Der Philosophie-kundige Arzt Galen hält das jüdische Schöpfungsverständnis aus der Perspektive der antiken Naturphilosophie für lächerlich
Das ist nämlich das, worin sich unsere Meinung, d.h. die Platons und die der anderen bei den Griechen, die die Untersuchungen über die Natur richtig angegangen sind, von der des Mose unterscheidet: Denn ihm genügt es, dass Gott die Materie ordnen will, und sofort ist sie geordnet. Er glaubt nämlich, dass Gott alles möglich ist, selbst wenn er will, dass die Asche ein Pferd oder ein Ochse wird. Wir aber erkennen, dass das nicht so ist, sondern sagen, es gebe Dinge, die natürlicherweise unmöglich sind und dass Gott diese gar nicht erst in Angriff nimmt, sondern dass er aus dem Möglichen auswählt, dass das Beste geschieht.
Ein Stoiker schildert die Juden als philosophierendes Volk
[1] Ein gewisser Mose nämlich, ein ägyptischer Priester […], ist aus Unzufriedenheit mit den Verhältnissen von dort hierher [nach Syria/Palaestina] gezogen, und mit ihm zogen viele, die das Göttliche verehren. Er sagte nämlich und lehrte, die Ägypter […] dächten nicht richtig, wenn sie das Göttliche in Gestalt wilder und zahmer Tiere abbildeten, aber auch die Griechen täten nicht recht, wenn sie sie als Menschen abbildeten. Denn einzig und allein das, was uns alle und die Erde und das Meer umgibt, sei Gott, das, was wir Himmel und Welt und die Natur der Dinge nennen: Welcher vernünftige Mensch würde es da wagen, dies in einer Gestalt abzubilden, die mit irgendetwas bei uns Ähnlichkeit hat? Nein, man müsse auf alle Herstellung von Kultbildern verzichten […], und die maßvoll und gerecht Lebenden dürften von Gott stets Gutes, irgendein Geschenk und ein Vorzeichen, erwarten, die anderen dürften das nicht.
[2] Er überzeugte mit dieser Rede nicht wenige einsichtsvolle Männer und führte sie herauf zu dem Ort, wo heute die Stadt Jerusalem steht. […] Außerdem berief er sich nicht auf Waffen, sondern auf das Heilige und das Göttliche, indem er behauptete, einen Sitz hierfür zu suchen, und versprach, eine Verehrungsweise und Zeremonien einzuführen, welche denen, die sie praktizierten, weder Kosten noch Ekstasen noch andere fehlgeleitete Handlungen aufbürden würden. […]
[3] Seine Nachfolger behielten dasselbe einige Zeit bei, handelten gerecht und waren wahrhaft gottesfürchtig. Als dann aber in das Priesteramt erst mit Aberglauben behaftete und dann tyrannische Menschen eingesetzt wurden, kam es durch den Aberglauben zur Enthaltung von den Speisen, deren sie sich auch heute noch zu enthalten pflegen, zur Beschneidung […] und ihren übrigen Gebräuchen, und durch die Tyrannei zu Raubzügen. […]
[4] Und das ist Griechen und Barbaren gemeinsam: Da sie politisch sind, leben sie nach einer allgemeinen Anordnung. Sonst ist es ja nicht möglich, dass die Menge in Einklang miteinander ein- und dasselbe tut – darin besteht doch das Zusammenleben in staatlicher Gemeinschaft und jegliche gemeinsame Lebensführung. Eine Anordnung gibt es aber auf zweifache Weise, nämlich entweder von Göttern oder von Menschen. Und die Alten hatten mehr Achtung und Ehrfurcht vor demjenigen, was von den Göttern kommt.
Philon von Alexandrien (gest. ca. 40 n. Chr.) sieht die Ordnung der Welt in der Philosophie des Mose dargestellt
a) Manche Gesetzgeber haben das, was ihnen als gerecht galt, in ungeschminkter und einfacher Form angeordnet; andere haben ihre Ideen in ein schwülstiges Gewand gekleidet und die Volksmassen geblendet, indem sie mit mythischen Erdichtungen die Wahrheit verhüllten.
b) Moses aber hat beides vermieden, das eine, weil es unbedacht, bequem und unphilosophisch ist, das andere, weil es voll Lug und Trug ist. Er hat vielmehr seinen Gesetzen einen sehr schönen und erhabenen Anfang gegeben [...], da er die Weltherstellung schildert, um gleichsam anzudeuten, dass sowohl die Welt mit dem Gesetz als auch das Gesetz mit der Welt im Einklang steht und dass der gesetzestreue Mensch ohne weiteres ein Weltbürger ist, da er seine Handlungen nach dem Gesetz der Natur ordnet, nach dem auch die ganze Welt gelenkt wird.
Der Jude Philon von Alexandrien über den Schöpfer als erste Ursache
a) Es haben nämlich manche, weil sie die Welt mehr als den Welthersteller bewunderten, jene für ungeworden und ewig erklärt, Gott aber dichteten sie in unwürdiger Weise große Untätigkeit an. [...]
b) Moses aber, der bis zum höchsten Gipfelpunkt der Philosophie vorgedrungen und durch Orakel über die meisten und wichtigsten Ursachen der Natur belehrt worden ist, erkannte sehr wohl, dass unter dem Seienden eines die wirkende Ursache, das andere aber passiv sein muss, und dass jenes Wirkende der ganz reine und lautere Geist des Ganzen ist, der besser ist als Tugend, besser als Wissen, besser als das Gute an sich und das Schöne an sich, dass das Leidende dagegen aus sich heraus unbeseelt und unbeweglich ist, sich aber, nachdem es vom Geist bewegt, gestaltet und beseelt wurde, in das vollendetste Werk verwandelte, in diese Welt.
c) Die Leute, die diese ,ungeworden‘ nannten, übersahen, dass sie das Nützlichste und Notwendigste für die Seligkeit aufhoben, die Vorsehung.
Eusebios, Bischof von Kaisareia, findet in der Bibel Gottes Selbstvezeichung als „der Seiende“
Wenn Moses in den heiligen Mysterien in der Person Gottes das Orakel ausspricht: ,Ich bin der Seiende. Dies sollst Du den Söhnen Israels sagen: Der Seiende hat mich zu Euch geschickt‘ (Exodus = 2 Moses 3, 14) und voraussetzt, dass Gott allein schlechthin seiend ist [...] und wenn wir infolgedessen das All in zwei Teile aufteilen, dass Geistige und das sinnliche Wahrnehmbare [...] – dann sieh, auf welche Weise Platon nicht nur den Verstand, sondern auch den Wortlaut und die Aussagen der Schrift der Juden nachahmt und sich an ihre Lehre anpasst.