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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Thema: Das Seiende

12 Zitate zu diesem Thema im Zitatenschatz:

  • Eusebios von Kaisareia: Die Vorbereitung auf das Evangelium (Praeparatio Evangelica) 11, 9, 1-4

    Eusebios, Bischof von Kaisareia, findet in der Bibel Gottes Selbstvezeichung als „der Seiende“
    Wenn Moses in den heiligen Mysterien in der Person Gottes das Orakel ausspricht: ,Ich bin der Seiende. Dies sollst Du den Söhnen Israels sagen: Der Seiende hat mich zu Euch geschickt‘ (Exodus = 2 Moses 3, 14) und voraussetzt, dass Gott allein schlechthin seiend ist [...] und wenn wir infolgedessen das All in zwei Teile aufteilen, dass Geistige und das sinnliche Wahrnehmbare [...] – dann sieh, auf welche Weise Platon nicht nur den Verstand, sondern auch den Wortlaut und die Aussagen der Schrift der Juden nachahmt und sich an ihre Lehre anpasst.
  • Plotin: Enneade IV 8 [6], 6, 1-16

    Πρόοδος (Prohodos) – Das Eine als Quelle der Entstehung von alles Seiendem
    Wenn es nun notwendig ist, dass es nicht nur eines gibt – denn sonst wäre alles in ihm verborgen, ohne eine Gestalt zu haben, und nichts Seiendes existierte, während jenes in sich selbst ruht, und es gäbe die Menge dieses Seienden, das vom Ersten gezeugt wurde nicht [...] – dann war es auf dieselbe Weise auch notwendig, dass nicht nur die Seelen sind, ohne dass das von ihnen Erzeugte erscheint, weil ja jeder Natur dies innewohnt, dass sie das nach ihr Liegende bewirkt und sich entfaltet, so wie ein Same, der aus einem ungeteilten Anfang bis ans sinnlich wahrnehmbare Ziel voranschreitet. Dabei bleibt das Frühere immer an seinem eigenen Ort, das nach ihm Kommende [...] schreitet aber weiter, bis zum Letzten hin alles, soweit es möglich ist, gelangt durch eine Fähigkeit [...], die nichts zu sehen vermag, was an ihr keinen Teil hat.
  • Plotin: Enneade I 7 [54], 1, 7-10. 22-27; 2, 1f.

    Ἐπιστροφή (epistrophē) – Das Eine bzw. Gute als Ziel für das Streben alles Seienden
    Wenn also etwas nicht in Richtung auf etwas anderes aktiv ist, weil es das Beste alles Seienden ist und jenseits des Seienden, die anderen aber in Richtung auf dieses [aktiv sind], dann ist klar, dass dieses das Gute ist, durch das auch den anderen ermöglicht wird, am Guten teilzuhaben. [...] Denn so ist es auch wirklich das, ,wonach alles strebt‘ (Aristoteles, Nikomachische Ethik I 1, 1094a 3). Es ist also nötig, dass es selbst feststeht, dass sich aber alles zu ihm zurückwendet, so wie ein Kreis zu dem Zentrum, von dem alle Linien ausgehen. Und ein Beispiel ist die Sonne, die wie ein Zentrum ist im Verhältnis zu dem von ihr stammenden Licht, das an ihr hängt; überall ist es also mit ihr und nicht von ihr abgetrennt. [...] Wie aber richtet sich alles andere auf dieses hin? Nun, das Unbeseelte auf die Seele hin, die Seele aber durch den Geist auf dieses hin.
  • Proklos : Platonische Theologie (Theologia Platonica ) I 2 (p. 10f. Saffrey/Westerink)

    Der Aufstieg des Philosophen nach Proklos <br /><br />Proklos schildert eine typisch spätantike Vorstellung des Aufstiegs der Seele zur ersten Ursache durch mehrere Stufen, welche Teildisziplinen der Philosophie entsprechen
    [1] Der Hörer der vorliegenden Lehren soll geordnet sein durch die ethischen Tugenden und alle unedlen und unstrukturierten Bewegungen durch den Gehalt der Tugend gebunden haben. [...]
    [2] Er soll in allen logischen Zugängen geübt sein und viele unwiderlegbare Gedanken über die Analysen, viele auch über die diesen entgegengesetzten Dihairesen betrachtet haben. [...]
    [3] Drittens soll er neben diesen auch nicht ungeschult in der Physik sein und in deren vielgestaltigen Ansichten, damit er, wenn auch in den Abbildern, auf die richtige Weise die Ursachen des Seienden untersucht hat. [...]
    [4] Fest soll er die Auslegung der göttlichen seligen Lehren berührt haben [...], indem er sich mit unerschüttertem Verstand und der Kraft des unermüdlichen Lebens zum göttlichen Licht hindrängt.
  • Gregor von Nyssa: Predigten zum Buch Kohelet (Homiliae in Ecclesiasten) Gregorii Nysseni Opera 7, p. 406

    Der christliche Theologe Gregor von Nyssa über die Gotteserkenntnis
    Die folgende Entwicklung des Arguments führt die Seele zu etwas Größerem, zur Philosophie über das Seiende. Sie zeigt nämlich, dass alles miteinander verbunden ist und dass die Harmonie des Seienden keine Auflösung kennt, sondern dass es eine Art Zusammenatmen von allem miteinander gibt. [...] Im Sein bleibt aber alles, was durch die Kraft des wahrhaft Seienden beherrscht wird. Das wahrhaft Seiende ist aber die Güte selbst oder irgendeine noch höhere Bezeichnung, die sich vielleicht jemand für die unsagbare Natur ausdenkt.
  • Augustinus von Hippo: Die freie Entscheidung (De libero arbitrio ) 2, 20f. (p. 239, 6-240, 16 Green)

    Augustinus stellt die Frage nach der Selbstexistenz als Grundlage seiner Reflexionen über den Willen
    Augustinus: Zuerst frage ich dich, um vom Offensichtlichsten den Anfang zu nehmen, ob du selbst bist. Oder fürchtest du vielleicht, dass du in dieser Frage getäuscht wirst? Denn wenn Du nicht wärest, könntest du deswegen überhaupt nicht getäuscht werden.
    Evodius: Schreite ruhig zum Weiteren voran.
    A.: Weil also offensichtlich ist, dass du bist, und es dir nicht anders klar wäre, wenn Du nicht lebtest, ist auch dies klar, dass du lebst. Erkennst du, dass diese zwei am allerwahrsten sind?
    E.: Ganz und gar verstehe ich das.
    A.: Also ist auch dieses dritte offensichtlich, d.h. dass du erkennst.
  • Al-Fārābī : Die Prinzipien der Ansichten der Bewohner der vortrefflichen Stadt I, 1. 5

    Al-Fārābī über das erste Seiende als die eine erste Ursache
    Das erste Seiende (al-mawǧūd al-awwal) ist die erste Ursache für die Existenz von allem übrigen Existierenden. [...] Wenn das Erste in seiner Substanz unteilbar ist, so kann seine Existenz, durch die es sich von allem anderen Seienden unterscheidet, nichts anderes sein als das, wodurch es wesentlich (fī-ḏātihi) ist. Daher besteht der Unterschied zu allem anderen in der Einheit in seinem Wesen.
  • Al-Fārābī : Die Prinzipien der Ansichten der Bewohner der vortrefflichen Stadt I, 6

    Al-Fārābī umschreibt das eine erste Seiende als sich selbst denkenden Intellekt
    [1] Wenn aber eine Sache für sein Sein keine Materie braucht, dann ist sie in ihrer Substanz aktueller Intellekt (ʿaql bi-l fiʿl), und das ist der Status des Ersten. [...] Es ist Denkobjekt (maʿqūl), insofern es Intellekt ist, denn das, dessen Proprium Intellekt ist, dies ist das Denkobjekt, dessen Proprium Intellekt ist, und es benötigt, um Denkobjekt sein zu können, kein anderes Wesen außerhalb seiner selbst, das es denkt, sondern es selbst denkt sein Wesen. [...]
    [2] Der Mensch zum Beispiel, ist ein Denkobjekt, und das, was an ihm Denkobjekt ist, ist kein Denkobjekt in Wirklichkeit, sondern Denkobjekt in Möglichkeit, und wird Denkobjekt in Wirklichkeit, nachdem ein Intellekt es gedacht hat. [...] Der Intellekt, mit dem wir denken, ist nun nicht das, was unsere Substanz ausmacht. Das erste Seiende ist aber nicht so, sondern Intellekt, Denkendes und Denkobjekt haben in seinem Fall einen einzigen Gehalt und ein einziges Wesen und eine einzige unteilbare Substanz.
  • Thomas von Aquin: Summa theologiae I (Summa theologiae) I 48, 1 responsio

    Weil Gott gut ist, ist für Thomas von Aquin auch alles Seiende gut (im Sinne der <i>analogia entis</i>)
    Gut ist all das, was erstrebenswert ist; und weil jede Natur ihr Sein und ihre Vollkommenheit erstrebt, ist es folglich notwendig zu sagen, dass Sein und Vollkommenheit jedweder Natur den Gehalt der Gutheit hat. Daher kann es nicht sein, dass ,schlecht‘ irgendein Sein oder irgendeine Form oder Natur bezeichnet. Es bleibt also übrig, dass mit dem Nomen ,schlecht‘ eine bestimmte Abwesenheit vom Guten bezeichnet wird.
  • Pseudo-Dionysios Areopagita : Die göttlichen Namen (De divinis nominibus) I, 2; I, 3; I, 4, gekürzt ([1] p. 110, 2-4; 111, 12; 112, 4-6; 3-142, 2; [2] p. 115, 6-11 Suchla)

    Der christliche Platoniker Pseudo-Dionysios Areopagites möchte über die biblischen Bezeichnungen für Gott zur Transzendenz Gottes aufsteigen
    „[1] Über […] die überseiende und verborgene Gottheit darf man es nicht wagen zu sprechen, und auch nicht, etwas in Gedanken zu fassen jenseits dessen, was zu uns aus den heiligen Aussagen [= der Bibel] heraus gesprochen wurde […], zum Beispiel, dass sie […] das Leben des Lebendigen, das Sein des Seienden, Ursache jeglichen Lebens und Seins sowie Ursache durch ihre Güte, die alles Seiende in seinem Sein hervorbringt und zusammenhält. […]
    [2] Jetzt aber nutzen wir die eigentümlichen Symbole für das Göttliche und strecken uns aus ihnen, wiederum, auf die Weise der Analogie, zur einfachen und vereinten Wahrheit der göttlichen Betrachtungen hin aus und greifen, indem wir das gesamte von uns stammende Denken des Gottartigen beendigen, mit unseren Denkaktivitäten, soweit es uns zukommt, auf den überseienden Glanz zu, in dem alle Enden aller Erkenntnisse mehr als unsagbar vorausexistieren“.
  • Pseudo-Dionysios Areopagita : Mystische Theologie (De mystica theologia ) I 1. 2 (141, 3-142, 2; 143, 3-7 Ritter)

    Die negative Theologie nach Pseudo-Dionysios Areopagita (Antike Philosophie II)
    [1] Hier [bei Gott] sind die Geheimnisse der Theologie durch die das Licht übersteigende Dunkelheit des mystisch-geheimen Schweigens verdeckt. [...]
    [2] Bei ihr muss man, als von der Ursache von allem, alles vom Seienden Aussagbare einerseits zusprechen und bejahen, und alles andererseits, weil er oberhalb von allem ist, in noch höherem Maße verneinen. Und man darf nicht glauben, dass die Verneinungen den Bejahungen widersprechen, sondern dass das, was jenseits von allem Ab- und Zusprechen ist, weit früher als alle Mängel ist.
  • Justin: Dialog mit dem Tryphon (Dialogus cum Tryphone ) 1, 6-2, 1; 3, 4f.; 4, 1

    Der zum Christentum bekehrte Philosoph Justin erläutert, warum seine Konversion ein philosophischer Akt ist
    a) Tryphon: Welche Meinung hast Du aber über Gott und was ist Deine Philosophie? [...]
    b) Justin: Ich will Dir sagen, was mir richtig scheint. In Wahrheit ist nämlich die Philosophie das größte Besitztum und das wertvollste bei Gott, zu dem sie allein uns nahebringt und hinführt, und wahrhaft würdevoll sind die, die sich auf die Philosophie konzentrieren. [...] Die Philosophie [...] ist das Wissen um das Seiende und die Erkenntnis des Wahren, das Glücklichsein aber ist der Lohn für dieses Wissen und diese Weisheit.
    c) T.: Gott aber nennst Du was? [...] J.: Das, was immer auf die gleiche Weise und identisch ist und für alles andere die Ursache des Seins ist, dies ist Gott. [...] Aber das Göttliche [...], Väterchen, ist nicht mit den Augen selbst sichtbar, so wie die anderen Lebewesen, sondern allein mit dem Geist auffassbar, so wie es Platon sagt und wie ich von ihm überzeugt werde.