-Ġazālī benennt die wichtigsten Strömungen der Gottsuche in der islamischen Geisteswelt seiner Zeit
Ich sah dass, die Forscher auf vier Gruppen zurückgeführt werden können:
1. Die Theologen (al-mutakallimūna): Sie behaupten, Menschen der Meinung und der Theorie zu sein;
2. Die Bāṭiniten: Sie geben an, sie seien Menschen der Lehre. [...]
3. Die Philosophen (al-falāsifa): Sie geben an, sie seien Menschen der Logik und des Beweises.
4. Die Ṣūfīs: Sie behaupten, sie seien Menschen der persönlichen Anwesenheit [bei Gott] sowie Menschen der Schau und Enthüllung.
Der christliche Platoniker Pseudo-Dionysios Areopagites möchte über die biblischen Bezeichnungen für Gott zur Transzendenz Gottes aufsteigen
„[1] Über […] die überseiende und verborgene Gottheit darf man es nicht wagen zu sprechen, und auch nicht, etwas in Gedanken zu fassen jenseits dessen, was zu uns aus den heiligen Aussagen [= der Bibel] heraus gesprochen wurde […], zum Beispiel, dass sie […] das Leben des Lebendigen, das Sein des Seienden, Ursache jeglichen Lebens und Seins sowie Ursache durch ihre Güte, die alles Seiende in seinem Sein hervorbringt und zusammenhält. […]
[2] Jetzt aber nutzen wir die eigentümlichen Symbole für das Göttliche und strecken uns aus ihnen, wiederum, auf die Weise der Analogie, zur einfachen und vereinten Wahrheit der göttlichen Betrachtungen hin aus und greifen, indem wir das gesamte von uns stammende Denken des Gottartigen beendigen, mit unseren Denkaktivitäten, soweit es uns zukommt, auf den überseienden Glanz zu, in dem alle Enden aller Erkenntnisse mehr als unsagbar vorausexistieren“.
Der bedeutendste lateinische Kirchenvater Augustinus berichtet in seinen ,Bekenntnissen‘ seinen Lebensweg
[1] Groß bist Du Gott, und sehr zu loben. Groß ist Deine Kraft, und Deine Weisheit hat kein Ende. Und der Mensch will Dich loben, irgendein Teil Deiner Schöpfung, und der Mensch, der seine Sterblichkeit herumträgt, der das Zeugnis seiner Sünde umherträgt und das Zeugnis, dass Du ,den Hochmütigen widerstehst‘ (Brief des Jakobus 4, 6).
[2] Und doch will Dich der Mensch loben, irgendein Teil Deiner Schöpfung. Du regst an, dass es Freude bereitet, Dich zu loben, denn Du hast uns auf Dich hin geschaffen, und unruhig ist unser Herz, bis es ruht in Dir. [...]
[3] Aber wer ruft Dich an, der Dich nicht kennt? Denn wer nicht kennt, kann etwas anderes anstelle von etwas anrufen. Oder wirst Du eher angerufen, damit Du gekannt wirst? Wie wird man aber jemand anrufen, an den man nicht geglaubt hat? Oder wie glaubt man ohne Verkündiger? [...] Ich will Dich suchen, Gott, indem ich Dich anrufe, und Dich anrufen, indem ich an Dich glaube.
Augustinus findet Gott vor allem in sich selbst
Und wie soll ich meinen Gott anrufen, meinen Gott und Herrn, wo ich ihn doch in mich selbst hineinrufen werde, wenn ich ihn anrufen werde? Und welcher Ort ist in mir, wohin mein Gott in mich kommen könnte? [...] Ist denn so, Herr mein Gott, etwas in mir, was Dich fassen würde? Aber Himmel und Erde, die Du geschaffen hast und in denen Du mich geschaffen hast – fassen sie Dich? Oder ist es so, dass deswegen, weil ohne Dich nichts von dem wäre, was ist, alles Dich fasst, was ist? Weil daher auch ich bin, was erstrebe ich, dass Du in mich kommst, der ich nicht wäre, wenn Du nicht in mir wärst?
Augustinus berichtet, wie er mithilfe platonischer Schriften einen Weg zum christlichen Glauben findet
[1] Du verschafftest mir durch einen bestimmten Menschen, der vor gewaltigem Stolz geschwollen war, bestimmte Bücher der Platoniker, die aus der griechischen Sprache in die lateinische übersetzt waren.
[2] Und dort las ich, dass, zwar nicht mit diesen Worten, aber ganz genau dasselbe mit vielen und vielfältigen Argumenten überzeugend angeraten wird: "Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort" (Johannes 1, 1) [...], aber "das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt" (Johannes 1, 13) las ich dort nicht. [...]
[3] Und hierdurch ermahnt, zu mir selbst zurückzukehren, trat ich unter Deiner Führung in mein Innerstes ein und konnte dies, weil "Du mein Helfer geworden bist" (Psalm 29, 11).
[4] Ich trat ein und sah mit irgendeinem Auge meiner Seele oberhalb desselben Auges meiner Seele, oberhalb meines Verstandes ein unveränderliches Licht, nicht das gewöhnliche und für jedes Fleisch sichtbare, noch war es gleichsam von derselben Art, nur größer – so als ob dieses viel, viel heller leuchtet und alles durch seine Größe belegte. Nicht dies war es, sondern etwas von allem, allem weit Verschiedenes.