Perkams-Zitatenschatz.de

Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Thema: Theologie

11 Zitate zu diesem Thema im Zitatenschatz:

  • Duns Scotus, Johannes: Autorisierte Mitschrift der Pariser Vorlesung (Reportatio Parisiensis examinata) Buch I, 42. Distinktion, 2. Frage, Nr. 5, 7, 22, 24 und 27

    Johannes Duns Scotus (ca. 1265-1308) über eine theologische Anfrage an die Philosophie:
    Ich frage: Kann Gott kraft seiner Allmacht alles Mögliche unmittelbar hervorbringen?
    Es sieht nicht danach aus. Dann [...] nämlich könnte Gott ein Subjekt ohne die ihm eigentümliche Eigenschaft hervorbringen; und somit könnte es ohne eigentümliche Eigenschaft existieren und gewusst werden. Infolgedessen gäbe es im Bereich des Seienden kein Wissen schlechthin. [...]
    Ich antworte und sage, dass sich zwar, wenn wir den Prinzipien der Philosophen folgen, nicht halten lässt, dass Gott auf Grund seiner Allmacht unmittelbar alles Mögliche hervorbringen kann [...]. Dennoch behaupte ich, dass es sich so verhält, und zwar gemäß dem Glauben, durch welchen wir mit den Philosophen über die Prinzipien unterschiedlicher Meinung sind und infolgedessen auch über die Schlussfolgerung. [...] Auch dieser Satz „Was immer Gott durch eine vermittelnde Wirkursache vermag, vermag er auch unmittelbar durch sich“, ist nicht selbstevident, sondern wird nur durch den Glauben besessen. Wenn wir jedoch von absoluten möglichen Seienden sprechen, behaupte ich, dass Gott jedwedes Absolute durch sich hervorbringen kann. [...] Notwendigerweise besitzt jedes Absolute, was real von anderem unterschieden ist, eine unterschiedene Seiendheit, die nicht von anderem wesentlich abhängt. Folglich kann es für sich sein und gemacht werden, ohne irgendeine Beziehung auf ein anderes. [...]
    Zum zweiten Argument sage ich: Wer immer weiß, dass eine absolute Eigenschaft ihrem Subjekt zukommt, weiß das zwar sicher, aber nicht immer oder allgemein. Dann nämlich würde er etwas Falsches wissen, weil die Eigenschaft nicht immer unmittelbar ihrem Subjekt als ihrer Ursache zukommt, der sie ihr Entstehen verdankt. Er weiß aber nur, dass es sich meistens so verhält, denn meistens entsteht eine Eigenschaft aus den Prinzipien ihres Subjekts aber nicht immer.
  • Abaelard, Peter: Dialog zwischen einem Juden, einem Philosophen und einem Christen (Collationes) II, nr. 67

    Peter Abaelard diskutiert in seinem Dialog das Verhältnis von Ethik und Theologie
    a) Christ: Nun brechen wir schließlich, wie ich es auffasse, zum Ziel und zur Vollendung aller Disziplinen auf, die ihr gewöhnlich Ethik, d.h. Morallehre, wir Theologie nennen. Dabei nennen wir sie nämlich nach dem so, zu dessen Erreichen gestrebt wird, d.h. nach Gott, ihr aber nach dem, wodurch dorthin gelangt wird, d.h. nach den guten Sitten, die ihr Tugenden nennt.
    Philosoph: Ich stimme dem zu, was auf der Hand liegt, und billige die neue Benennung durch euren Namen durchaus. Weil ihr nämlich das, zu dem hin gelangt wird, für würdiger haltet als das, wodurch der Fortschritt entsteht, und weil angelangt sein glücklicher ist als fortschreiten, ist diese Benennung durch euren Namen ehrenvoller und zieht den Leser vom Ursprung der eigenen Herleitung her ganz besonders an. Wenn sie in der Lehre so herausragt wie im Worte, dann ist ihr, denke ich, keine Disziplin zu vergleichen.
    b) Jetzt wollen wir also, wenn es recht ist, dass Du festsetzt, worin die Summe der wahren Ethik besteht und was wir aus dieser Disziplin betrachten sollen und wodurch, wenn es denn erlangt ist, ihre Intention vollendet sein wird. Christ: Wie ich meine, lässt sich die Summe dieser Disziplin darin zusammenfassen, dass sie erklärt, was das höchste Gut ist und auf welchem Weg wir dorthin gelangen können.
  • Proklos : Theologische Elementarlehre (Elementatio theologica) § 119. 122f., Leitsätze

    Strukturmomente der Theologie nach Proklos
    119. Jeder Gott existiert auf die Weise einer mehr-als-seienden Güte, d.h. er ist weder einer Disposition noch dem Sein nach gut [...], sondern auf mehr als seiende Weise [...]
    122. Jedes Göttliche sorgt ebenso vorausschauend für das ihm Nachgeordnete wie es dem, wofür es sorgt, transzendent bleibt, weil weder die Sorge sein unvermischtes und einheitliches Überragen lockert noch seine abgetrennte Einheit die vorausschauende Sorge verunklart [...]
    123. Jedes Göttliche ist selbst wegen seiner mehr-als-seienden Einheit für das Nachgeordnete unaussagbar und unerkennbar, von dem, was an ihm teilhat, ist es aber ergreifbar und erkennbar. Deswegen ist nur das Erste schlechthin unerkennbar, weil an ihm nichts teilhat.
  • Luther, Martin: Römerbrieferklärung S. 424

    Martin Luthers theologische Deutung des Gewissens
    ,Wie prachtvoll sind die Füße derer, die durch das Evangelium den Frieden verkünden‘ (Röm 10, 15). ,Prachtvoll‘ bedeutet nach der spezifisch hebräischen Aussageweise eher Gegenstand des Begehrens und gewünscht, graziös oder der Liebe und des Begehrens würdig, zu Deutsch ,lieblich und angenehm‘ [im Original Deutsch]. Und so ist der Sinn [der Stelle], dass denen, die dem Gesetz unterstehen, die Verkündigung des Evangeliums lieblich und angenehm ist. Denn das Gesetz zeigt nichts anders als die Sünde, macht schuldig und bedrängt so das Gewissen, das Evangelium aber kündigt das Heilmittel an, dass von den so Bedrängten gewünscht wird. Daher ist das Gesetz schlecht, das Evangelium gut, das Gesetz kündigt den Zorn, das Evangelium den Frieden an. [...] Das Gesetz bedrängt das Gewissen mit Sünden, aber das Evangelium befreit und befriedet es durch den Glauben an Christus.
  • Yūsuf al-Baṣīr : Das Buch der Unterscheidung Prolog §2 u. 4

    Die Notwendigkeit von Theologie – eine Position aus der jüdischen Muʿtazila
    [Gott] hat unseren Verständen eingepflanzt und verpflichtend gemacht, die Tatsachen zu untersuchen, welche auf sein Bestehen hinweisen und zu dem Wissen über sein Wesen führen. [...] Wer die Untersuchung unterlässt, weil es ihm schwierig erscheint, der verharrt in Untätigkeit, und wer sich damit zufriedengibt, der versündigt sich an seiner Seele.
  • Moses Maimonides: Wegweiser für die Verwirrten (Dux neutrorum sive perplexorum) I 71, § 46 u. 50, S. 180

    Der Jude Moses Maimonides weist auf die historischen Ursprünge des Kalām, d.h. der rationalen Theologie seit frühislamischer Zeit, hin
    Was diese geringe Kleinigkeit anbelangt, die du von Seiten des Kalām zum Thema der Einheit [Gottes] (tawḥīd) und dem, was damit zusammenhängt, bei einigen Geonim und Karäern findest, so übernahmen sie diese Dinge von den Mutakallimūn aus dem Islam. [...] Des Weiteren sollst du wissen: Alles, was die Richtungen des Islam – wozu die Muʿtaziliten und die Ašʿāriten gehören – zu diesen Themen gesagt haben, sind Meinungen, die auf bestimmten Prämissen beruhen. Diese Prämissen sind den Büchern der [christlichen] Griechen und Syrer entnommen, die einen Widerspruch zu den Meinungen der Philosophen aufbrachten und deren Aussagen entkräfteten.
  • Al-Fārābī : Buch der Buchstaben § 111. 113; S. 133, 1-4. 14-16; 134, 12-15

    Al-Fārābī über die Philosophie als (geistige) Elite
    [1] Auch entwickelte sich das Verhältnis der Theologie zur Philosophie so, dass es ebenfalls in gewisser Weise ein dienendes [Verhältnis] dieser gegenüber ist, vermittelt durch die Religion. Denn sie [die Theologie] trägt bei und umfasst nur einen Nachweis dessen, was zuerst in der Philosophie durch Beweise nachgewiesen wurde, insofern es durch den Urheber der Meinung (bādī l-rayy [gemeint ist der Religionsstifter]) in der Masse bekannt gemacht wurde. [...]
    [2] Die Elite schlechthin sind folglich die Philosophen schlechthin, und die übrigen, die für Elite gehalten werden, werden nur deswegen dafür gehalten, weil sie eine Ähnlichkeit mit den Philosophen aufweisen. [...] Als Elite gelten also in erster Linie und insbesondere schlechthin die Philosophen, dann die Topiker (al-ǧadalīyūn) und Sophisten; sodann die Gesetzgeber (wāḍiʿū n-nawāmis), sodann die Theologen und Juristen (al-mutakallimūn wa-l-fuqahāʾ). Und unter der Masse und dem einfachen Volk [...] gibt es jemanden, der mit der politischen Herrschaft betraut wurde, ob es nun gerecht war, dass man ihn betraute oder nicht.
  • Diogenes Laertios: Leben der Philosophen (Vitae philosophorum) VII 85-88 = SVF III, 178 = Long-Sedley 57A, 63C

    Was es für die Stoiker heißt, gemäß der Natur zu leben (Antike Philosophie I)<br /> Der Philosophiehistoriker Diogenes Laertios erklärt den Zusammenhang von stoischer Ethik und Theologie
    Die Stoiker sagen, dass der primäre Impuls für jedes Lebewesen die Selbsterhaltung ist, weil dieses der Natur von Anfang an zu eigen ist, wie Chrysipp sagt [...], wobei er das primär Eigentümliche für jedes Lebewesen dessen eigene Verfasstheit und das Bewusstsein von ihr nennt. [...] Und weil den rationalen Wesen die Vernunft gemäß einer vollendeteren Anleitung gegeben ist, ist für diese das Leben nach der Vernunft zu Recht der Natur entsprechend. Denn die Vernunft kommt für sie als Hersteller des Impulses hinzu. [...] Deswegen gab [...] Zenon [...] als Ziel das Leben in Übereinstimmung mit der Vernunft an, d.h. das Leben gemäß der Tugend. Denn zu dieser leitet uns die Natur. [...] Das Leben in der Nachfolge der Natur [...] bezieht sich [nach Chrysipp] sowohl auf die eigene als auch auf die aller Dinge, wobei wir nichts tun, was das allgemeine Gesetz üblicherweise verbietet, d.h. die rechte Vernunft, die durch alles hindurchgeht, die dasselbe ist wie Zeus, der der Beherrscher des gesamten Haushalts des Seienden ist.
  • Thomas von Aquin: Summa theologiae I (Summa theologiae) I, 1, 3 responsio

    Thomas von Aquin (1224/25-1274) erklärt, inwiefern die christliche Theologie eine Wissenschaft sein kann
    Ist die heilige Lehre [d.h. die christliche Theologie] eine Wissenschaft? [...] Man muss sagen, dass die heilige Lehre eine Wissenschaft ist. Aber man muss wissen, dass es zwei Arten von Wissenschaften gibt. Denn es gibt einige, die aus Prinzipien hervorgehen, die im Lichte des natürlichen Intellekts bekannt sind, so wie die Arithmetik, die Geometrie und ähnliches. Es gibt aber einige, die aus Prinzipien hervorgehen, die im Lichte einer höheren Wissenschaft bekannt sind. [...] Und auf diese Weise ist die heilige Lehre eine Wissenschaft, weil sie aus Prinzipien hervorgeht, die im Lichte einer höheren Wissenschaft bekannt sind, die nämlich das Wissen Gottes und der Seligen ist. So wie daher die Musik die Prinzipien glaubt, die ihr vom Arithmetiker überliefert wurden, so glaubt die heilige Lehre die Prinzipien, die ihr von Gott offenbart wurden.
  • Wilhelm von Ockham: Schriftliche Fassung der Sentenzenvorlesung (Ordinatio) Prolog, Quaestio 7, responsio

    Wilhelm von Ockham (ca. 1280-1347) erklärt, inwieweit der Glaube selbst nicht zur Wissenschaft der Theologie gehört
    Jeder, der sich in der Theologie betätigt, kann einen Habitus des Begreifens erwerben. Und mithilfe dieser Habitus [...] können alle dem Theologen nach allgemeiner Regel möglichen Akte erworben werden, mit der einen Ausnahme des Aktes des Glaubens; denn mit ihrer Hilfe kann er predigen, lehren, Seelsorge betreiben, usw. [...] Dass aber ein solcher Habitus [...] keine Wissenschaft im eigentlichen Sinn sein darstellt, ist offensichtlich, denn etwas, dem man nur aufgrund des Glaubens zustimmen kann, weiß man nicht evident. [...] Aber nach Auffassung aller Heiligen und auch derer, die die Gegenposition einnehmen, kann keiner den Glaubenswahrheiten ohne Glauben zustimmen.
  • Duns Scotus, Johannes: Autorisierte Mitschrift der Pariser Vorlesung (Reportatio Parisiensis examinata) Buch I, 42. Distinktion, 2. Frage, Nr. 24 und 27

    Johannes Duns Scotus (1265-1308) über die Allmacht Gottes und ihre Implikationen
    [1] Ich frage: Kann Gott kraft seiner Allmacht alles Mögliche umittelbar hervorbringen?
    [2] Es sieht nicht danach aus. Dann [...] nämlich könnte Gott ein Subjekt ohne die ihm eigentümliche Eigenschaft hervorbringen; und somit könnte es ohne eigentümliche Eigenschaft existieren und gewusst werden. Infolgedessen gäbe es im Bereich des Seienden kein Wissen schlechthin. [...]
    [3] Ich antworte und sage, dass sich zwar, wenn wir den Prinzipien der Philosophen folgen, nicht halten lässt, dass Gott auf Grund seiner Allmacht unmittelbar alles Mögliche hervorbringen kann [...]. Dennoch behaupte ich, dass es sich so verhält, und zwar gemäß dem Glauben, durch welchen wir mit den Philosophen über die Prinzipien unterschiedlicher Meinung sind und infolgedessen auch über die Schlussfolgerung [...]
    [4] Wenn wir [...] von absoluten möglichen Seienden sprechen, behaupte ich, dass Gott jedwedes Absolute durch sich hervorbringen kann. [...] Notwendigerweise besitzt jedes Absolute, was real von anderem unterschieden ist, eine unterschiedene Seiendheit, die nicht von anderem wesentlich abhängt. Folglich kann es für sich sein und gemacht werden, ohne irgendeine Beziehung auf ein anderes. [...]
    [5] Wer immer weiß, dass eine absolute Eigenschaft ihrem Subjekt zukommt, weiß das zwar sicher, aber nicht immer oder allgemein. Dann nämlich würde er etwas Falsches wissen, weil die Eigenschaft nicht immer unmittelbar ihrem Subjekt als ihrer Ursache zukommt, der sie ihr Entstehen verdankt. Er weiß aber nur, dass es sich meistens so verhält, denn meistens entsteht eine Eigenschaft aus den Prinzipien ihres Subjekts aber nicht immer.