Sergios von Rēšʿaynā (gest. 536) rühmt am Anfang seiner Philosophie-Einführung Aristoteles als den Ordner aller Wissenschaften
[1] Der Ursprung und Beginn aller Bildung war Aristoteles. [...] Denn bis zu der Zeit, zu der die Natur diesen Mann zum Existieren und Wohnen unter den Menschen gebracht hatte, waren alle Teile der Philosophie und der Bildung wie einfache Heilmittel aufgeteilt und verstreut, konfus und unwissenschaftlich bei sämtlichen Schriftstellern.
[2] Dieser allein aber sammelte, nach Art eines weisen Arztes, sämtliche Schriften, die zerstreut waren, und setzte sie dem Handwerk und dem Intellekt gemäß zusammen und fertigte sie zu dem vollkommenen Heilmittel seiner Lehre, das die mühevollen und schweren Krankheiten des Nicht-Wissens ausreißt und entfernt aus den Seelen derer, die sich sorgfältig mit seinen Schriften befassen.
[3] Denn ebenso wie diejenigen, die eine Statue herstellen, jedes einzelne Teil der Gestalt für sich herstellen, und so eines nach dem anderen zusammensetzen, wie das Handwerk erfordert, und eine vollkommene Statue machen, so kombinierte auch dieser, ordnete und passte ein, und setzte jedes einzelne Teil der Philosophie in die Ordnung, welche ihre Natur erfordert, und erstellte aus ihnen durch alle seine Schriften eine vollkommene und wunderbare Gestalt des Wissens von allem Seienden.
Boethius schildert die Erscheinung der tröstenden Philosophie
[1] Es schien mir, als ob über mir eine Frau hinzuträte von höchst ehrwürdigem Antlitz, mit funkelnden und über das gewöhnliche Vermögen der Menschen durchdringenden Augen. [...] Ihr Wuchs war von wechselnder Größe; denn bald zog sie sich zum gewöhnlichen Maß der Menschen zusammen, bald schien sie mit dem Scheitel den Himmel zu berühren. [...]
[2] Als sie die poetischen Musen, die mein Lager umstanden und meiner Tränenflut Worte liehen, erblickte, sprach sie etwas erregt und mit finster flammenden Blicken [...]: ,Wer hat diesen Dirnen der Bühne den Zutritt zu diesem Kranken erlaubt, die seinen Schmerz nicht nur mit keiner Arznei lindern, sondern ihn obendrein mit süßem Gifte nähren? [...] Wenn eure Schmeicheleien einen Uneingeweihten [...] ablenkten, so würde ich das mit mehr Gleichmut ertragen. [...] Doch ist dieser nicht mit den Studien der Eleaten und Akademiker erzogen worden? Drum verschwindet besser, ihr Sirenen, die ihr süß seid bis zum Verderben, überlasst ihn meinen Musen zur Pflege und zur Heilung. [...] So gescholten ging jener Chor [...] traurig über die Schwelle hinaus. [...]
[3] Als die Nebel der Traurigkeit auf keine andere Weise aufgelöst waren, sog ich den Anblick des Himmels ein und [...] erblickte, als ich die Augen auf sie richtete und meinen Blick auf sie heftete, meine alte Nährerin [...], die Philosophie.
Porphyrios zitiert Epikur, um zu betonen, dass der Zweck der Philosophie darin besteht, den Menschen zu einem guten Leben zu verhelfen
Leer ist die Lehre eines Philosophen, durch die kein menschliches Erleiden geheilt wird. Denn so wie die Medizin keinen Nutzen hat, wenn sie nicht die Krankheiten der Körper heilt, so hat auch die Philosophie keinen, wenn sie nicht das Erleiden der Seele entfernt.
In der Einleitung zu seiner Übersetzung des <i>Buchs vom Apfel</i> berichtet Manfred von Sizilien (gest. 1266) von dessen Nutzen und Geschichte
[1] Wir, Manfred, Sohn [...] des Kaisers Friedrich [II., gest. 1250] und allgemeiner Stellvertreter des Königs Konrad II. in Sizilien, unterlagen den Zufällen der menschlichen Schwäche, als die Beschwerde einer schweren Krankheit uns so sehr quälte, dass man keineswegs glaubte, wir könnten weiterleben. Aber da wir die theologisch-philosophischen Überlieferungen, welche uns am Kaiserhof [...] unseres Vaters eine Schar ehrwürdiger Lehrer gelehrt hatte, [...] fest im Geist trugen, waren wir über unser Hinscheiden nicht so sehr besorgt, wie es die Meinung jener [d.h. der Umstehenden] war. [...]
[2] Unter diesen [Überlieferungen] begegnete uns ein Buch des Aristoteles, der Ersten der Philosophen, von ihm am Ende seines Lebens herausgegeben, welches „Über den Apfel“ genannt wird. Darin beweist er, dass die Weisen […] über das Ende nicht besorgt sind, sondern mit Freude zum Preis der Vollkommenheit eilen. […]
[3] Dieses Buch war unter den Christen nicht aufzufinden, daher haben wir es auf Hebräisch gelesen, aus dem Arabischen übersetzt […]. Deshalb haben wir es, als die Gesundheit wiederhergestellt war, für die Bildung vieler aus der hebräischen Sprache in die lateinische übersetzt.