Al-Ġazālī verteidigt die Idee einer Auferstehung der Toten und einer Körperlichkeit des Paradieses gegen die philosophische Lehre von der Unsterblichkeit der unköperlichen Seele
[1] (25) Was [im Koran] über die letzten Dinge versprochen wurde, ist, durch die Macht Gottes des Erhabenen, nicht absurd. Also muss man dem klaren Sinn der Rede (ṯāhir al-kalām) folgen, aber in ihrem Inhalt, der augenfällig in ihr steht. (26) Und wenn gesagt wird "Rationale Beweise haben die Unmöglichkeit der Auferweckung der Toten gezeigt" [...], dann verlangen wir deren Darlegung.
(46) [Die Philosophen sagen:] "Wenn der Körper des auferweckten Menschen aus Stein wäre, aus Saphir, aus Perlen oder aus purer Erde, dann wäre er kein Mensch." Vielmehr kann man ihn sich nicht als Mensch vorstellen, außer er ist in der spezifischen Gestalt eines Menschen geformt, zusammengesetzt aus Knochen, Adern, Fleisch, Knorpeln und Mischungen. [...] Aber dann ist es nicht möglich, dass ein Körper neu entsteht, damit die Seele in ihn zurückgeführt wird, außer durch diese Dinge, und für diese gibt es viele Ursachen. [...] Und die Aussage: "Es wird ihm doch gesagt ,sei, und er ist‘" (kun wajakūn: Koran 40, 68 [vgl. Vorlesung 2]), ist nicht rational nachvollziehbar, weil Erde nicht angesprochen werden kann und ihr Umschlagen (inqilāb) in einen Menschen ohne das Zurückführen durch diese Phasen [d.h. die Entstehung der menschlichen Organe durch natürliche Prozesse] absurd ist. [...]
[2] (48) [Al-Ġazālīs Antwort:] Freilich geben wir zu, dass der Aufstieg durch diese Phasen unabdingbar ist, bevor etwas der Körper eines Menschen entsteht. [...] Aber das ist in einem Moment möglich oder über eine längere Dauer. [...] Aber das ist nicht die Frage, sondern die Untersuchung geht nur darum, ob der Aufstieg durch diese Phasen schlichtweg durch Macht (bi-muǧarrad qudra), ohne etwas Mittleres, oder durch irgendeine Ursache (bi-sabab min al-asbāb) abläuft. Und für uns ist, wie wir erwähnt haben, beides möglich. [...] Die Verbindung von in ihrer Existenz verbundenen Dingen besteht nicht auf die Weise der Notwendigkeit, sondern eine Unterbrechung der gewöhnlichen Abläufe kann vorkommen, so dass diese Dinge durch die Macht Gottes des Erhabenen ohne Existenz ihrer Ursachen zustande kommen.
Gregor von Nyssa begegnet in seinem Dialog ,Über die Seele und die Auferstehung‘ seiner Schwester Makrina als tröstender Lehrerin
[1] Und ich sagte: "Wie kann man dies unter den Menschen richtig aufnehmen, wo doch in einem jeden eine Art natürliches Misstrauen gegenüber dem Tod besteht und wo die, welche Sterbende sehen, den Anblick nicht wohlmeinend aufnehmen und die, denen der Tod naht, ihn fliehen, soweit es möglich ist?" […]
[2] "Was aber", sagte die Lehrerin, "scheint Dir selbst an genau diesem, dem Tod, am meisten betrüblich?" Gregor: Wenn wir […] vom Ausgang der Seele hören, sehen wir das übrig Gebliebene und wissen doch über das von ihm Getrennte nicht, was es der Natur nach ist und wohin es herübergeschritten ist, da weder Erde, noch Luft, noch Wasser, noch irgendein anderes Element in ihm die Kraft erkennen lässt, die den Körper verlassen hat.
Im Horizont des Auferstehungsglaubens betont Gregor die bleibende Verbindung der unkörperlichen Entitäten Gott und Seele mit den Elementen Makrina: Nun haben wir keinen Zweifel daran, dass die unsagbare Weisheit Gottes, welche im All die göttliche Natur und Kraft widerspiegelt, in allem Seienden ist, so dass alles im Sein bleibt: Obwohl die göttliche Wesenheit, wenn Du nach dem Logos ihrer Natur fragst, unendlich weit entfernt ist von dem, was sich in der Schöpfung zeigt und gedacht wird, so besteht doch Einigkeit, dass dieses der Natur nach Entfernte in ihnen ist. Ebenso ist es keineswegs unglaubwürdig, dass auch die Wesenheit der Seele, die von sich aus etwas ganz anderes ist […] nicht in verhindernder Weise gegenüber dem Sein des im Kosmos auf die Weise der Elemente Betrachteten besteht, das ihr gemäß dem Logos der Natur nicht zukommt.
Augustinus über die Übereinstimmungen und Unterschiede von philosophischer und christlicher Seelenlehre
[1] Einzeln haben Platon und Porphyrios einiges gesagt, durch das sie, wenn sie sich untereinander hätten austauschen können, wohl Christen geworden wären. Platon sagte, die Seelen könnten nicht ewig ohne Körper bestehen. Daher sagte er, auch die Seelen der Weisen würden nach einer beliebig langen Zeit doch zu den Körpern zurückkehren. Porphyrios aber sagte, die allergereinigeste Seele werde, nachdem sie zum Vater zurückgekehrt sei, niemals zu diesen Übeln der Welt zurückkehren.
[2] Aber wenn Platon das, was er an Wahrem schaute, dem Porphyrios mitgeteilt hätte, dass auch die allergereinigtesten Seelen der Gerechten und Weisen zu menschlichen Körpern zurückkehren würden; und wenn wiederum Porphyrios Platon das Wahre, was er sah, mitgeteilt hätte, dass nämlich die heiligen Seelen niemals in das Elend eines vergänglichen Körpers zurückkehrten, so dass nicht jeder dies Einzelne, sondern beide auch einzeln beides sagen würden – dann, glaube ich, sähen sie bereits die Konsequenz, dass die Seelen sowohl zu den Körpern zurückkehrten als auch solche Körper erhielten, in denen sie glückselig und ewig leben könnten.
Eine spezifische und kontroverse Lehre des Origenes betrifft die langsame Wiederherstellung aller Dinge
[1] So meinen die Törichten und die Ungläubigen, unser Fleisch vergehe nach dem Tode in der Weise, dass es nichts von seiner Substanz übrig behalte; wir aber, die wir an seine Auferstehung glauben, verstehen, dass im Tod nur eine Umwandlung des Fleisches geschieht, seine Substanz aber, das steht fest, bleibt und wird durch den Willen des Schöpfers zu einer bestimmten Zeit wieder zum Leben bereitet [...].
[2] In diesen Zustand, so ist anzunehmen, wird all unsere körperliche Substanz überführt werden, zu der Zeit, wenn alles wiederhergestellt wird, so dass es eines ist, und wenn Gott "alles in allem" sein wird. Dies muss man aber nicht als ein plötzliches Geschehen verstehen, sondern als ein allmähliches, stufenweises [...], wobei der Besserungsprozess langsam einen nach dem anderen erfasst; einige eilen voraus und streben rascher zur Höhe, andere folgen in kurzem Abstande, und wieder andere weit hinten.
Gregor von Nyssa (ca. 335/40-394), einer der besten Philosophen unter den griechischen Kirchenvätern, erläutert den Anlass seines Dialogs mit seiner Schwester Makrina
a) Als der unter den Heiligen große Basileios das menschliche Leben zu Gott hin verließ und den Kirchen ein allgemeiner Ansturm der Trauer zustieß, aber die Schwester und Lehrerin noch im Leben zugegen war, da ging ich eifrig zu ihr, um mit ihr zusammen zu sein angesichts des Unglücks, das den Bruder betraf; und schmerzbeladen war mir die Seele, überreich an Leid wegen dieses großen Verlustes, und ich suchte einen Gefährten der Tränen, der dieselbe Last der Trauer trug wie ich.
b) Als wir einander vor Augen standen, da wärmte mir die Lehrerin, als sie vor den Augen erschien, das Leiden auf, denn auch sie wurde schon von der Schwäche zum Tode hingehalten. Sie aber, die mir, auf die Weise der Meister der Reitkunst, eingegeben hatte, ein wenig von der Wucht des Leides fortgetragen zu werden, ging danach daran, dies zu begrenzen, indem sie mit dem Wort, wie mit einem Zügel, durch das eigene Nachdenken das Ungeordnete der Seele wiederherstellte, und von ihr wurde das Apostelwort vorgebracht, man brauche nicht über die Entschlafenen zu trauern, denn dieses Leiden passe nur zu denen, die keine Hoffnung haben.