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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Werk: Gott und die Philosophie, Lévinas, Emmanuel

4 Zitate aus diesem Werk im Zitaten­schatz:

  • Lévinas, Emmanuel : Gott und die Philosophie (Dieu et la philosophie) S. 95-97

    Emmanuel Lévinas führt die Transzendenz Gottes als Gegenpol zum rational-philosophischen Vorgehen ein
    3. [...] Wenn das Begreifen des biblischen Gottes – die Theologie – nicht das Niveau des philosophischen Denkens erreicht, liegt das [...] daran, dass sie Gott, wenn sie ihn thematisiert, in den Lauf des Seienden einführt, obwohl der Gott der Bibel in unglaublicher Weise [...] das Jenseits des Seienden, die Transzendenz bezeichnet. Und es ist kein Zufall, dass die Geschichte der abendländischen Philosophie eine Zerstörung der Transzendenz war. Die rationale Theologie, grundsätzlich ontologisch, bemüht sich, der Transzendenz im Bereich des Seienden Recht zu verschaffen, indem sie sie durch Adverbien der Höhe ausdrückt, die auf das Wort Sein angewandt werden: Gott soll herausragend oder ausgezeichnet existieren. [...]
    4. Man kann sicherlich auch behaupten, dass der Gott der Bibel keinen Sinn hat, d.h. nicht im eigentlichen Sinn denkbar ist. Das wäre die andere Alternative: ,Der Begriff Gott ist kein problematischer Begriff, er ist überhaupt kein Begriff‘ [...], womit [man] eine stolze Tradition des philosophischen Rationalismus fortsetzt, der sich weigert, die Transzendenz des Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs unter die Begriffe aufzunehmen, ohne die es kein Denken geben kann. [...]
    Sich zu fragen, wie wir es hier zu tun versuchen, ob Gott nicht in einem vernünftigen Diskurs ausgedrückt werden kann, der weder Ontologie noch Glaube ist, das impliziert, den formalen Gegensatz infrage zu stellen, den Jehuda Halevi formulierte und Pascal wiederaufnahm, zwischen dem Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, auf den sich der Glaube ohne Philosophie beruft, einerseits und dem Gott der Philosophen andererseits; es heißt infrage zu stellen, ob dieser Gegensatz eine Kontradiktion darstellt.
  • Lévinas, Emmanuel : Gott und die Philosophie (Dieu et la philosophie) S. 104-106

    Lévinas über das Unendliche im Denken
    10. In seiner Meditation über die Idee Gottes hat Descartes den außerordentlichen Verlauf eines Denkens, das bis zum Zerbrechen des ,Ich denke‘ geht, mit einer unvergleichlichen Strenge nachgezeichnet. [...] Als Gedachtes (cogitatum) eines Denkens (cogitation), das sie vom ersten Moment an enthält, überschreitet die Idee Gottes, als Bezeichnung des Nicht-Inhaltes schlechthin [...], jegliche Erfassbarkeit. Ihre ,objektive Realität‘ des Gedachten lässt die ,formale Realität‘ des Denkens zusammenstürzen. [...]
    11. Die Aktualität des cogito unterbricht sich so im Gewand der Idee des Unendlichen, durch das Unumfassbare, nicht gedachte, sondern erlittene, das in einem zweiten Moment des Bewusstseins dasjenige trägt, was in einem ersten Moment vorgab, es zu tragen: Nach der Gewissheit des cogito [...] verkündet die dritte Meditation: „in gewisser Weise habe ich in mir die Idee des Unendlichen früher als die des Endlichen, d.h. die Gottes früher als die meiner selbst.
  • Lévinas, Emmanuel : Gott und die Philosophie (Dieu et la philosophie) S. 108-112

    Lévinas über das Unendliche als Fundament der Liebe
    12. Man darf die Idee des Unendlichen oder das Unendliche im Denken nicht als eine Negation des Endlichen durch das Unendliche im Sinne seiner Abstraktion oder seiner logischen Form verstehen; im Gegenteil ist die Idee des Unendlichen oder Unendliche im Denken die eigentümliche und irreduzible Gestalt der Negation des Endlichen. [...] Die Differenz des Unendlichen und des Endlichen ist eine Non-Indifferenz des Unendlichen anstelle des Endlichen und das Geheimnis der Subjektivität. [...]
    Die Idee des Unendlichen versteht sich nicht als die Liebe, die auf der Spitze des Pfeils, der trifft, erwacht, sondern wo das durch das Trauma betäubte Subjekt sich direkt in seiner Immanenz des Seelenzustandes wiederfindet. [...]
  • Lévinas, Emmanuel : Gott und die Philosophie (Dieu et la philosophie) S. 113-119

    Über die beträchlichen ethischen Konsequenzen
    14. Die Liebe ist nicht anders möglich als durch die Idee des Unendlichen – durch das Unendliche, das in mich gesetzt ist, durch das ,mehr‘, welches das ,weniger‘ zerstört und aufweckt, es von der Teleologie abwendet, die Stunde und das Glück des Ziels zerstört. [...] Damit das Desinteresse im Begehren des Unendlichen möglich wird, [...] muss das Begehrenswerte oder Gott im Begehren abgetrennt bleiben; als Begehrenswertes – nah, aber verschieden – Heilig. [...] Die Transzendenz ist ethisch, und die Subjektivität, die letztlich nicht das ,Ich denke‘ ist [...], die nicht die Einheit der ,transzendentalen Apperzeption‘ ist, ist, in Gestalt der Verantwortung für den anderen, Unterwerfung gegenüber dem anderen. [...]
    15. Die biologische menschliche Brüderlichkeit [...] ist kein hinreichender Grund dafür, dass ich für ein getrenntes Seiendes verantwortlich bin. [...] Die Verantwortlichkeit für den anderen kommt von jenseits meiner Freiheit. [...]
    16. ,Jeder von uns ist schuldig vor allen für alle und für alles, und ich mehr als die anderen‘, sagt Dostojewski in den Brüdern Karamasow.