Ein Epikureer erklärt einem Stoiker die Selbständigkeit des Kosmos und die
Untätigkeit der Götter
Und ihr pflegt uns zu fragen, Balbus, welches das
Leben der Götter ist. [...] Gewiss dasjenige, im Vergleich zu dem nichts
Glückseligeres [...] gedacht werden kann. Denn er treibt nichts [...] und bewegt
keinerlei Werke, [...] während der Eure völlig überarbeitet ist. Denn falls (1.)
die Welt selbst Gott ist – was kann weniger Ruhe haben als etwas, das sich
ohne die geringste Unterbrechung [...] um eine Achse dreht [...]. Oder falls (2.)
Gott jemand innerhalb der Welt ist, der regiert, der steuert [...] sowie die
Annehmlichkeiten und das Leben der Menschen beschützt, dann ist er gewiss
in beschwerliche und anstrengende Aufgaben verstrickt. [...] [Epikur] lehrte
uns nämlich [...], dass die Welt durch die Natur hervorgebracht worden ist und
dass es dazu überhaupt keiner kunstfertigen Herstellung bedurfte [...] Eben
weil ihr nicht seht, wie die Natur das ohne einen Geist zustandebringen konnte,
nehmt ihr wie die tragischen Dichter, weil ihr keine Lösung des Arguments
entwickeln könnt, Eure Zuflucht zu einem Gott.
Die stoische Argumentation für die Herrschaft eines Gottes
Balbus: Was kann nämlich so offen und einsichtig sein, sobald wir zum Himmel
aufgeblickt und das Himmlische betrachtet haben, als dass es irgendein Wesen
von herausragendem Verstand gibt, wodurch dies geleitet wird? [...] Wenn wir
das nicht in unserem jeweiligen Geist erkannt und begriffen hätten, dann bliebe
keine so stabile Meinung bestehen und würde nicht durch die Dauer der Zeit
bestätigt. [...] Wir sehen ja, dass andere erdichtete und leere Meinungen auf die
Dauer verschwinden; denn wer glaubt, es hätte einen Hippokentaur oder eine
Chimäre gegeben? [...] Die erfundenen Meinungen zerstört der Tag, die Urteile
der Natur bestätigt er.
Ein Epikureer erklärt einem Stoiker die Selbständigkeit des Kosmos und die Untätigkeit der Götter
Und ihr pflegt uns zu fragen, Balbus, welches das Leben der Götter ist. [...] Gewiss dasjenige, im Vergleich zu dem nichts Glückseligeres [...] gedacht werden kann. Denn er treibt nichts [...] und bewegt keinerlei Werke, [...] während der Eure völlig überarbeitet ist. Denn falls (1.) die Welt selbst Gott ist – was kann weniger Ruhe haben als etwas, das sich ohne die geringste Unterbrechung [...] um eine Achse dreht [...]. Oder falls (2.) Gott jemand innerhalb der Welt ist, der regiert, der steuert [...] sowie die Annehmlichkeiten und das Leben der Menschen beschützt, dann ist er gewiss in beschwerliche und anstrengende Aufgaben verstrickt. [...] [Epikur] lehrte uns nämlich [...], dass die Welt durch die Natur hervorgebracht worden ist und dass es dazu überhaupt keiner kunstfertigen Herstellung bedurfte [...] Eben weil ihr nicht seht, wie die Natur das ohne einen Geist zustandebringen konnte, nehmt ihr wie die tragischen Dichter, weil ihr keine Lösung des Arguments entwickeln könnt, Eure Zuflucht zu einem Gott
Cicero (um 45 v. Chr.) begründet die Existenz der Götter aus der Verbreitung ihrer Annahme heraus
Denn Epikur allein sah erstens, dass es Götter gibt, weil die Natur selbst deren Begriff in den Geist aller Menschen eingeprägt hat. Denn welche Nation oder welche Gruppe von Menschen hat nicht ohne Unterweisung einen bestimmten Vorbegriff von Göttern? Der Ausdruck Epikurs dafür ist prolepsis, d.h. eine bestimmte vorab begriffene Information über eine Sache im Geist, ohne die man nichts verstehen, nichts erfragen und nichts erörtern kann.
Cicero (um 45 v. Chr.) begründet die Annahme von Göttern aus einer Betrachtung der Ordnung der Welt
Balbus: Unser [d.h. der Stoiker] Kleanthes sagte, dass in den Seelen der Menschen aus vier Gründen Begriffe von den Göttern gebildet haben. Als ersten Begriff erwähnte er den […], der aus der Vorahnung künftiger Ereignisse entstanden war. Der zweite sei der, den wir aus der Größe der Vorteile gewonnen haben, die uns durch das gemäßigte Klima, durch die Fruchtbarkeit der Erde und durch eine große Menge anderer Annehmlichkeiten geboten werden. An dritter Stelle steht der Schrecken, in den die Menschen durch Blitze, Stürme, […] Erdbeben versetzt werden […]. Die vierte Ursache sei […] die Vorzüglichkeit, Nützlichkeit, Schönheit und Ordnung von allem. All dies nur zu sehen, beweise schon hinlänglich, dass es kein Produkt des Zufalls ist. […] ,Wenn es nämlichʻ, so sagt Chrysipp, ,in der Natur etwas gibt, was […] die menschliche […] Vernunft […] nicht zu bewirken vermag, dann ist das, was es bewirkt, mit Sicherheit besser als der Mensch. Nun können die Dinge am Himmel und all die Dinge, deren Ordnung ewig ist, nicht vom Menschen hervorgebracht werden. Das, wodurch sie zustandegebracht werden, ist also besser als der Mensch. Wie aber könnte man das passender als mit dem Wort Gott bezeichnen?‘.
Cicero (106-43 v. Chr.) referiert die Grundzüge der polytheistischen Theologie der Stoiker
Aber viele andere Naturen von Göttern wurden von den größten Weisen Griechenlands und von unseren Vorfahren aus ihren großen Wohltaten heraus nicht ohne Grund zusammengestellt und benannt. Denn alles, was dem Menschengeschlecht einen großen Nutzen brachte, das, glaubten sie, geschehe den Menschen nicht ohne die göttliche Güte. Daher benannten sie damals alles, was aus Gott geboren war, eben mit dem Begriff ,Gott‘, wie wenn wir die Früchte ,Ceres‘ nennen, den Wein aber ,Liber‘. [...] Weil alle diese Dinge eine solche Kraft hatten, dass sie nicht ohne Gott regiert werden kann, erhielt das Ding selbst die den Begriff der Götter.