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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Thema: Gutes (das Gute)

14 Zitate zu diesem Thema im Zitatenschatz:

  • Bardaiṣān: Buch der Gesetze der Völker § 1

    So beginnt ein philosophischer Dialog mit Bardaiṣān, dem ,Philosophen der Aramäer‘ (um 200 n. Chr.)
    [1] Vor einigen Tagen gingen wir unseren Bruder Šemašgram besuchen. Auch Bardaiṣān kam, um uns dort anzutreffen. Als er ihn umarmt und gesehen hatte, dass es ihm gut ging, fragte er uns: "Worüber spracht Ihr? Denn ich hörte eure Stimme von draußen, als ich hierherkam." Er war es nämlich gewohnt, dann, wenn er uns dabei antraf, dass wir vor ihm über etwas sprachen, zu fragen: "Was spracht Ihr?", um hierüber mit uns zu sprechen.
    [2] Wir sagten also zu ihm: "Dieser ʿAvīdā dort sagte zu uns: Wenn es einen Gott gibt, so wie Ihr sagt, und dieser die Menschen gestaltete und hierdurch etwas will, dass euch zu tun befohlen wird, warum gestaltete er die Menschen nicht so, dass sie nicht sündigen können, sondern vielmehr die ganze Zeit das Gute tun?"
  • Aristoteles: Politik (politica) III 6, 1113a 21f. 29-b 1

    Aristoteles über den tüchtigen Menschen als Maß des Guten
    Einem jedem scheint etwas anderes gut und, wenn es sich so ergibt, etwas Gegenteiliges. [...] Nun beurteilt der Tüchtige jedes Einzelne richtig, und in jedem Einzelnen erfasst er das Wahre. Denn entsprechend jeder Disposition ist etwas Spezielles schön und freudvoll, und vielleicht zeichnet sich der Tüchtige dadurch am meisten aus, dass er in jedem Einzelnen das Wahre sieht, da er gewissermaßen Richtschnur und Maß dafür ist. Bei den meisten Leuten scheint aber eine Täuschung durch die Freude zu erfolgen. Denn sie ist nicht gut und scheint doch so.
  • Aristoteles: Nikomachische Ethik (Ethica Nicomachea) VII 3, 1145b 26f

    Sokrates sagt in der Darstellung des Aristoteles
    Bewusst würde niemand entgegen dem Besten handeln, wohl aber aus Unwissenheit.
  • Aristoteles: Nikomachische Ethik (Ethica Nicomachea) III 6, 1113a 21f. 29-b 1

    Aristoteles über den tüchtigen bzw. tugendhaften Menschen als Maß des Guten
    Einem jedem scheint etwas anderes gut und, wenn es sich so ergibt, etwas Gegenteiliges. [...] Nun beurteilt der Tüchtige jedes Einzelne richtig, und in jedem Einzelnen erfasst er das Wahre. Denn entsprechend jeder Disposition ist etwas Spezielles schön und freudvoll, und vielleicht zeichnet sich der Tüchtige dadurch am meisten aus, dass er in jedem Einzelnen das Wahre sieht, da er gewissermaßen Richtschnur und Maß dafür ist. Bei den meisten Leuten scheint aber eine Täuschung durch die Freude zu erfolgen. Denn sie ist nicht gut und scheint doch so.
  • Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) VI, 506de. 507b. 508a. 509b

    Platon führt im Sonnengleichnis zum höchsten Seienden
    Allein, ihr Herrlichen, was das Gute selbst ist, wollen wir für jetzt doch lassen; denn es scheint mir für unser jetziges Bemühen zu weit, (auch nur) bis zu dem zu kommen, was ich jetzt meine. Was mir aber als ein Nachkomme, und zwar ein sehr ähnlicher, des Guten erscheint, will ich Euch sagen, wenn es Euch auch so recht ist; wo nicht, so wollen wir es lassen. [...]
    Vieles Schöne und vieles Gute [...], was einzeln so ist, nehmen wir doch an und definieren es durch dieses Wort. [...] Dann aber auch wieder das Schöne selbst und das Gute selbst – und so auch alles, was wir vorher als vieles setzten – setzen wir als eine Idee eines jeden und nennen es jegliches, was es ist. [...]
    Und welchem unter den Göttern des Himmels gibst Du wohl als entscheidend dafür an, dass sein Licht bewirkt, dass unser Sehvermögen sehr gut sieht und dass das Sichtbare gesehen wird? – Denselben [...], den auch Du und jedermann [angibst]; denn offenbar fragst Du nach der Sonne. [...]
    Ebenso nun sage auch, dass dem Erkennbaren nicht nur das Erkanntwerden von dem Guten komme – aber auch das das Sein und Wesen habe es von ihm, da doch das Gute selbst nicht das Sein ist, sondern noch über das Sein an Würde und Kraft hinausragt.
  • Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph: Philosophische Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit (p. 453-455 Originalausgabe)

    Letztlich lässt sich das Problem der Freiheit in seinen Augen nur dadurch lösen, dass man Gutes und Böses in Gott selbst unterscheidet
    [1] Es ist uns [...] zur Erklärung des Bösen nichts gegeben außer den beiden Prinzipien in Gott. Gott als Geist [...] ist die reinste Liebe; in der Liebe aber kann nie ein Willen zum Bösen sein [...]. Aber Gott selbst, damit er sein kann, bedarf eines Grundes, nur dass dieser nicht außer ihm, sondern in ihm selbst ist [...]
    [2] Der Wille der Liebe und der Wille des Grundes sind zwei verschiedene Willen, deren jeder für sich ist [...]
    [3] Wollte nun die Liebe den Willen des Grundes zerbrechen: so würde sie gegen sich selbst streiten, mit sich selbst uneins sein, und wäre nicht mehr die Liebe. [...] Daher der Wille des Grundes gleich in der ersten Schöpfung den Eigenwillen der Kreatur mit erregt, damit, wenn nun der Geist als der Wille der Liebe aufgehe, dieser ein Widerstrebendes finde, darin er sich verwirklichen könne.
  • Proklos: Platonische Theologie (Theologia Platonica ) II 6 (p. 40f. Saffrey/Westerink)

    Die Hintergründe der Theorie des Einen und die Struktur des Seienden werden in der ,Platonischen Theologie‘ näher erläutert
    [1] Platon […] überliefert uns zwei Bezeichnungen dieser unaussagbaren Ursache. In der Politeia nennt er sie ,das Gute‘ und zeigt auf, dass sie die Quelle für die Wahrheit ist, die den Geist und das Gedachte vereint. Im Parmenides aber bezeichnet er dieses Prinzip als Eines.
    [2] Von diesen Bezeichnungen nun ist die eine ein Bild für das Hervorgehen des Ganzen, die andere für seine Rückkehr. Denn weil alles deswegen vorhanden ist und aus dem Ersten hervorgeht, nennen wir es, indem wir ,das Eine‘ darauf anwenden, die Ursache für jede Menge und für jedes Hervorgehen. […] Das Gute aber ist das allgemein von allem Seienden Erstrebte, und zu diesem neigt und streckt sich alles seiner Natur nach hin. […]
    [3] Das Einshafte aber und jede Aufteilung Überschreitende an jenem [Einen] erscheint in dem Späteren dyadisch, noch mehr aber triadisch. Denn alles bleibt und geht hervor und kehrt zurück zum Einen. Denn zugleich ist es mit ihm vereint und steht unterhalb seiner transzendenten Einsheit von allem und strebt danach, es zu empfangen.
  • Pseudo-Dionysios Areopagita : Die göttlichen Namen (De divinis nominibus) I, 2; I, 3; I, 4, gekürzt ([1] p. 110, 2-4; 111, 12; 112, 4-6; 3-142, 2; [2] p. 115, 6-11 Suchla)

    Der christliche Platoniker Pseudo-Dionysios Areopagites möchte über die biblischen Bezeichnungen für Gott zur Transzendenz Gottes aufsteigen
    [1] Über […] die überseiende und verborgene Gottheit darf man es nicht wagen zu sprechen, und auch nicht, etwas in Gedanken zu fassen jenseits dessen, was zu uns aus den heiligen Aussagen [= der Bibel] heraus gesprochen wurde […], zum Beispiel, dass sie […] das Leben des Lebendigen, das Sein des Seienden, Ursache jeglichen Lebens und Seins sowie Ursache durch ihre Güte, die alles Seiende in seinem Sein hervorbringt und zusammenhält. […]
    [2] Jetzt aber nutzen wir die eigentümlichen Symbole für das Göttliche und strecken uns aus ihnen, wiederum, auf die Weise der Analogie, zur einfachen und vereinten Wahrheit der göttlichen Betrachtungen hin aus und greifen, indem wir das gesamte von uns stammende Denken des Gottartigen beendigen, mit unseren Denkaktivitäten, soweit es uns zukommt, auf den überseienden Glanz zu, in dem alle Enden aller Erkenntnisse mehr als unsagbar vorausexistieren.
  • Pseudo-Dionysios Areopagita : Mystische Theologie (De mystica theologia ) I 1. 2 (141, 3-142, 2; 143, 3-7 Ritter)

    Die negative Theologie nach Pseudo-Dionysios Areopagita
    [1] Hier [bei Gott] sind die Geheimnisse der Theologie durch die das Licht übersteigende Dunkelheit des mystisch-geheimen Schweigens verdeckt. [...]
    [2] Bei ihr muss man, als von der Ursache von allem, alles vom Seienden Aussagbare einerseits zusprechen und bejahen, und alles andererseits, weil er oberhalb von allem ist, in noch höherem Maße verneinen. Und man darf nicht glauben, dass die Verneinungen den Bejahungen widersprechen, sondern dass das, was jenseits von allem Ab- und Zusprechen ist, weit früher als alle Mängel ist.
  • Augustinus von Hippo: Bekenntnisse (Confessiones) II 9

    Augustinus konstruiert autobiographisch einen Fall, in dem er etwas Böses nur um des Bösen selbst willen getan hat
    [1] Gewiss, o Herr, bestraft dein Gesetz den Diebstahl, und das Gesetz, das in die Herzen der Menschen geschrieben ist, welches nicht einmal die Ungerechtigkeit selbst zerstört. [...]
    [2] Und ich wollte einen Diebstahl begehen, und ich beging ihn, von keiner Not gezwungen, es sei denn von Armut und Überdruss an Gerechtigkeit und durch die Mästung mit Ungerechtigkeit. Denn ich habe etwas gestohlen, was ich im Übermaß hatte und auch viel besser, und ich wollte auch nicht das genießen, was ich durch den Diebstahl erstrebte, sondern den Diebstahl selbst und die Sünde.
    [3] In der Nachbarschaft unseres Weinbergs stand ein Birnbaum, beladen mit Früchten, die weder durch Form noch durch Geruch anlockten. Um ihn leerzuschütteln und abzuernten, brachen wir verruchten jungen Kerle in einer windlosen Nacht auf [...] und trugen von dort gewaltige Lasten fort, nicht als unsere eigene Speise, sondern eher, um sie den Schweinen vorzuwerfen. Selbst wenn wir etwas davon aßen, so geschah von uns doch nur etwas, das deswegen gefiel, weil es sich nicht gehörte. [...]
    [4] Schau mein Herz an: Was suchte es dort, so dass ich freiwillig schlecht war und es keinen Grund für meine Schlechtigkeit gab als eben Schlechtigkeit?
  • Tertullian (Quintus Septimius Florens Tertullianus: Gegen Markion (Contra Marcionem ) II 6, 4f

    Der Kirchenvater Tertullians sieht die menschliche Freiheit der Entscheidung (libertas arbitrii) als den wichtigsten Grund für die Schöpfung an
    [1] Von Natur aus gut ist allein Gott. Denn wer das, was er ist, anfanglos besitzt, hat dies nicht durch ein Einrichten, sondern von Natur aus. [...]
    [2] Damit also der Mensch sein eigenes Gut besitze, als ein für ihn von Gott freigegebenes, und eine Eigenschaft bzw. in gewissem Sinne eine Natur des Guten entstehe, wurde ihm durch Einrichtung [...] die Freiheit und Macht der Entscheidung zugeschrieben, die bewirkte, dass vom Menschen aus eigenem Antrieb schon ein gleichsam eigentümliches Gut bereitgestellt wurde, weil dies der Gehalt der Güte erforderte, die freiwillig ausgeübt werden musste, nämlich aus der Freiheit der Entscheidung heraus.
  • Plotin: Enneade I 7 [54], 1, 7-10. 22-27; 2, 1f

    Ἐπιστροφή (<i>epistrophē</i>) – Das Eine bzw. Gute als Ziel für das Streben alles Seienden
    [1] Wenn also etwas nicht in Richtung auf etwas anderes aktiv ist, weil es [selbst] das Beste alles Seienden ist und jenseits des Seienden, die anderen aber in Richtung auf dieses [aktiv sind], dann ist klar, dass dieses das Gute ist, durch das auch den anderen ermöglicht wird, am Guten teilzuhaben. [...] Denn so ist es auch wirklich das, "wonach alles strebt" (Aristoteles, Nikomachische Ethik I 1, 1094a 3).
    [2] Es ist also nötig, dass es selbst feststeht, dass sich aber alles zu ihm zurückwendet, so wie ein Kreis zu dem Zentrum, von dem alle Linien ausgehen. Und ein Beispiel ist die Sonne, die wie ein Zentrum ist im Verhältnis zu dem von ihr stammenden Licht, das an ihr hängt; überall ist es also mit ihr und nicht von ihr abgetrennt. [...]
    [3] Wie aber richtet sich alles andere auf dieses hin? Nun, das Unbeseelte auf die Seele hin, die Seele aber durch den Geist auf dieses hin.
  • Abaelard, Peter: Antwort auf das 20. Problem Heloisas Bd. I (p. 271)

    Das Grundgebot der Vernunft, das Gute zu tun sowie auch das Böse zu lassen, wird bei Abaelard durch die Goldene Regel ausbuchstabiert
    Die beiden Vorschriften des Naturgesetzes beziehen sich auf die Nächstenliebe [...]. ,Was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, (das tut auch ihr ihnen)‘ (Matthäus 7, 12), meint Folgendes: Was ihr in eurem Gewissen billigt, dass es euch von den anderen geschehen soll. Denn keiner billigt im Gewissen, dass man ihm bei etwas Schlechtem zustimme, sondern bei dem, was er für gut hält und wert zu geschehen. [...] Auch das Wort des Tobias ,sieh zu, dass du das, wovon du hasst, dass es dir von einem anderen geschieht, einmal einem anderen antust‘ (Tobit 4, 16), beinhaltet durchaus ein Problem, weil nämlich jemand, der einen anderen aus Gerechtigkeit tötet, dies niemals von einem einem anderen her aushalten will. [...] Ihm wird deswegen vorgeschrieben, dass er das, wovon er hasst, dass es ihm geschieht, einem anderen nicht antut, weil dann, wenn er jemanden zu Recht tötet, dies eher Gott oder das Gesetz tut als ein Mensch.
  • Unbekannt: Buch vom reinen Guten (Liber de causis) § 8 [lat. 9]

    Der <i>Liber de causis</i> (9. Jhdt.; im 12. Jhdt. lateinische Übersetzung) präsentiert eine neuplatonische Darstellung der Lehre von der Weltentstehung im monotheistischen Kontext
    [1] Jeder Intellekt hat seine Dauerhaftigkeit und seinen Bestand durch das reine Gute (al-ḥair al-maḥṣ); dieses ist die erste Ursache (al-ʿilla al-ūlā).
    Die Kraft des Intellekts ist von stärkerer Einheit als die sekundären Dinge [...], ja, der Intellekt umfasst alle Dinge.
    Und der Intellekt ist nur so geworden von seiten der ersten Ursache, welche alle Dinge überragt, weil sie die Ursache des Intellekts, der Seele, der Natur und all der anderen Dinge ist. Die erste Ursache ist weder Intellekt noch Seele noch Natur, sondern sie ist über dem Intellekt, der Seele und der Natur, weil sie Urheberin sämtlicher Dinge ist, mit dem Unterschied, dass sie die Urheberin des Intellekts ist ohne irgendwelche Vermittlung, die Urheberin der Seele, der Natur und aller anderen Dinge hingegen durch die Vermittlung des Intellekts. Das göttliche Wissen ferner ist nicht wie das Wissen des Intellekts noch wie das Wissen der Seele, sondern es ist über dem Wissen des Intellekts und dem Wissen der Seele, weil es der Urheber der Wissensformen ist.
    [2] Die göttliche Kraft ist über jeder Intelligenz-, jeder Seelen und jeder Naturkraft, weil sie die Ursache jeder Kraft ist. Der Intellekt besitzt Schmuck (ḥilya), weil er Dasein (annīya) und Form ist; und ebenso hat auch die Seele Schmuck und die Natur Schmuck. Aber die erste Ursache hat keinen Schmuck, weil sie nur Dasein hat.
    Und wenn jemand sagt, sie müsse notwendig Schmuck haben, so erwidern wir: Ihr Schmuck ist ihre Unendlichkeit und ihr eigentümliches Wesen ist das reine Gute, welches alles Gute auf den Intellekt und durch die Vermittlung des Intellekts auf alle anderen Dinge ausströmen lässt (mufīḍ).