Das Ähnlich-Werden mit Gott als Ziel der platonischen Philosophie:
Sokrates: Deswegen ist es nötig, so schnell wie möglich von hier nach dort zu
fliehen. Die Flucht ist aber das Ähnlichwerden mit Gott, soweit es möglich ist.
Ähnlichwerden besteht aber darin, mit Klugheit gerecht und würdig zu werden. [...] Gott ist niemals auf irgendeine Weise ungerecht, sondern so gerecht wie nur irgend möglich, und nichts ist ihm ähnlicher als jemand von uns, der so gerecht wird wie möglich.
Die Definition des vorbildlichen Gottes als sittlich gut: Sokrates: Gott ist niemals auf irgendeine Weise ungerecht, sondern so gerecht
wie nur irgend möglich, und nichts ist ihm ähnlicher als jemand von uns, der so
gerecht wird wie möglich.
Die Ausgangsfrage von Platons Theaitet: Das Verhältnis von Veränderung
und Unveränderlichkeit
Sokrates: Haben wir nun nicht zuerst von den Alten das andersartige Problem
empfangen […], dass nichts feststehe? […] Beinah hätte ich
vergessen, o Theodoros, dass andere wiederum das genaue Gegenteil davon
behauptet haben […], dass alles eins ist und in sich feststeht, ohne einen Raum
zu haben, in dem es sich bewegt.
Platon im Theaitet über die Erkenntnisgegenstände für die Seele
Sokrates: Es wäre schlimm, mein Junge, wenn eine ganze Reihe
Wahrnehmungen in uns wie in einem hölzernen Pferd nebeneinanderlägen, dies
alles aber nicht in irgendeine Form, magst du sie nun Seele oder was immer
nennen, zusammenliefen, mittels derer wir durch diese wie durch Werkzeuge all
das wahrnehmen, was wahrnehmbar ist. […]. Und sage mir: das, wodurch du
Warmes, Hartes, Leichtes und Süßes wahrnimmst, rechnest du all das nicht dem
Körper zu? Oder etwas anderem?
Theaitet: Keinem anderen.
Platon im Theaitet über Identität, Differenz und ihre Feststellung
Sokrates: Vom Laut und von der Farbe, denkst du nicht von diesen beiden zuerst das, dass sie zweierlei sind?
Theaitet: Das denke ich.
Sokrates: Nicht auch, dass jedes von beiden vom anderen verschieden, mit sich selbst aber einerlei ist?
Theaitet: Freilich. […]
Sokrates: Wodurch denkst du dies alles über diese beiden? Denn weder durch den Gesichtssinn noch durch das Gehör ist es möglich, über sie das Gemeinsame über sie aufzufassen. […]
Theaitet: Du meinst ihr Etwas-Sein oder Nichtsein, ihre Ähnlichkeit und Unähnlichkeit, das Identisch- und Verschieden sein, ferner ob sie eins sind oder
eine andere Zahl. […] Die Seele scheint mir durch selbst das Gemeinsame in allen Dingen zu erforschen.
Der letzte Definitionsversuch von Wissen im Theaitet
Sokrates: Vielleicht möchte jemand ihn [die wahrhafteste Bedeutung von ,Wissen‘] nicht so definieren, sondern nach der noch übrigen von den drei Möglichkeiten, wovon eine, wie wir sagten, derjenige annehmen, welcher das Wissen als eine richtige Meinung in Verbindung mit einer Begründung definiert.
Theaitet: Richtig erinnerst Du Dich. [...] Was verstehst Du aber unter der dritten Möglichkeit?
Sokrates: Was die Menge sagen würde, dass man ein Merkmal angeben kann, wodurch sich das Gefragte von Allem unterscheide. [...] Wohlan denn, beim
Zeus, wie habe ich denn durch so etwas mehr dich gemeint als irgendeinen anderen. [...] Wenn ich mir nicht bloß einen Nase und Augen Habenden denke, sondern auch einen Krummnasigen und Glupschäugigen, werde ich dann mehr Dich denken als mich selbst und wer sonst noch so beschaffen ist?
Theaitet: Um nichts mehr. [...]
Das endgültige Scheitern der Definition von „Wissen“ in Platons Theaitet
Sokrates: Wenn auf der anderen Seite, Jungchen, mit dem Hinzufügen der Begründung ein Einsehen und nicht nur ein Meinen der Unterschiedlichkeit
gemeint wäre, dann wäre es eine herrliche Sache mit dieser Aussage über Wissen. Nicht wahr?
Theaitet: Ja.
Sokrates: Wer also gefragt wird, was Wissen ist, soll, wie es scheint, antworten, wahre Meinung mit einem Wissen über die Unterschiedlichkeit. [...]. Und das ist
doch auf alle Weise einfältig, wenn wir das Wissen untersuchen, zu sagen, es sei wahre Meinung verbunden mit Wissen, über den Unterschied oder über sonst etwas. Weder also die Sinneswahrnehmung, o Theaitet, noch die wahre Meinung noch die mit der wahren Meinung verbundene Erklärung kann Wissen sein.
Platon über die unpraktische Natur des Philosophen
Es wird erzählt, dass Thales, [...] als er astronomische Beobachtungen anstellte und dabei nach oben blickte, in einen Brunnen gefallen sei und dass eine witzige, reizende thrakische Magd ihn verspottet habe: Er strenge sich an, die Dinge im Himmel zu erkennen, das aber, was ihm vor Augen und vor den Füßen liege, bleibe ihm verborgen. Derselbe Spott richtet sich reichlich gegen alle, welche auf die Weise der Philosophie leben. Denn in der Tat, so jemandem bleibt der Nächste und der Nachbar verborgen, nicht nur, was er tut, sondern beinahe auch, ob er ein Mensch ist oder irgendein anderes Geschöpf. Aber was genau der Mensch ist und was dieser Natur als Unterschied von den anderen im Hinblick auf das Tun und Erleiden zukommt, das untersucht er und lässt es sich Mühe kosten, es zu erforschen.
Der ,Satz des Protagoras‘ (ca. 490-411 v. Chr.) in den Worten des platonischen Sokrates
Denn ich behaupte, dass sich die Wahrheit so verhalte, wie ich geschrieben habe, dass nämlich ein jeder von uns das Maß dessen sei, was ist und was nicht, dass sich aber gewiss der eine vom anderen darin gewaltig unterscheide, weil für den einen das eine da ist und zu sein scheint, für den anderen aber anderes.
Platon fasst die von Sokrates zuvor widerlegte These der Protagoreer zusammen
Sokrates [zum jungen Theaitet]: Wunderschön wurde von Dir also dargelegt, dass Wissen nichts anderes ist als Sinneswahrnehmung. Dabei fiel in dasselbe zusammen, dass sich – laut Homer, Heraklit und dieser ganzen Truppe – alles wie Flüssiges bewege und dass – laut dem allerweisesten Protagoras – der Mensch das Maß aller Dinge sei und das – gemäß Theaitet – die Sinneswahrnehmung, wenn das alles so ist, Wissen wird.
Platon charakterisiert die sogenannte , Maieutik‘ des Sokrates
Sokrates: Ja auch hierin geht es mir eben wie den Hebammen, ich gebäre keine Weisheit, und was mir bereits viele vorwarfen, dass ich andere zwar fragte, selbst aber nichts über irgendetwas ans Licht brächte, weil ich nämlich an Weisheit besäße, darin haben sie recht. Die Ursache davon ist aber diese: Geburtshilfe zu leisten zwingt mich der Gott, zu zeugen aber hat er mir verwehrt.