Klärungen zum Verhältnis des Göttlichen zu dem, was am Göttlichen teilhat, finden sich wiederum in der <i>,Elementatio theologica‘<i>
119. Jeder Gott existiert auf die Weise einer mehr-als-seienden Güte, d.h. er ist weder einer Disposition noch dem Sein nach gut [...], sondern auf mehr als seiende Weise [...]
122. Jedes Göttliche sorgt ebenso vorausschauend für das ihm Nachgeordnete wie es dem, wofür es sorgt, transzendent bleibt, weil weder die Sorge sein unvermischtes und einheitliches Überragen lockert noch seine abgetrennte Einheit die vorausschauende Sorge verunklart [...]
123. Jedes Göttliche ist selbst wegen seiner mehr-als-seienden Einheit für das Nachgeordnete unaussagbar und unerkennbar, von dem ausgehend, was an ihm teilhat, ist es aber ergreifbar und erkennbar. Deswegen ist nur das Erste schlechthin unerkennbar, weil an ihm nichts teilhat.
Proklos erläutert die Struktur des neuplatonischen Kosmos in seiner ,Theologischen Elementarlehre‘, die von Anfang an, in Anlehnung an die euklidische Mathematik, dem Schema von These und Begründung folgt
1. Jede Menge hat irgendwie am Einen teil.
(a) Denn wenn sie auf keine Weise daran teilhätte, wird weder das Ganze eines sein noch irgendetwas von dem Vielen. Vielmehr wird auch jedes Einzelne von diesem eine Menge sein, und dies bis ins Unendliche. Und von diesem Unendlichen wird wiederum jedes Einzelne eine unendliche Menge sein.
(b) Denn was auf keine Weise an irgendeinem Einen teilhat, weder selbst in Bezug auf das Ganze, noch in Bezug auf jedes Einzelne von dem, was in ihm ist, das wird schlichtweg unendlich sein und in jeder Hinsicht.
(c) Denn jedes Einzelne von dem Vielen, was Du auch immer nehmen wirst, wird entweder eines sein oder nicht eines. Und wenn es nicht eines ist, ist es entweder vieles oder nichts. Aber wenn das Einzelne nichts ist, ist auch das daraus Bestehende nichts. Wenn es aber Vieles ist, dann besteht jedes Einzelne aus unendlich vielem Unendlichen. Das ist aber unmöglich.
Eine weitere Klärung des Verhältnisses des Einen zum Rest der Wirklichkeit bringt der Zweite Lehrsatz der Platonischen Elementarlehre
(2) Alles, was am Einen teilhat, ist sowohl Eines als auch nicht Eines.
(a) Denn wenn es kein An-sich-Eines ist – es hat [dann] nämlich am Einen teil, weil es etwas anderes neben dem Einen ist –, hat es das Eine gemäß der Teilhabe erfahren und es ausgehalten, eines zu werden.
(b) Wenn nun neben dem Einen nichts besteht, ist es nur eines. Und es ist folglich nicht durch Teilhabe am Einen, sondern An-sich-Eines.
(c) Wenn aber etwas neben ihm besteht, was nicht eines ist […], ist es also durch dieses nicht Eines, und auch nicht das, was eines ist. Indem es aber zugleich eines ist und am Einen teilhat und deswegen nicht als Eines durch sich selbst besteht, ist es eines und nicht eines.
Proklos stellt die Seele als lebensspendende Instanz an der Grenze von Ewigem und Zeitlichem dar
189. Jede Seele ist an sich lebend.
Denn wenn sie zu sich selbst zurückgewendet ist, alles zu sich selbst Zurückgewendete aber selbstkonstitutiert, dann ist also auch die Seele selbstkonstituiert und bringt sich selbst ins Bestehen. Aber gewiss ist sie auch Leben und lebendig. […] Denn auch dem, bei dem sie gegenwärtig ist, verleiht sie durch ihr Da-Sein das Leben. Und wenn das Teilhabende geeignet ist, wird es sofort beseelt und lebendig, ohne dass die Seele denken oder wählen würde. […]
191. Jede Seele, an der etwas teilhat, besitzt das Sein als ewiges, die Aktivität aber auf zeitliche Weise. […]
Es bleibt also, dass jede Seele in einer Hinsicht ewig ist, in einer anderen aber an der Zeit teilhat. Entweder ist sie dem Sein nach ewig, der Aktivität nach aber an der Zeit teilhabend, oder umgekehrt. Letzteres ist aber unmöglich. Jede Seele, an der etwas teilhat, besitzt das Sein als ewiges, die Aktivität aber auf zeitliche Weise.