Epikurs Begründung und Erklärung des Vorrangs der Freude (wörtlich zitiert von Cicero)
Ich für
meinen Teil kann nichts als das Gute begreifen, wenn ich die Genüsse abziehe,
die man durch den Geschmack wahrnimmt, die abziehe, die durch das
Liebesleben vermittelt werden, die abziehe, die durch das Hören von Gesängen
entstehen, und auch die abziehe, die sich beim Wahrnehmen von Gestalten als
angenehme Bewegungen durch die Augen bilden, oder auch alle Genüsse,
welche sonst noch von irgendeiner Sinneswahrnehmung im ganzen Menschen
hervorgebracht werden. Man kann aber sicherlich nicht sagen, dass nur die
Freude des Geistes ein Gut sei. Denn einen freudigen Geist erkenne ich an der
Erwartung all der Dinge, die ich eben erwähnt habe – dass sie ihrer Natur nach
so sind, dass er, wenn er sie sich aneignet, vom Schmerz frei ist. [...] Männer,
die man weise nannte, habe ich oft gefragt, was sie an Gütern denn noch
übrig ließen, wenn sie all jenes abzögen, außer sie wollten bloß leere Worte
verbreiten. Ich habe nichts von ihnen erfahren können. Wenn sie weiter von
Tugenden und Weisheiten schwatzen wollen, werden sie von nichts anderem
reden als dem Weg, auf dem eben die Genüsse hervorgebracht werden, von
denen ich oben sprach.
Cicero verweist auf ein gutes Leben als sinnhafte Vorbedingung für den Tod
Wenn die Vernunft allein zu wenig zustande bringt, um den Tod vernachlässigen zu können, so mag dies doch das geführte Leben zustande bringen, dass wir meinen, genug und mehr als das gelebt zu haben. Denn obwohl das Bewusstsein fort sein wird, so mangelt es den Toten nicht an ihren eigenen Gütern des Lobes und Ruhmes: Wenn sie sich ihrer auch nicht bewusst sind, fehlt es den Toten doch an nichts.
Über die Bedeutung des Sokrates für die antike Philosophie
Sokrates aber rief als erster die Philosophie vom Himmel herunter, siedelte sie in Städten an, führte sie auch in Häuser ein und zwang sie, nach dem Leben und den Sitten sowie guten und schlechten Dingen zu fragen.
Marcus Tullius Cicero (106-43 v. Chr.) zitiert Platons Charakterisierung der Philosophie als Sorge um den Tod
Das ganze Leben der Philosophen ist, wie Platon sagt, eine Vorbereitung auf den Tod. [...] Deswegen wollen wir uns darauf vorbereiten, glaube mir, und uns von den Körpern lösen, das heißt uns daran gewöhnen zu sterben.
Cicero fasst das Denken derer zusammen, die den Tod fürchten, um sie dann zu widerlegen
Ich glaube, dass der Tod ein Übel ist. – Für die, die tot sind, oder für die, die sterben müssen? – Für beide. – Also ist er etwas Elendes, weil er ein Übel ist. – Gewiss. – Also sind sowohl die elend, denen es schon zustieß zu sterben, als auch die, denen es noch zustoßen wird. – Das glaube ich. – Also ist niemand nicht elend. – Ganz und gar niemand.
Das Ziel von Ciceros Argument
Da du mich gezwungen hast zuzugestehen, dass die, die tot sind, nicht elend sind, überzeuge mich davon, wenn du kannst, nicht einmal mehr den, der sterben muss, für elend zu halten. – Dies ist gewiss keine große Sache, aber ich setze zu Größerem an. – Wie soll das keine große Sache sein? Und was ist zudem dieses Größere? – Deswegen weil, da es ja nach dem Tod kein Übel gibt, nicht einmal der Tod selbst ein Übel ist. [...] So ist es auch gewiss kein Übel, sterben zu müssen; das heißt nämlich, zu etwas gelangen zu müssen, von dem wir zugestehen, dass es kein Übel ist. – [...] Aber was ist das, wovon du sagst, dass du zu Größerem ansetzt? – Zu lehren, wenn ich kann, dass der Tod nicht nur kein Übel ist, sondern sogar ein Gut ist.
Der Schluss von Ciceros Diskussion darüber, ob der Tod ein Übel ist
Nach all diesen Meinungen kann nichts nach dem Tod irgendjemanden berühren. Denn zugleich mit dem Leben geht die Empfindung verloren; für jemanden, der nichts empfindet, ist aber nichts von irgendeiner Richtung von Bedeutung. Die Meinungen der übrigen bringen Hoffnung, wenn es dich eventuell erfreut, dass Seelen, nachdem sie die Körper verlassen haben, in den Himmel gleichsam als ihre Heimat gelangen können.
Cicero erklärt, warum Tote nichts brauchen
Dies ist genau zu prüfen, was es heißt ,zu brauchen‘, damit keinerlei Irrtum in dem Wort zurückbleibt. ,Brauchen‘ heißt also dies: das nicht besitzen, was du haben willst. [...] Auf andere Weise wird nämlich auch ,brauchen‘ gesagt, wenn du etwas nicht hast und merkst, dass du es nicht hast. [...]. (So) wird ,brauchen‘ im Tod nicht gesagt, und dies wäre daher nicht traurig. ,Etwas Gutes zu brauchen‘ wird von dem gesagt, was ein Übel ist. Aber nicht einmal ein Lebender braucht etwas Gutes, wenn er es nicht benötigt. Aber bei einem Lebenden kann man doch meinen, dass du Königsherrschaft brauchst [...], aber bei einem Toten kann man das nicht einmal meinen. Denn zu brauchen ist eine Sache von jemandem, der empfindet; aber Empfindung gibt es beim Toten nicht. Also gibt es beim Toten auch kein Brauchen.