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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Thema: Sein

14 Zitate zu diesem Thema im Zitatenschatz:

  • Platon: Der Sophist (Sophista ) 244b-c

    Die These der Eleaten/des Parmenides zum Verhältnis von Sein und Einem
    Gast aus Elea: Dies also mögen sie uns beantworten: Ihr sagt, es sei nur eins? – Das sagen wir, werden sie sagen. Nicht wahr?
    Theaitet: Ja.
    Gast aus Elea: Was weiter? Nennt ihr etwas ,seiend‘?
    Theaitet: Ja.
    Gast aus Elea: Dasselbe wie eins, indem ihr zwei Worte für dasselbe braucht? Oder wie?
  • Platon: Der Sophist (Sophista ) 244d

    Das Verhältnis von Sein und Einem und die Identität der Ideen
    Gast aus Elea: Nimmt man die Bezeichnung als etwas von dem Ding verschiedenes, so benennt man eine Zweiheit.
    Theaitet: Ja.
    Gast aus Elea: Nimmt man aber die Bezeichnung als dasselbe wie jenes, wird man entweder gezwungen sein zu sagen, sie sei die Bezeichnung von nichts, wenn er aber sagen will, sie [sei die Bezeichnung von] etwas, so wird herauskommen, dass die Bezeichnung nur Bezeichnung einer Bezeichnung ist, und von nichts anderem.
  • Platon: Der Sophist (Sophista ) 254d-e

    Der Gast aus Elea entwickelt in Platons <i>Theaitet</i> die fünf höchsten Gattungen des Seienden
    Gast aus Elea: Die größten der Gattungen, welche wir vorher durchgegangen sind, sind doch wohl 'seiend' selbst und Ruhe und Bewegung.
    Theaitet: Bei weitem.
    Gast aus Elea: Und die zwei, sagen wir doch, sind miteinander ganz völlig unvermischbar?
    Theaitet: Völlig.
    Gast aus Elea: Das Sein aber vermischbar mit beidem. Denn beide sind ja irgendwo.
    Theaitet: Wie sollten sie nicht!
    Gast aus Elea: Das wären also drei.
    Theaitet: Ja, und?
    Gast aus Elea: Jedes von ihnen ist also verschieden von den zwei anderen, mit sich selbst aber identisch?
    Theaitet: So ist es.
    Gast aus Elea: Was haben wir jetzt wieder gesagt? 'Identisch' und 'verschieden'? Sind sie auch wieder zwei Gattungen, die andere sind als die drei genannten, sich aber notwendigerweise mit ihnen immer vermischen, und über fünf, aber nicht über drei ist zu achten, weil sie gegeben sind?
  • Thomas von Aquin: Über das Seiende und das Wesen (De ente et essentia) I 3

    Thomas von Aquin (1225-1274) bemüht sich, verschiedene Begriffe in Einklang zu bringen
    Das Substantiv ,essentia‘ wird von den Philosophen in den Begriff ,Washeit‘ abgewandelt. Und eben dies ist, was der Philosoph häufig das ,Was-es-war-Sein‘ nennt, das heißt das, wodurch etwas hat, ein ,was‘ zu sein. Dies heißt aber auch ,Form‘, sofern mit ,Form‘ die ,certitudo‘ eines Dings gemeint ist. Mit noch einem anderen Substantiv heißt es ,Natur‘ [...], sofern nämlich ,Natur‘ all jenes heißt, ,was vom Verstand auf irgendeine Weise erfasst werden kann‘ (Zitat aus Boethius). [...] Das Substantiv ,Natur‘ scheint in dieser Anwendung eher die essentia einer Sache zu bezeichnen, sofern es eine Hinordnung zum eigentlichen Wirken der Sache hat [...]. Das Substantiv ,Washeit‘ hingegen bezieht sich auf das, was durch die Definition bezeichnet wird. Von ,essentia‘ spricht man jedoch, sofern durch es und in ihm das Seiende Sein hat.
  • Ibn Sīnā (Avicenna): Metaphysik (Buch der Genesung) I 5 § 22. 24 (p. 35f. Cairensis)

    Avicenna erklärt die Begriffe ,notwendig‘ und ,möglich‘
    [1] Es ist für uns gewiss ebenfalls zu schwer, den Inhalt von ,notwendig‘, ,möglich‘ und ,unmöglich‘ durch eine die Wesenheit angebende Definition (taʿrīf muḥaqqiq) zu bestimmen, sondern das geht nur mittels eines Hinweises. Alles, was über die Definition von ihnen in dem gesagt wurde, was dich von den antiken Philosophen erreichte, endet quasi notwendigerweise in einem Zirkel. [...] Wenn sie ,möglich‘ definieren wollten, zogen sie entweder ,notwendig‘ oder ,unmöglich‘ zu seiner Definition heran [...], und wenn sie ,notwendig‘ definieren wollten, zogen sie zu seiner Definition entweder ,möglich‘ oder ,unmöglich‘ heran. [...]
    [2] Aber das erste dieser drei, insofern davon zuerst ein Begriff gebildet wird, ist ,notwendig‘ (wāǧib). Das liegt daran, dass ,notwendig‘ die Festigkeit der Existenz bezeichnet, und die Existenz ist bekannter als die Nicht-Existenz, weil die Existenz in sich selbst erkannt wird, während die Nicht-Existenz irgendwie durch die Existenz erkannt wird.
  • Thomas von Aquin: Summa theologiae I (Summa theologiae) I 13, 5 responsio

    Thomas von Aquin erklärt die analogia entis, d.h. warum das Wort „sein“ „analog“ gebraucht wird
    [1] Einiges wird von Gott und den Kreaturen analog, und nicht rein äquivok und auch nicht rein univok ausgesagt. Denn wir können Gott nur aus den Geschöpfen heraus benennen. [...]
    [2] Alles, was von Gott und den Geschöpfen ausgesagt wird, wird vor dem Hintergrund ausgesagt, dass eine bestimmte Ordnung des Geschöpfs zu Gott hin besteht, gleichwie zum Ursprung und zur Ursache, in der alle Vollkommenheiten der Dinge auf herausragende Weise vorweg existieren.
    [3] Und diese Art der Verbundenheit steht in der Mitte zwischen reiner Äquivokation und einfacher Univokation. [...] Ein Begriff, der so auf verschiedene Weise ausgesagt wird, bezeichnet verschiedene Verhältnisse zu einem bestimmten Einen.
  • Parmenides von Elea: Fragmente Über die Natur; 28B 3

    Die Einheit von Denken und Sein nach Parmenides
    Dasselbe ist das Denken [von etwas] und [sein] Sein.
  • Parmenides von Elea: Fragmente Über die Natur; 28B 8, Z. 34-39

    Parmenides entwickelt Grundlagen eines korrespondenztheoretischen Wahrheitsbegriffs
    Dasselbe ist das Denken und wovon es einen Gedanken gibt. Denn nicht ohne das Seiende, in dem es als Ausgesagtes ist, wirst Du das Denken finden. Nichts nämlich ist oder wird sein ein anderes neben dem Seienden, weil das Geschick verfügt hat, dass es als ganzes unveränderlich ist. Hiernach wird alles benannt, was die Sterblichen ansetzten, im Vertrauen darauf, dass es wahr sei.
  • Parmenides von Elea: Fragmente Über die Natur; 28B 8, Z. 3-8

    Parmenides über die Ewigkeit des Seienden
    So wie das Seiende nicht hervorgebracht ist, so ist es auch unzerstörbar, einzig, aus einem Glied, unerschütterlich und unvollendbar, weder war es, noch wird es sein, da es jetzt alles zugleich ist, eins, zusammenhängend. Denn was wirst Du als seinen Zeuger aufsuchen? Wie, woher ist es gewachsen? Auch dass es aus nicht seiendem ist, werde ich Dich weder sagen noch denken lassen. Denn das lässt sich weder sagen noch denken.
  • Proklos : Theologische Elementarlehre (Elementatio theologica) 189 und 191

    Proklos stellt die Seele als lebensspendende Instanz an der Grenze von Ewigem und Zeitlichem dar
    189. Jede Seele ist an sich lebend.
    Denn wenn sie zu sich selbst zurückgewendet ist, alles zu sich selbst Zurückgewendete aber selbstkonstitutiert, dann ist also auch die Seele selbstkonstituiert und bringt sich selbst ins Bestehen. Aber gewiss ist sie auch Leben und lebendig. […] Denn auch dem, bei dem sie gegenwärtig ist, verleiht sie durch ihr Da-Sein das Leben. Und wenn das Teilhabende geeignet ist, wird es sofort beseelt und lebendig, ohne dass die Seele denken oder wählen würde. […]
    191. Jede Seele, an der etwas teilhat, besitzt das Sein als ewiges, die Aktivität aber auf zeitliche Weise. […]
    Es bleibt also, dass jede Seele in einer Hinsicht ewig ist, in einer anderen aber an der Zeit teilhat. Entweder ist sie dem Sein nach ewig, der Aktivität nach aber an der Zeit teilhabend, oder umgekehrt. Letzteres ist aber unmöglich. Jede Seele, an der etwas teilhat, besitzt das Sein als ewiges, die Aktivität aber auf zeitliche Weise.
  • Parmenides von Elea: Fragmente Über die Natur; 28B 6, Z. 7-9

    Parmenides’ Kritik an Heraklit
    Taub wie blind, verblüfft, unverständige Völker, sind die, denen das Sein und das Nichtsein als dasselbe und auch wieder nicht als dasselbe gilt und für die es einen Weg gibt, auf dem alles in sein Gegenteil umschlägt.
  • Gorgias von Leontinoi: Über das Nichtseiende, Fragment 3 Fragment 3; S. 40-43 Buchheim

    Die Negation des (parmenideischen) Seins durch den Sophisten Gorgias (ca. 480-380 v. Chr.)
    Er behauptet, dass gar nichts sei; wenn doch etwas sei, sei es unerkennbar; wenn aber doch etwas sowohl ist als auch erkennbar ist, sei es jedoch anderen nicht zu verdeutlichen. […] Wenn nämlich das Nichtsein Nichtsein ist, ist das Nichtseiende gewiss um nichts weniger als das Seiende. Denn das Nichtseiende ist nichtseiend, und das seiende seiend. […] Wenn aber das Nichtsein ebenso ist, dann ist, sagt er, das Seiende nicht, als dessen Gegenteil. […] Wenn aber dasselbe sind, ist auch so gewiss nichts. Denn das Nichtseiende ist nicht, und ebenso das Seiende, weil es ja dasselbe ist wie das Nichtseiende.
  • Ibn Sīnā (Avicenna): Metaphysik (Buch der Genesung) I 5 § 8-11. (p. 31f. Cairensis)

    Avicenna erklärt und begründet den Unterschied von Existenz und Essenz
    [1] ,Existent‘ (mawğūd), ,positiv bestehend‘ und ,wirklich seiend‘ sind synonyme Begriffe, die eine Bedeutung haben – und unzweifelhaft ist ihre Bedeutung in der Seele desjenigen präsent, der dieses Buch liest. ,Etwas‘ (šayyʾ) und das, was gleichbedeutend ist, hat gewiss in allen Sprachen eine andere Bedeutung; denn jedes Ding hat eine Wesenheit (ḥaqīqa), durch die es das ist, was es ist (so hat ein Dreieck die Wesenheit, ein Dreieck zu sein, und etwas Weißes die Wesenheit, weiß zu sein), und diese nennen wir manchmal die „spezifische Existenz“, ohne dass dadurch die Bedeutung „positiv bestehende Existenz“ bezeichnet würde. [...] Es ist klar, dass jedes ,Ding‘ eine spezifische Wesenheit besitzt, nämlich seine Washeit (māhīya). Es ist zugleich bekannt, dass die für jedes ,Ding‘ spezifische Wesenheit verschieden ist von der Existenz, die synonym ist mit positivem Bestehen.
    [2] Der Grund dafür ist folgender: Wenn Du sagst, "die Wesenheit von diesem oder jenem existiert entweder in den Einzeldingen oder in den Seelen oder absolut genommen, indem letzteres die ersten beiden umschließt", dann kommt dem eine bestimmte verständliche Bedeutung zu. Wenn Du aber sagen würdest: "die Wesenheit von diesem oder jenem ist die Wesenheit von diesem oder jenem", oder: "Die Wesenheit von diesem oder jenem ist eine Wesenheit", so ist dies eine Tautologie, die keine neue Kenntnis verleiht.
  • Ibn Sīnā (Avicenna): Metaphysik (Buch der Genesung) I 7, § 14 (p. 47 Cairensis)

    Avicenna folgert, dass die Existenz als etwas Mögliches (d.h. Denkbares) ewig besteht
    Was das Mögliche betrifft, so ist hieraus seine Besonderheit klar geworden, und zwar dass es unbedingt eines anderen bedarf, dass es zu einem im Akt existierenden macht. Alles, was im Hinblick auf die Existenz möglich (mumkin al-wuğūd) ist, das ist hinsichtlich seines Wesens ewig ein möglich Existierendes. Aber manchmal stößt es ihm zu, dass seine Existenz durch etwas anderes notwendig wird. Dies stößt ihm nun entweder ewig zu, oder die Notwendigkeit seiner Existenz stammt von einem anderen auf nicht ewige Weise, sondern zu einer Zeit, aber nicht zu einer anderen Zeit.