Platon reflektiert die wahre Meinung als eine mögliche Lösung für das Menon-Paradox
Seherin Diotima: "Hast du nicht gemerkt, dass es etwas in der Mitte zwischen Weisheit und Unverstand gibt?"
Sokrates: "Was wäre das?"
Seherin Diotima: "Wenn man das Richtige meint, ohne jedoch einen Grund (logon) dafür angeben zu können, weißt du nicht […], dass das weder Wissen ist – denn wie soll eine Tatsache ohne Grund (alogon pragma) ein Wissen sein – noch auch Unbelehrtheit – denn da sie die Realität trifft, wie soll sie Unverstand sein? Also ist offenbar die richtige Meinung so etwas, in der Mitte zwischen Klugheit und Unverstand."
Der Komödiendichter Aristophanes erklärt in Platons Symposion narrativ die
Unvollkommenheit des Menschen: Aristophanes: Die ganze Gestalt eines Menschen war rund, so dass Rücken und
Brust im Kreise herumgingen. Und vier Hände hatte jeder und ebenso viele
Schenkel wie Hände und zwei Gesichter auf einem kreisrunden Hals, einander
genau gleich, und einen gemeinschaftlichen Kopf für beide einander
gegenüberstehenden Gesichter und vier Ohren, auch zweifache Schamteile und
alles übrige, wie es sich hieraus ein jeder weiter ausbilden kann.
Die Seherin Diotima klärt Sokrates auf, dass Liebe (ἔρως) das ideale Bild für
den Philosophen ist: Diotima: Kein Gott philosophiert oder begehrt, weise zu werden, er ist es ja,
noch auch, wenn sonst jemand weise ist, philosophiert dieser. Ebensowenig
philosophieren auch die Unverständigen oder streben, weise zu werden. Denn
das ist eben das Arge am Unverstande, dass er, ohne schön und gut und
vernünftig zu sein, doch sich selbst ganz genug zu sein dünkt. [...] Sokrates: Wer also, Diotima, sprach ich, sind denn die Philosophierenden, wenn
es weder die Weisen sind noch die Unverständigen? Diotima: Das muss ja schon, sagte sie, jedem Kinde deutlich sein, dass es die
zwischen beiden sind, zu denen auch Eros gehören wird. Denn die Weisheit
gehört zu den Schönsten, und Eros ist Liebe zum Schönen; so dass Eros
notwendig philosophisch ist und als philosophischer zwischen den Weisen und
den Unverständigen in der Mitte steht.
Diotima erklärt das Gute als das der Glückseligkeit Zuträgliche:
Sprich, Sokrates, wer das Gute liebt, was liebt der?
Dass es ihm zuteil werde, sagte ich.
Und was wird folglich der werden, dem das Gute zuteil wird?
Das kann ich leichter beantworten, sagte ich, er wird glückselig werden.
Durch den Besitz des Guten, sagte sie, sind die Glückseligen glückselig. Und
hier bedarf es keiner weiteren Frage mehr, weshalb doch der glückselig sein
will, der es will, sondern die Antwort scheint vollendet zu sein.
Diotimas Schilderung des mystischen Aufstiegs: Diotima: Nach den Unternehmungen aber muss er weiter zu den Arten des
Wissens gehen, damit er auch die Schönheit der Arten des Wissens schaut und,
in Anbetracht des Blicks auf vielerlei Schönes, nicht mehr nur auf eines […],
viele schöne und prachtvolle Reden und Gedanken in einer unermesslichen
Philosophie erzeugt, bis er, hierin gestärkt und gewachsen, ein einziges solches
Wissen erblickt, das sich auf ein Schönes der folgenden Art bezieht.
Hier aber, sprach Diotima, bemühe dich möglichst stark auf mich zu achten:
Wer nämlich bis hierhin zu den Objekten der Liebe hin erzogen wurde, dass er
das einzelne Schöne der Reihe nach und richtig schaut sowie zum höchsten
Objekt der Liebe geht, der schaut ganz plötzlich ein Schönes von einer
wunderbaren Natur, genau dasjenige, Sokrates, auf das alle vorherigen Mühen
abzielten.
Platons klassische Definition der Philosophie
Diotima: Kein Gott philosophiert oder begehrt, weise zu werden, er ist es ja, noch auch, wenn sonst jemand weise ist, philosophiert dieser. Ebensowenig philosophieren auch die Unverständigen oder streben, weise zu werden. Denn das ist eben das Arge am Unverstande, dass er, ohne schön und gut und vernünftig zu sein, doch sich selbst ganz genug zu sein dünkt. [...]
Sokrates: Wer also, Diotima, sprach ich, sind denn die Philosophierenden, wenn es weder die Weisen sind noch die Unverständigen?
Diotima: Das muss ja schon, sagte sie, jedem Kinde deutlich sein, dass es die zwischen beiden sind, zu denen auch Eros gehören wird. Denn die Weisheit gehört zu den Schönsten, und Eros ist Liebe zum Schönen; so dass Eros notwendig philosophisch ist und als philosophischer zwischen den Weisen und den Unverständigen in der Mitte steht.