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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Werk: Der Trost der Philosophie, Boethius, Anicius Manlius Severinus

8 Zitate aus diesem Werk im Zitaten­schatz:

  • Boethius, Anicius Manlius Severinus: Der Trost der Philosophie (Consolatio philosophiae ) I Prosa 1. 3

    Boethius schildert, wie er die Philosophie erkannte
    a) Es schien mir, als ob über mir eine Frau hinzuträte von höchst ehrwürdigem Antlitz, mit funkelnden und über das gewöhnliche Vermögen der Menschen durchdringenden Augen. [...] Ihr Wuchs war von wechselnder Größe; denn bald zog sie sich zum gewöhnlichen Maß der Menschen zusammen, bald schien sie mit dem Scheitel den Himmel zu berühren.
    b) Als sie die poetischen Musen, die mein Lager umstanden und meiner Tränenflut Worte liehen, erblickte, sprach sie etwas erregt und mit finster flammenden Blicken [...]: ,Wer hat diesen Dirnen der Bühne den Zutritt zu diesem Kranken erlaubt, die seinen Schmerz nicht nur mit keiner Arznei lindern, sondern ihn obendrein mit süßem Gifte nähren? [...] Wenn eure Schmeicheleien einen Uneingeweihten [...] ablenkten, so würde ich das mit mehr Gleichmut ertragen. [...] Doch ist dieser nicht mit den Studien der Eleaten und Akademiker erzogen worden? Drum verschwindet besser, ihr Sirenen, die ihr süß seid bis zum Verderben, überlasst ihn meinen Musen zur Pflege und zur Heilung. [...] So gescholten ging jener Chor [...] traurig über die Schwelle hinaus. [...] Als die Nebel der Traurigkeit auf keine andere Weise aufgelöst waren, sog ich den Anblick des Himmels ein und [...] erblickte, als ich die Augen auf sie richtete und meinen Blick auf sie heftete, meine alte Nährerin [...], die Philosophie.
  • Boethius, Anicius Manlius Severinus: Der Trost der Philosophie (Consolatio philosophiae ) V, Prosa 6, 6f. 10

    Boethius erklärt den Begriff der Ewigkeit im Gegensatz zur unendlichen Dauer
    Was also dem Modus der Zeit unterliegt, selbst wenn es, wie Aristoteles von der Welt glaubte, weder begonnen hat noch enden wird, [...] ist noch nicht so, dass es zu Recht als ewig verstanden werden kann. Denn es umfasst nicht das Ganze zugleich [...], sondern hat das Zukünftige noch nicht, das Vergangene nicht mehr. [...] Denn es ist eine Sache, durch ein unendliches Leben geführt zu werden [...], eine andere, die gesamte Gegenwart des unendlichen Lebens gleichermaßen zu umfassen, was klarerweise dem göttlichen Geist eigentümlich ist.
  • Boethius, Anicius Manlius Severinus: Der Trost der Philosophie (Consolatio philosophiae ) V, Prosa 6, 30f.

    Der Blick Gottes auf die Welt lässt Boethius zufolge freies menschliches Handeln möglich sein
    Wenn die Für-Sehung etwas Gegenwärtiges sieht, gibt es dies notwendigerweise, obwohl es keine Naturnotwendigkeit besitzt. Aber Gott betrachtet das Zukünftige, was aus der Freiheit der Entscheidung hervorgeht, als etwas Gegenwärtiges. Dies geschieht also bezogen auf den göttlichen Blick notwendig, im Modus der göttlichen Erkenntnis, aber in sich selbst betrachtet tritt es von der absoluten Freiheit seiner Natur nicht zurück.
  • Boethius, Anicius Manlius Severinus: Der Trost der Philosophie (Consolatio philosophiae ) V, Prosa 3, 1-3. Prosa 4, 1

    Boethius (ca. 480-524) weist auf das philosophische Problem der Providenz Gottes hin: „Boethius: Wieder werde ich durch eine noch schwierigere Zweideutigkeit verwirrt
    Boethius: Wieder werde ich durch eine noch schwierigere Zweideutigkeit verwirrt.
    Philosophie: Welche […] ist das denn?
    Boethius: Es scheint sich allzu sehr zu widersprechen und einander entgegenzustehen, dass Gott alles vorherweiß und dass es irgendein Urteil in Freiheit gibt. Denn wenn Gott alles vorhersieht und sich auf keine Weise irren kann, dann ist das notwendig, was er durch die Vorsehung als zukünftig vorhergesehen hat. Wenn er daher seit ewigen Zeiten nicht nur die Taten der Menschen, sondern auch ihre Überlegungen und Willenstendenzen vorhersieht, dann gibt es folglich keine Freiheit. […]
    Philosophie: Das ist die alte und von Marcus Tullius Cicero […] heftig betriebene Frage nach der Vorsehung
  • Boethius, Anicius Manlius Severinus: Der Trost der Philosophie (Consolatio philosophiae ) I Prosa 4

    Boethius berichtet der Philosophie über die Gründe für seine Verhaftung
    Du hast doch durch Platons Mund diesen Satz bekräftigt: ,Glücklich würden die Staaten sein, wenn entweder Philosophen sie regierten oder ihre Regenten sich der Philosophie befleißigten‘. [...] Dieser Autorität bin ich gefolgt und, was ich von dir in abgeschiedener Muße gelernt hatte, habe ich in die Praxis der Staatsverwaltung zu übertragen gesucht. Du und Gott, der dich dem Geiste der Weisen eingab, seid gewiss, nichts anderes hat mich zum Amte geführt als das gemeinsame Bemühen um alle Güter. Daher jene schwere unversöhnliche Zwietracht mit den Unredlichen, daher – hierin besteht die Freiheit des Gewissens – meine stete Geringschätzung einer Beleidigung der Mächtigen, um das Recht zu bewahren.
  • Boethius, Anicius Manlius Severinus: Der Trost der Philosophie (Consolatio philosophiae ) II Prosa 1

    Die Philosophie erklärt Boethius, dass sein Unglück auf falsche Präferenzen zurückgeht
    [1] Was also ist es, o Mensch, was dich in Schmerz und Trauer gestürzt hat? Etwas ganz Neues und Ungewohntes, glaube ich, hast du gesehen. Du meinst, das Glück (fortuna) habe sich dir gegenüber gewandelt: du irrst!
    [2] Dies sind immer seine Sitten, dies ist seine Natur. Es hat vielmehr gerade in seiner Veränderlichkeit dir gegenüber seine ihm eigentümliche Beständigkeit bewahrt. [...].
    [3] Denn eben sie, die dir jetzt Anlass zu so großer Trauer gibt, hätte dir zur Beruhigung dienen müssen. [...] Es darf nicht genügen, nur zu schauen, was vor den Augen liegt; die Klugheit ermisst den Ausgang der Dinge. [...] Schließlich musst du mit Gleichmut ertragen, was innerhalb des Bereiches des Glückes geschieht.
  • Boethius, Anicius Manlius Severinus: Der Trost der Philosophie (Consolatio philosophiae ) III Prosa 3. 8

    Die Philosophie erklärt Boethius die unvollkommenen Güter
    [1] Erwäge nun, ob die Menschen durch das, wodurch sie Glück zu erreichen hoffen, zum festgesetzten Ziel zu gelangen vermögen. [...] Ich frage zuerst dich selbst, der du noch eben in Reichtum schwammst: Hat unter jenem Überfluss von Schätzen deinen Geist niemals Angst getrübt, die aus irgendeinem Unrecht erwuchs? – In der Tat, sagte ich, kann ich mich nicht erinnern, jemals so freien Geistes gewesen zu sein, dass mich nicht irgendeine Sorge geängstigt hätte. [...]
    [2] Aus alledem dürfen wir zusammenfassend sagen: Das, was weder die Güter, die es verspricht, beschaffen kann, noch durch die Vereinigung aller Güter vollendet ist, führt weder als Weg zum Glück noch macht es die Menschen glücklich.
  • Boethius, Anicius Manlius Severinus: Der Trost der Philosophie (Consolatio philosophiae ) III Prosa 10

    Die Philosophie zeigt auf, dass Gott das vollendete Glück ist
    Dass Gott, der Ursprung aller Dinge, gut ist, billigt ein allgemeiner Begriff des menschlichen Geistes. [...] Die Vernunft zeigt aber, dass Gott so gut ist, dass das vollendete Gut in ihm enthalten ist. [...] Wir haben aber festgestellt, dass das vollendete Gute auch die wahre Glückseligkeit ist; also muss notwendig in dem höchsten Gott auch die wahre Glückseligkeit gelegen sein.