Epikur verweist auf die sinnliche Wahrnehmung des Gegenwärtigen als
zentrales Wahrheitskriterium
Solltest Du irgendeine Sinneswahrnehmung
verwerfen und das aufgrund einer Erwartung Gemeinte nicht von dem
unterscheiden, was durch die Sinneswahrnehmung, durch die Gefühle und jede
vorstellende Fokussierung des Denkens schon gegenwärtig ist, wirst du auch
die übrigen Sinneswahrnehmungen mit leerem Meinen vermengen, so dass du
das Kriterium insgesamt verwirfst. Und wenn Du jede erst noch erwartete
Evidenz in deinen vermutungsweise gebildeten Begriffen und das, was keine
Bestätigung , als sicher behandelst, dann wirst du das
Trügerische nicht ausschließen, so dass du jede Meinungsverschiedenheit und
jede Entscheidung über richtig und unrichtig aufgehoben hast.
Epikurs Vertragstheorie der Gerechtigkeit
Das von Natur aus Gerechte ist
eine Übereinkunft über das Zuträgliche darüber, einander nicht zu schädigen
und nicht geschädigt zu werden. Nichts ist gerecht und nichts ungerecht in
Bezug auf die Lebewesen, welche nicht in der Lage waren, Verträge darüber
einzugehen, einander nicht zu schädigen und nicht geschädigt zu werden.
Gerechtigkeit war niemals an sich etwas, sondern sie ist ein bestimmter
Vertrag darüber, nicht zu schädigen und nicht geschädigt zu werden, der stets
im Verkehr der Menschen untereinander an beliebigen Orten zustandekommt.
Epikur über die Bedingungen gültiger Gesetze
Von dem, was als gerecht
angesehen wird, muss dasjenige den Platz des Gerechten einnehmen, wovon
sich bestätigt, dass es den Erfordernissen der Gemeinschaft miteinander
zuträglich ist, ob es nun für alle dasselbe ist oder nicht. Wenn aber jemand ein
Gesetz erlässt und dieses nicht im Sinne des für die Gemeinschaft miteinander
zuträglichen wirkt, hat dieses nicht länger die Natur des Gerechten. Und falls
das, was im Sinne des Gerechten zuträglich ist, sich ändert, aber doch einige
Zeit zu dem Vorbegriff passt, so war es in dieser Zeit um nichts weniger
gerecht.