Weiße? […] Das Urteilende muss ja nun Eines und dasselbe sein. […] Die Sinneswahrnehmung greift also ohne Teile zu, und ist deswegen […] unkörperlich.
  • Ibn Sīnā (Avicenna): Die Seele (Buch der Genesung) I 4 (p. 33 und 36 Rahman)

    Ibn Sīnā reflektiert die von Aristoteles genannten Bedingungen für die Feststellung von Teilen bzw. unterschiedlichen Vermögen der Seele
    [1] Und unser Ziel ist jetzt, die Vermögen bekanntzumachen, von denen die Akte ausgehen, sowie, ob es für jede Art von Akt ein spezifisches Vermögen geben muss oder ob das nicht so sein muss. […] Wir sagen also erstens: Ein Vermögen, insofern es wesentlich ein Vermögen und primär ist, ist ein Vermögen zu einer gewissen Sache, und es ist unmöglich, dass es Prinzip einer anderen, davon verschiedenen Sache ist. Denn insofern etwas ein Vermögen zu etwas ist, ist es Prinzip davon. […].
    [2] Nun sind die Vermögen, insofern sie Vermögen sind, dem ersten Zweck nach Prinzipien für bestimmte Akte. Aber es ist möglich, dass ein einzelnes Vermögen dem zweiten Zweck nach Prinzip für viele Akte ist, insofern diese wie Zweige sind. […] Zum Beispiel ist der Gesichtssinn primär nur ein Vermögen zur Auffassung einer Qualität, in der sich der Körper befindet […], und dies ist die Farbe. Sodann ist die Farbe weiß und schwarz.
  • Ibn Sīnā (Avicenna): Die Seele (Buch der Genesung) II 2 (p. 58f. Rahman)

    Ibn Sīnā betrachtet die Sinneswahrnehmung als ein spezifisches Feld der Abstraktion
    [1] Jetzt wollen wir über die Vermögen der Sinneswahrnehmung und des Auffassens sprechen, und wir wollen über das sprechen, was zur allgemeinen Rede darüber gehört. Wir sagen also: Es scheint, dass jedes Auffassen nichts anderes als ein Ergreifen der aufgefassten Form auf eine von mehreren Weisen ist. Wenn sich nun das Auffassen auf eine materielle Sache richtet, so ist es das Ergreifen seiner von der Materie in einer bestimmten Weise losgelösten (muğarradatin = abstractam) Form. Aber es gibt verschiedene Arten der Loslösung (al-tağrīdi = abstractionis), und ihre Stufen sind nicht von gleicher Art.
    [2] Der materiellen Form stoßen nun aufgrund der Materie akzidentell Zustände und Lagen zu, die nicht zu ihrem Wesen gehören. […] Zum Beispiel ist die menschliche Form bzw. die menschliche Washeit eine Natur, die nicht notwendigerweise die Individuen der ganzen Art in gleicher Weise umfasst. Sie ist ja der Zahl nach eine Sache, und es stößt ihr akzidentell zu, dass sie in diesem und jenem Individuum besteht, so dass sie sich vervielfältigt. Und das trifft auf sie nicht von Seiten ihrer Menschennatur zu. […] Folglich ist eines der Akzidenzien der Menschheit von Seiten der Materie genau diese Art der Vervielfältigung durch Teilung.
  • Ibn Sīnā (Avicenna): Die Seele (Buch der Genesung) III 7 (p. 141f. Rahman)

    Ibn Sīnā erörtert, wie die Abgabe und Aufnahme einer abstrahierten Form bei der Sinneswahrnehmung genügt
    [1] Und wir sagen: In der Seele wird eine Form des Gesehenen aufgenommen, die der Form in diesem ähnelt, aber nicht diese Form selbst ist. Und auch das, was aufgrund von Annäherung wahrgenommen wird, wie das Gerochene und Berührte, erreicht das Wahrnehmende durch diese Form davon. Aber es entsteht in ihm nur etwas dieser Form Ähnliches.
    [2] Von denjenigen der Sachen jedoch, die ein Erleiden hervorrufen, gibt es einen Weg durch Berührung. Und unter ihnen muss etwas, wenn die Berührung entsteht, geschädigt werden, damit eine Spur davon zurückgelassen wird.
    [3] Und dies ist an diesem Ort derjenige Strahl, der zu dessen Verbindung mit der Form des Gesehenen erforderlich ist. So kann dasjenige, was die Form aufweist, ein Abbild seiner Form, das dem in der Ferne Auswerfenden als schwaches Abbild ähnlich ist, zu etwas von ihm Verschiedenem hin auswerfen, wenn das Licht stark wird.
  • Ibn Sīnā (Avicenna): Die Seele (Buch der Genesung) II 3 (p. 68 Rahman)

    Ibn Sīnā stellt einen Zusammenhang zwischen dem Tastsinn und einer minimalen Bewegungsfähigkeit bei Schalentieren fest
    Und was die Bewegung betrifft, so kann jemand sagen: Nahe ist der Tastsinn den Tieren. Und insoweit er die primäre Art der Sinneswahrnehmung ist, insoweit dürfte scheinen, dass er unter den Bewegungskräften als erste Art vorhanden ist. Nun ist es bekannt, dass es von den Tieren welche gibt, die den Tastsinn besitzen und nicht die Fähigkeit zur Bewegung, so wie die Arten der Muscheln. Aber wir sagen, dass die willentliche Bewegung auf zwei Weisen erfolgt, als von Ort zu Ort transportierende Bewegung und als Bewegung des Zusammenziehens und Ausdehnens der Glieder des Tieres. Und wenn es in ihm überhaupt keinen Transport von seinem Ort gibt, so ist es unmöglich, dass das Tier den Tastsinn hat und die Bewegungskraft in ihm gar nicht vorhanden ist. Denn wie soll man wissen, dass es den Tastsinn hat, außer dadurch, dass an ihm eine Art von Abwendung vom Ertasteten und Streben zum Ertasteten gesehen wird?
  • Ibn Sīnā (Avicenna): Die Seele (Buch der Genesung) IV 1 (p. 165f. Rahman)

    Ibn Sīnā ergänzt den Gemeinsinn und die Formen des Vorstellens weiter und fasst sie zur Gruppe der fünf inneren Sinne zusammen
    [1] Nun wissen wir aber in unserer Natur, dass wir Sinnesobjekte nicht gemäß der Form, die wir außen sehen, untereinander kombinieren und voneinander unterscheiden. […] Es ist also nötig, dass es in uns eine Kraft gibt, durch die wir dies tun. Sie wird, wenn der Intellekt sie verwendet, Denkkraft genannt, und, wenn ein tierisches Vermögen sie verwendet, Vorstellungskraft.
    [2] Ferner urteilen wir bisweilen über Sinnesobjekte durch Intentionen, deren Naturen zum Teil gar nicht sinnlich wahrnehmbar sind, […] so wie Feindschaft, Schlechtigkeit und Abneigung, welche das Schaf in der Form des Wolfs wahrnimmt, und überhaupt die Intention, die es vor ihm fliehen lässt, sowie die Eintracht, die es bei seiner Gefährtin wahrnimmt. […] Es handelt sich um Dinge, welche die tierische Seele wahrnimmt, ohne dass die Sinneswahrnehmung auf irgendetwas davon hinweist. Also ist das Vermögen, durch welches dies aufgefasst wird, eine andere Kraft und wird Einschätzungskraft genannt (al-wahm = aestimatio).