Perkams-Zitatenschatz.de

Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Werk: Das Schicksal, Cicero

4 Zitate aus diesem Werk im Zitaten­schatz:

  • Cicero: Das Schicksal (De fato) § 39 und § 43

    Cicero über die stoische Theorie der Freiheit
    Unter den alten Philosophen gab es zwei Auffassungen; die einen meinten, alles geschehe durch das Fatum, und zwar in der Weise, dass dieses Fatum die Gewalt einer Notwendigkeit mit sich bringe. [...] Die anderen meinten, es gebe freiwillige Bewegungen des Geistes, die ohne jedes Fatum erfolgten. Wie mir scheint, wollte daraufhin Chrysipp sozusagen als Ehrenschiedsrichter einen Mittelweg finden. [...] Aber bei der Darstellung seiner eigenen Auffassung gleitet er in Schwierigkeiten, so dass er, ohne es zu wollen, die Notwendigkeit des Fatums behauptet. [...] ,Wie alsoʻ, sagt er, ,derjenige, der die Walze angestoßen hat, ihr zwar den Beginn der Bewegung, aber nicht die Fähigkeit zur Drehung vermittelte, so wird ein gesehener Gegenstand dem Geist zwar die entsprechende Vorstellung einprägen und ihr seine Gestalt gleichsam einzeichnen; aber die Zustimmung dazu wird in unserer Macht liegen: Nachdem sie, wie das an der Walze erläutert worden ist, den Anstoß von außen empfangen hat, wird sie sich von da mit eigener Kraft und aus ihrer eigenen Natur heraus bewegen.
  • Cicero: Das Schicksal (De fato) 11

    Cicero betont die Bedeutung der menschlichen Entscheidungsfreiheit
    (11) Aber diese Laster können aus natürlichen Ursachen entstehen; sie auszurotten und ganz aufzuheben, so dass der, der hierzu geneigt war, von so großen Lastern weggezogen wird, das ist nicht unter natürliche Ursachen gestellt, sondern unter das Wollen, die Bemühung, die Übung. All dies wird aufgehoben, wenn die Kraft und die Natur des Fatums durch das Argument der Weissagung gefestigt wird. [...].
    (20) Chrysipp schließt auf folgende Weise: ,wenn es eine Bewegung ohne Ursache gibt, dann wird nicht jede Aussage [...] entweder wahr oder falsch sein; denn was keine Wirkursachen haben wird, das wird weder wahr noch falsch sein; aber jede Aussage ist entweder wahr oder falsch; es gibt also keine Bewegung ohne Ursache. (21) Aber wenn das so ist, dann erfolgt alles, was erfolgt, durch vorhergehende Ursachen; wenn das so ist, geschieht alles durch das Schicksal; es ergibt sich also, dass alles, was geschieht, durch das Schicksal geschieht‘. Wenn mir hier erstens freistünde, Epikur zuzustimmen und zu bestreiten, dass jede Aussage entweder wahr oder falsch ist, werde ich diesen Schlag eher empfangen, als dass ich billige, dass alles durch das Schicksal geschieht.
  • Cicero: Das Schicksal (De fato) 31. 34

    Die antistoische Gegenposition des Akademikers Karneades
    (31) Karneades billigte diese ganze Art und Weise nicht und meinte, dieses Argument würde allzu unbedacht in der Folgerung verwendet. [...] (34) Wenn zugestanden wird, dass nichts ohne vorhergehende Ursache geschehen könne, was wird sich wohl ergeben, wenn man sagt, diese Ursache sei nicht aus ewigen Ursachen gefügt? Die Ursache ist aber die, die das bewirkt, dessen Ursache sie ist, so wie die Wunde für den Tod, die Rohheit für die Krankheit, das Feuer für die Hitze. Daher darf „Ursache“ nicht so verstanden werden, dass das, was irgendwem vorangeht, die Ursache dafür sei, sondern das, was einem jeden bewirkend vorangeht; nicht dass ich ins Feld heruntergestiegen bin, sei die Ursache dafür gewesen, aufgrund derer ich Ball gespielt habe, und nicht Hekabe sei die Ursache für den Untergang Trojas gewesen, weil sie Alexander (= Paris) gezeugt habe.
  • Cicero: Das Schicksal (De fato) 42. 44. 46

    Cicero sieht eine große Nähe zwischen der stoischen und der akademischen Position
    (42) Obwohl eine Zustimmung nicht ohne Anstoß durch etwas Gesehenes erfolgen kann, so hat es das Gesehene doch, obwohl es dies als Nahursache hat, nicht als Hauptursache, als Ursache, wie Chrysipp meint, [...] [aber] nicht so, dass die Zustimmung erfolgen könnte, ohne von irgendeiner äußeren Kraft angeregt zu sein [...], sondern er kehrt zu seinem Zylinder und zu seinem Kreisel zurück, die nicht beginnen können sich zu bewegen, wenn sie nicht gestoßen werden. [...].
    (44) Wenn die, die bestreiten, dass Zustimmungen durch das Schicksal erfolgen [...], zugestehen, dass Gesehenes vorhergeht, aber die Zustimmungen trotzdem nicht durch das Schicksal erfolgen, weil diese Nah- und Unmittelbarursache die Zustimmung nicht bewegt, schau, ob sie nicht dasselbe sagen. [...] Hieraus ist leicht zu begreifen, dass beide, nachdem ihre Ansicht erklärt und verdeutlicht wurde, zum selben Ergebenis kommen, nämlich dass sie in Worten, nicht in der Sache verschiedener Meinung sind. [...]
    Auf diese Weise muss man diesen Fall erörtern, nicht aber bei herumirrenden und vom Weg abweichenden Atomen Schutz suchen.