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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Thema: Zeit

8 Zitate zu diesem Thema im Zitatenschatz:

  • Plotin: Enneade III 7, 11, 1-6. 20-39

    Eine Dimension dieser beständigen Dynamik von Hervorgehen, Rückkehr und Feststehen (μονή) ist nach Plotin das Hervorgehen der Zeit aus der Ewigkeit
    a) Wir müssen uns nun wieder in jene Verfassung erheben, die wir für die Ewigkeit behaupteten, jenes unveränderliche, zugleich ganze und schon unendliche Leben, das gänzlich unwandelbar im Einen ist. [...]
    b) Man könnte aber über die Zeit in etwa folgendes sagen: Vorher [...] ruhte sie mit diesem im Sein, ohne Zeit zu sein, sondern hielt in jenem auch selbst Ruhe. [...]
    c) Weil in der Seele eine unruhige Kraft war, [...] hat auch die Seele – indem sie in Nachahmung des Geistigen die sinnliche Welt schuf, die sich nicht in der dortigen Bewegung bewegt, sondern in einer ihr ähnlichen, welche Bild von jener sein möchte – zuerst sich selbst verzeitlicht, anstelle der Ewigkeit die Zeit schaffend; dann aber verlieh sie dem Gewordenen, der Zeit zu dienen. [...] Denn indem die Seele ihre Aktivität immer eine nach der anderen gewährt, dann in der Folge als wieder andere gewährt, erzeugte sie zusammen mit ihrer Tätigkeit das Nacheinander und mit hervor ging mit dem unterschiedlichen Denken nach ihr das, was vorher noch nicht da war.
  • Augustinus von Hippo: Bekenntnisse (Confessiones) 11, 36-38

    Augustinus erklärt die Zeit als die Ausdehnung unseres Geistes
    [1] In Dir also, mein Geist, messe ich die Zeiten. [...] Wer bestreitet also, dass Zukünftiges noch nicht ist? Und doch ist im Geist bereits die Erwartung des Zukünftigen. Und wer bestreitet, dass das Vergangene nicht mehr ist? Und doch ist die Erinnerung an das Vergangene noch im Geist. Und wer bestreitet, dass die Gegenwart keine Ausdehnung hat, weil sie im Moment vergeht? Und doch dauert die Aufmerksamkeit an, durch die das, was da sein wird, zum Fort-Sein hin eilt. [...]
    [2] Wenn ich ein Lied vorzutragen beginne, das ich kenne, richtet sich meine Erwartung, bevor ich beginne, auf das ganze [Lied]. Habe ich begonnen, dann erstreckt sich auch meine Erinnerung über das, was ich aus jener in die Vergangenheit abgelegt habe. Das Leben dieser meiner Tätigkeit spaltet sich dann auf in die Erinnerung, weil ich bereits vorgetragen habe, und die Erwartung, weil ich noch weiter vortragen werde. [...] Was so mit dem ganzen Lied geschieht, das wiederholt sich mit seinen einzelnen Abschnitten und in seinen einzelnen Silben.
  • Platon: Timaios (Timaeus) 37c-e

    Innerhalb des Alls schafft der Schöpfer die Zeit als bewegliches Abbild der Ewigkeit
    [1] Als der zeugende Vater aber erkannte, dass das All ein bewegtes und lebendes Standbild der ewigen Götter geworden ist, freute er sich und überlegte erfreut, es noch dem Urbild noch ähnlicher zu gestalten. [...]
    [2] Die Natur des Lebewesens war nun eine ewige, und dies dem Gezeugten vollständig anzuhaften, war nicht möglich. Er überlegte, ein in Bewegung befindliches Abbild der Ewigkeit zu machen. Als er dann den Himmel ordnete, machte er, während die Ewigkeit in einem blieb, ein der Zahl gemäß voranschreitendes ewiges Abbild, welches er nun „Zeit“ nannte.
    [3] Denn da es Tage und Nächte und Monate und Jahre nicht gab, bevor der Himmel entstand, bewerkstelligte er zusammen mit dessen Zusammenstellung ihre Entstehung. All dies sind Teile der Zeit, und das „war“, das „wird sein“ entstandene Formen der Zeit, welche wir nicht zu Recht unaufmerksam auf das ewige Sein übertragen.
  • Aristoteles: Physik (Aristoteles) (Physica) IV 11, 219a 3-14. b 1f

    Aristoteles begründet die Verbindung von Bewegung bzw. Veränderung und Zeit
    Zugleich mit Bewegung nehmen wir auch Zeit wahr. Denn auch wenn es dunkel ist und wir nichts vermittelt durch den Körper erfahren, aber eine Bewegung in der Seele da ist, scheint sofort zugleich auch eine gewisse Zeit abgelaufen zu sein. Aber auch so oft eine Zeit abgelaufen zu sein scheint, scheint zugleich eine bestimmte Bewegung abgelaufen zu sein. Folglich ist die Zeit entweder eine Bewegung oder etwas an einer Bewegung. [...] Weil aber das Bewegte von etwas zu etwas bewegt wird und jede Ausdehnung kontinuierlich ist, folgt die Bewegung der Ausdehnung. Denn weil die Ausdehnung kontinuierlich ist, ist auch die Bewegung kontinuierlich, wegen der Bewegung aber die Zeit. Denn so viel Bewegung es gibt, so viel Zeit scheint auch immer abgelaufen zu sein. [...] Denn dies ist die Zeit: die Zahl der Bewegung gemäß dem früher und später.
  • Aristoteles: Physik (Aristoteles) (Physica) IV 14, 223a 21-29

    Aristoteles über die Verbindung von Zeit und Seele
    Ob es wohl Zeit gäbe, wenn es keine Seele gäbe, könnte jemand fragen. Denn wenn es unmöglich sei, dass es das Zählende gebe, sei es auch unmöglich, dass es etwas Zählbares gebe, so dass es klar sei, dass es auch keine Zahl gebe. Denn die Zahl sei entweder dass Zählende oder das Gezählte. Wenn aber nichts anderes von Natur aus zählen kann als die Seele oder der Geist der Seele, dann ist es unmöglich, dass es Zeit gibt, wenn es die Seele nicht gibt – aber doch das, was die Zeit als seiendes ist, so wie wenn es Bewegung ohne Seele geben kann. Das Früher oder Später liegt in der Bewegung; Zeit aber ist dies, insofern es zählbar ist.
  • Boethius, Anicius Manlius Severinus: Der Trost der Philosophie (Consolatio philosophiae ) V, Prosa 6, 6f. 10, 30f

    Eine der berühmtesten Lehren dieses Werks ist Boethius’ Erklärung der Ewigkeit als etwas, was von unendlicher Dauer verschieden ist. Unter dieser Bedingung ist Boethius zufolge freies menschliches Handeln mit der göttlichen Vorsehung vereinbar – und eine der großen Fragen des christlichen Denkens gelöst
    [1] Was also dem Modus der Zeit unterliegt, selbst wenn es, wie Aristoteles von der Welt glaubte, weder begonnen hat noch enden wird, [...] ist noch nicht so, dass es zu Recht als ewig verstanden werden kann. Denn es umfasst nicht das Ganze zugleich [...], sondern hat das Zukünftige noch nicht, das Vergangene nicht mehr. [...] Denn es ist eine Sache, durch ein unendliches Leben geführt zu werden [...], eine andere, die gesamte Gegenwart des unendlichen Lebens gleichermaßen zu umfassen, was klarerweise dem göttlichen Geist eigentümlich ist.
    [2] Wenn die Vorsehung etwas Gegenwärtiges sieht, gibt es dies notwendigerweise, obwohl es keine Naturnotwendigkeit besitzt. Aber Gott betrachtet das Zukünftige, was aus der Freiheit der Entscheidung hervorgeht, als etwas Gegenwärtiges. Dies geschieht also bezogen auf den göttlichen Blick notwendig, im Modus der göttlichen Erkenntnis, verliert aber in sich selbst betrachtet die losgelöste Freiheit der eigenen Natur nicht.
  • Origenes: Philokalia 23, 1, l. 1-15

    Origenes diskutiert, ob das Vorwissen Gottes eine Gefahr für die Freiheit darstellt
    [1] Nun behaupten sie: Wenn Gott von Ewigkeit her erkannt hat, dass dieser [...] dieses bestimmte Unrecht tun wird, die Erkenntnis Gottes aber unfehlbar ist [...], wird sein Unrecht-Tun notwendig gemacht, und es wird unmöglich sein, dass er etwas anderes tut, als Gott vorhergesehen hat. [...]
    [2] Diesen muss man antworten, dass Gott, wenn er sich zum Beginn der Weltschöpfung anschickt [...], mit dem Geist alles Geschehende bereist und sieht: Wenn dies geschehen ist, folgt dies, wenn aber dies geschieht, dann ergibt sich des Folgende, bei dessen Zustandekommen sich jenes ereignen wird – und so weiter bis zum Ende der Dinge weiß er, da er es bereist hat, was sich ereignen wird. [...]
    [3] Und wenn man sagen muss, dass nicht das Vorwissen der Grund für das Geschehende ist [...], so sagen wir doch etwas ziemlich Paradoxes, aber Wahres: Das, was geschehen wird, ist die Ursache dafür, dass sein Vorwissen so und so ist. Denn es geschieht nicht, weil es vorher erkannt wurde, sondern es wurde erkannt, weil es geschehen sollte.
  • Al-Kindī : Die erste Philosophie (Philosophia prima) II, S. 87-91

    Al-Kindī argumentiert dafür, dass die Welt neu entstanden und nicht ewig ist
    [1] Wenn es einen unendlichen Körper gibt und man einen Körper von endlicher Größe von ihm wegnimmt, dann ist der Rest entweder von endlicher Größe oder von unendlicher Größe.
    - Wenn der Rest von endlicher Größe ist und man ihm den abgespaltenen Teil von endlicher Größe hinzufügt, dann ist der aus beiden Teilen gemeinsam entstandene Körper von endlicher Größe. Das, was aus beiden Teilen entsteht, ist das, was, bevor man etwas von ihm abgespalten hat von unendlicher Größe war. Es wäre daher endlich und unendlich. Das aber ist ein unmöglicher Widerspruch.
    - Wenn der Rest allerdings von unendlicher Größe ist und wenn man ihn um das ergänzt, was man zuvor von ihm entfernt hat, so ist es entweder größer als es war [...] oder aber gleich groß. Wenn es größer wäre, dann wäre etwas Unendliches größer als etwas Unendliches. [...] Zwei gleich große Dinge sind solche, bei denen die Distanzen zwischen ihren Enden dieselben sind. Sie sind daher endlich. [...]
    [2] Zeit ist eine Quantität, und es ist daher unmöglich, dass es eine in Aktualität unendliche Zeit gibt. Deshalb hat die Zeit einen endlichen Anfang. Auch die Dinge, die zu etwas Endlichem gehören sind notwendigerweise endlich. Alles, was zum Körper gehört, ob Quantität oder Ort oder Bewegung oder Zeit – die durch Bewegung eingeteilt wird – [...] ist auch endlich, da der Körper endlich ist. Der Körper des Universums ist daher endlich, und auch alles, was dazu gehört, ist endlich.
    Man kann sich nun vorstellen, dass der Körper des Universums fortwährend ergänzt wird, und man kann sich daher etwas Größeres als ihn vorstellen und dann noch etwas Größeres usw. Was die reine Potentialität angeht, sind solche Ergänzungen unendlich. [...] Das Unendliche existiert daher nur in Potentialität. In Aktualität aber, wie wir bereits erklärt haben, ist es unmöglich, dass etwas unendlich ist.