Eine der berühmtesten Lehren dieses Werks ist Boethius’ Erklärung der Ewigkeit als etwas, was von unendlicher Dauer verschieden ist. Unter dieser Bedingung ist Boethius zufolge freies menschliches Handeln mit der göttlichen Vorsehung vereinbar – und eine der großen Fragen des christlichen Denkens gelöst
[1] Was also dem Modus der Zeit unterliegt, selbst wenn es, wie Aristoteles von der Welt glaubte, weder begonnen hat noch enden wird, [...] ist noch nicht so, dass es zu Recht als ewig verstanden werden kann. Denn es umfasst nicht das Ganze zugleich [...], sondern hat das Zukünftige noch nicht, das Vergangene nicht mehr. [...] Denn es ist eine Sache, durch ein unendliches Leben geführt zu werden [...], eine andere, die gesamte Gegenwart des unendlichen Lebens gleichermaßen zu umfassen, was klarerweise dem göttlichen Geist eigentümlich ist.
[2] Wenn die Vorsehung etwas Gegenwärtiges sieht, gibt es dies notwendigerweise, obwohl es keine Naturnotwendigkeit besitzt. Aber Gott betrachtet das Zukünftige, was aus der Freiheit der Entscheidung hervorgeht, als etwas Gegenwärtiges. Dies geschieht also bezogen auf den göttlichen Blick notwendig, im Modus der göttlichen Erkenntnis, verliert aber in sich selbst betrachtet die losgelöste Freiheit der eigenen Natur nicht.
Barḥaḏbǝšabbā von Ḥalwān beweist Gott aus der Notwendigkeit einer ewigen Ursache heraus
Denn auch wenn dieses Wort ‚es ist‘ (īṯāw) für die Gesamtheit (gāwā) und für das Spezifische (īḥīdāyā) gleich ist, so ist es doch in eigentlicher Weise für Gott allein treffend und passend. Denn alles was ,ist‘, ist entweder geworden (hāwyā = γενητόν) oder nicht geworden (lā hāwyā = ἀγένητον). Und so wie bei dem, was geworden ist, das was war, früher ist, als das, was ,ist‘ – indem es die Ursache von diesem ist –, ebenso ist auch bei dem, was ,ist‘, ohne geworden zu sein, das ewige Sein (īṯyā mettōmāyā) früher als das, was ,ist‘ – indem es die Ursache von dem ist, was ist. Denn wenn es kein ewiges Sein ist und es doch ,ist‘, dann ist es geworden. Wenn dies wahr ist, dann hat es einen Ursprung und empfängt von etwas anderem das Gewordensein, und es hat mit allem, was geworden ist, diese beiden (Aspekte) gemein, zum einen den, dass es geworden ist, und zum anderen den, dass ,es ist‘. Wenn es absurd ist, dies für den jenseitigen Bereich zu denken, folgt daraus, dass er (= Gott) ,ist‘, weil er Sein ist, während die Schöpfung ,ist‘, weil sie geworden ist und einen Ursprung hat.
Parmenides über die Ewigkeit des Seienden
So wie das Seiende nicht hervorgebracht ist, so ist es auch unzerstörbar,
einzig, aus einem Glied, unerschütterlich und unvollendbar,
weder war es, noch wird es sein, da es jetzt alles zugleich ist,
eins, zusammenhängend. Denn was wirst Du als seinen Zeuger aufsuchen?
Wie, woher ist es gewachsen? Auch dass es aus nicht seiendem ist, werde
ich Dich weder sagen noch denken lassen. Denn das lässt sich weder sagen noch denken.
Aristoteles begründet, warum die Welt ewig sein muss
Wenn nun die Zeit die Zahl der Bewegung oder eine Art Bewegung ist, dann muss, wenn die Zeit immer ist, auch die Bewegung ewig sein. [...] Wenn es also unmöglich ist, Zeit ohne den Augenblick entweder zu sein oder zu denken, der Augenblick aber eine Art Mitte, da er gleichzeitig einen Anfang und ein Ende umfasst [...], dann muss auf beiden Seiten von ihm immer Zeit sein.
Johannes Philoponos (ca. 500-575) wendet ein Unendlichkeits-Paradox gegen Aristoteles ein
Wenn die Vergangenheit unendlich ist, dann wächst das Unendliche notwendigerweise, wenn das Spätere hinzukommt, und es hört nicht mehr auf zu wachsen, wenn die Zeit ins Unendliche fortschreitet. Wenn es also schon unmöglich ist, dass das Unendliche geworden ist, wie Aristoteles gezeigt hat, dann ist es noch viel unmöglicher, dass etwas Größeres und Unendlicheres entsteht.
Origenes diskutiert, ob das Vorwissen Gottes eine Gefahr für die Freiheit darstellt
[1] Nun behaupten sie: Wenn Gott von Ewigkeit her erkannt hat, dass dieser [...] dieses bestimmte Unrecht tun wird, die Erkenntnis Gottes aber unfehlbar ist [...], wird sein Unrecht-Tun notwendig gemacht, und es wird unmöglich sein, dass er etwas anderes tut, als Gott vorhergesehen hat. [...]
[2] Diesen muss man antworten, dass Gott, wenn er sich zum Beginn der Weltschöpfung anschickt [...], mit dem Geist alles Geschehende bereist und sieht: Wenn dies geschehen ist, folgt dies, wenn aber dies geschieht, dann ergibt sich des Folgende, bei dessen Zustandekommen sich jenes ereignen wird – und so weiter bis zum Ende der Dinge weiß er, da er es bereist hat, was sich ereignen wird. [...]
[3] Und wenn man sagen muss, dass nicht das Vorwissen der Grund für das Geschehende ist [...], so sagen wir doch etwas ziemlich Paradoxes, aber Wahres: Das, was geschehen wird, ist die Ursache dafür, dass sein Vorwissen so und so ist. Denn es geschieht nicht, weil es vorher erkannt wurde, sondern es wurde erkannt, weil es geschehen sollte.