Sextos Empirikos erklärt, warum Selbsterkenntnis unmöglich ist
Wenn der Mensch erfassbar ist, dann sucht und erfasst er sich selbst entweder als ganzer oder er ist als ganzer das Gesuchte und der Erfassung unterfallende. [...] Wenn der Mensch sich nun durchgängig selbst suchte und mit diesem gedacht würde (indem er sich als ganzer aufs Ganze selbst denkt), dann würde das Erfassende nichts mehr sein, was abwegig ist. Wenn er aber als ganzer das Gesuchte wäre mit diesem ganz gedacht würde (mit dem Gesucht-Werden), dann wird wiederum nichts Suchendes und die Erfassung Herstellendes übrigbleiben. Gewiss ist auch das nicht möglich.
Die nötige Selbsterkenntnis der Seele nach Plotin
Die nötige Selbsterkenntnis der Seele nach Plotin: „Dies soll nun zuerst jede Seele bedenken, dass sie alle Lebewesen erschuf, indem sie ihnen Leben einhauchte: die, welche die Erde nährt, und die, welche das Meer, die in der Luft und die göttlichen Sterne am Himmel; sie [schuf] die Sonne, sie diesen gewaltigen Himmel, und sie schmückte sie, und sie leitet sie in Ordnung, das sie eine andere Natur ist als das, was sie schmückt und was sie bewegt und was sie leben lässt. Notwendigerweise ist sie auch edler als dies, da dies entsteht und vergeht, während die Seele das Leben verlässt und anführt, da sie stets sie selbst, indem sie sich selbst nie verlässt‘.
Plotin erklärt die Möglichkeit von Selbsterkenntnis des Denkens
Und wenn so das Denken und das Gedachte Eines sind, wie kann denn dadurch das Denkende sich selbst denken? [...] Wenn das Denkende und das Gedachte selbig sind – eine Aktivität nämlich ist das Gedachte [...] dann ist das Gedachte das erste Sein. Wenn dieses nun Aktivität, die erste und schönste Aktivität ist, dann ist es doch offensichtlich Denken, und zwar seinshaftes Denken; es ist nämlich das Wahrste; Denken dieser Art, das erste und ursprünglich seiend, ist dann wohl der erste Geist.
Augustinus findet Gott vor allem in sich selbst
Und wie soll ich meinen Gott anrufen, meinen Gott und Herrn, wo ich ihn doch in mich selbst hineinrufen werde, wenn ich ihn anrufen werde? Und welcher Ort ist in mir, wohin mein Gott in mich kommen könnte? [...] Ist denn so, Herr mein Gott, etwas in mir, was Dich fassen würde? Aber Himmel und Erde, die Du geschaffen hast und in denen Du mich geschaffen hast – fassen sie Dich? Oder ist es so, dass deswegen, weil ohne Dich nichts von dem wäre, was ist, alles Dich fasst, was ist? Weil daher auch ich bin, was erstrebe ich, dass Du in mich kommst, der ich nicht wäre, wenn Du nicht in mir wärst?
Augustinus beschreibt die Zerrissenheit seines Wollens zu dem Zeitpunkt, als er sich entschieden hatte, Christ zu werden
[1] Mein Wollen hielt der Feind gefangen und hatte mir daraus eine Kette gemacht und mich gefesselt. Deswegen wurde aus dem verdrehten Willen das Begehren, und während dem Begehren gedient wird, wurde es zur Gewohnheit, und während der Gewohnheit nicht widerstanden wird, wurde es zur Notwendigkeit. [...]
[2] Der neue Wille aber, der bei mir zu sein begonnen hatte, dass ich Dich einfach so verehrte und Dich genießen wollte, Gott, sichere Heiterkeit, war noch nicht geeignet, den alten zu überwinden, der durch Alter gefestigt war.
[3] So traten meine beiden Willen [...] in Konflikt miteinander und zerstreuten in ihrer Zwietracht meine Seele. So verstand ich an mir selbst als Beispiel, was ich gelesen hatte, wie "das Fleisch gegen den Geist begehrte und der Geist gegen das Fleisch" (Galater 5, 17).
Augustinus berichtet, wie er mithilfe platonischer Schriften einen Weg zum christlichen Glauben findet
[1] Du verschafftest mir durch einen bestimmten Menschen, der vor gewaltigem Stolz geschwollen war, bestimmte Bücher der Platoniker, die aus der griechischen Sprache in die lateinische übersetzt waren.
[2] Und dort las ich, dass, zwar nicht mit diesen Worten, aber ganz genau dasselbe mit vielen und vielfältigen Argumenten überzeugend angeraten wird: "Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort" (Johannes 1, 1) [...], aber "das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt" (Johannes 1, 13) las ich dort nicht. [...]
[3] Und hierdurch ermahnt, zu mir selbst zurückzukehren, trat ich unter Deiner Führung in mein Innerstes ein und konnte dies, weil "Du mein Helfer geworden bist" (Psalm 29, 11).
[4] Ich trat ein und sah mit irgendeinem Auge meiner Seele oberhalb desselben Auges meiner Seele, oberhalb meines Verstandes ein unveränderliches Licht, nicht das gewöhnliche und für jedes Fleisch sichtbare, noch war es gleichsam von derselben Art, nur größer – so als ob dieses viel, viel heller leuchtet und alles durch seine Größe belegte. Nicht dies war es, sondern etwas von allem, allem weit Verschiedenes.
Gregor Thaumaturgos berichtet über seinen Empfang bei seinem philosophischen Lehrer Origenes
Er hat uns vom ersten Tag an aufgenommen; es war in Wahrheit mein erster, mein wertvollster Tag von allen, wenn ich so sagen darf; [...] als wir fortzulaufen versuchten, dachte er sich Kunstgriffe aller Art aus, um uns an sich zubinden, verwickelte uns in Unterhaltungen [...] und bot alle seine Kräfte auf. Er pries die Philosophie und die Liebhaber der Philosophie mit großen Lobreden und vielen passenden Worten, indem er sagte, nur diejenigen würden in Wahrheit ein Leben nach den Regeln der Vernunft führen, die sich bemühten, auf rechte Weise zu leben. Sie müssten zuerst sich selbst erkennen, wer sie sind, und dann dasjenige wahrhaft Gute, das der Mensch erstreben, und das wirklich Schlechte, das er meiden soll. Er tadelte die Unwissenheit und alle Unwissenden.