Der Apostel Paulus berichtet über die Zerrissenheit seines eigenen Wollens
Denn ich weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, das Gute nicht wohnt. Denn das Wollen des Schönen ist bei mir vorhanden, das Ausführen aber nicht. Denn nicht, was ich will, tue ich, das Gute, sondern was ich nicht will, das Schlechte, dies mache ich. Wenn ich aber das tue, was ich nicht will, dann führe nicht mehr ich dieses aus, sondern die Sünde, die in mir wohnt. Ich finde also das Gesetz, da ich ja das Schöne tun will, weil bei mir das Schlechte vorhanden ist. Denn ich habe dem inneren Menschen nach Freude am Gesetz Gottes, aber ich sehe ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das dem Gesetz meiner Vernunft widerstreitet und mich in dem Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist, gefangennimmt.
Thomas von Aquins Definition des Willens als rationales Streben
Der Wille ist ein bestimmtes rationales Streben; jedes Streben aber richtet
sich auf nichts anderes als auf ein Gut. [...] Das intellektive oder rationale
Streben, das ,Wille‘ genannt wird, folgt einer aufgefassten Form. [...] Also
ist dafür, dass der Wille sich auf etwas richtet, nicht erforderlich, dass dies
ein Gut in der Wahrheit der Dinge sei, sondern dass es unter dem Gehalt
,gut‘ aufgefasst wird. [...] Der Wille verhält sich also sowohl zum Guten als
auch zum Schlechten, aber zum Guten, indem es dieses anstrebt, zum
Schlechten, indem er dieses meidet.
Die Stoiker über verschiedene Arten von Gütern
(1) Die Stoiker sagen,
dass die seienden Dinge teils gut, teils schlecht, teils keines von beidem sind.
Gut sind die Tugenden: Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Besonnenheit und
dergleichen. Schlecht sind die Gegenteile davon, Unbesonnenheit,
Ungerechtigkeit usw. Keines von beidem ist alles, was weder nutzt noch
schadet, z.B. Leben, Gesundheit, Lust, Schönheit, Kraft, Reichtum, Ansehen,
adlige Abstammung, sowie die Gegenteile hiervon: Tod, Krankheit, Schmerz,
Hässlichkeit, Schwäche [usw.] [...]. Diese Dinge sind nämlich nicht gut,
sondern indifferent, Unterart ,bevorzugbar‘.
(2) Denn wie es für das, was warm ist, eigentümlich ist zu wärmen, nicht zu kühlen, so ist es auch für das, was gut ist, eigentümlich, zu nutzen, nicht zu schaden. Nun nutzt der Reichtum nicht
mehr, als er schadet, ebenso die Gesundheit. Also ist weder der Reichtum noch
die Gesundheit ein Gut.. Weiterhin sagen sie: Was man gut und schlecht
verwenden kann, das ist nicht etwas Gutes; Reichtum und Gesundheit kann
man gut und schlecht verwenden.
Seneca führt die Übel der Welt auf die Verderbtheit äußerlichen Handelns zurück
Warum aber lässt Gott denn zu, dass guten Männern etwas Schlechtes widerfährt? Er lässt es doch nicht zu. Alles Schlechte hat er von ihnen entfernt, Verbrechen und Ausschweifungen, unrechte Gedanken und habgierige Überlegungen. [...] Gute Männer verlieren Söhne – warum nicht, wenn sie sie manchmal auch selbst töten? Sie werden ins Exil geschickt – warum nicht, wenn sie manchmal selbst das Vaterland ohne Wiederkehr verlassen? Sie werden getötet – warum nicht, wenn sie manchmal an sich selbst Hand anlegen? [...] So verachtet die Welt alles Äußerliche und freut sich über ihr eigenes Schauspiel. Alles Gute habe ich ins Innere gelegt: Euer Glück ist, keines Glücks zu bedürfen.