Wilhelm von Conches konturiert den Atomismus der Epikureer neu
Mit der Behauptung, dass die Welt aus Atomen bestehe, haben die Epikureer die Wahrheit gesagt. Aber dass sie sagten, diese Atome seien ohne Anfang gewesen und dauernd geteilt durch eine große Leere geflogen und schließlich in vier große Körper gezwungen worden, ist ein Märchen: Denn ohne Anfang und Ort kann nichts außer Gott sein. Wir sagen also, dass Gott diese Teilchen zugleich ungeteilt erschaffen hat, sondern so, dass sie eines bilden. [...] Denn der, der ,sagte, und es entstand‘, konnte die Teile und das Ganze zugleich schaffen.
Eine epikureische Definition der Freude bzw. Lust
Jetzt werde ich
erklären, was und wie beschaffen die Freude in sich ist. [...] Die Freude, der
wir nachgehen, ist nämlich nicht bloß die, die durch irgendeine
Annehmlichkeit unsere Natur bewegt und deren sinnliche Wahrnehmung von
einem gewissen Wohlbefinden begleitet ist. Als die größte Freude sehen wir
vielmehr diejenige an, die wahrgenommen wird, wenn einmal aller Schmerz
verschwunden ist. Da wir nämlich, wenn wir von Schmerz befreit werden, uns
eben über die Befreiung und das Lossein von von aller Beschwernis freuen und
da alles, worüber wir uns freuen, Freude ist – ebenso wie alles das Schmerz ist,
was uns wehtut – deswegen wird zu Recht jede Befreiung von Schmerz als
Freude bezeichnet.
Epikur erläutert Grundlagen der Anerkennung von Meinungen
Von den
Meinungen sind nun nach Epikur die einen wahr und die anderen falsch. Wahr
sind die, die durch die Evidenz bestätigt werden, und die, die durch sie ein
Nicht-Gegenzeugnis erhalten. Falsch sind dagegen die Meinungen, die durch
die Evidenz ein Gegenzeugnis, und die, die durch sie eine Nicht-Bestätigung
erhalten. Eine Bestätigung ist ein Auffassen dessen, dass das, was man meint,
so ist, wie man meinte, dass es sei, durch Evidenz. Zum Beispiel: Wenn Platon
aus der Ferne herankommt, schätze ich zunächst und meine, dass es Platon ist;
wenn er nähergekommen ist, gibt es ein stärkeres Zeugnis, dass es Platon ist;
und wenn die Entfernung überbrückt ist, wird es auch durch die Evidenz selbst
bestätigt. [...] Genauso steht auch die Nicht-Bestätigung der Bestätigung
entgegen. Dabei handelt es sich um eine Konfrontation durch die Evidenz der
Tatsache, dass das Gemeinte in Wirklichkeit nicht so ist, wie man meinte, dass
es sei. Zum Beispiel: Wenn von weitem jemand herankommt, und wir schätzen
aus der Entfernung, dass es Platon ist, aber wenn die Entfernung überbrückt
ist, erkennen wir durch Evidenz, dass es nicht Platon ist. [...] Somit sind
Bestätigung und Nicht-Gegenzeugnis das Kriterium dafür, dass etwas wahr ist,
die Nicht-Bestätigung und das Gegenzeugnis hingegen das Kriterium dafür,
dass etwas falsch ist.
Lukrez erklärt die Lehre von der Bahnabweichung der Atome
Dies noch wünsch ich hierbei dir recht zur Kenntnis zu bringen:
Wenn sich die Körper im Leeren mit senkrechtem Falle bewegen,
durch ihr eigen Gewicht, so würden sie wohl in der Regel
irgendwo und –wann ein wenig zur Seite getrieben,
doch nur so, dass man sprechen kann von geänderter Richtung.
Wichen sie nicht so ab, dann würden wie Tropfen des Regens
gradaus alle hinab in die Tiefen des Leeren versinken.
Keine Begegnung und Stoß erführen alsdann die Atome,
niemals hätte daher die Natur mit der Schöpfung begonnen.