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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Thema: Ethik

9 Zitate zu diesem Thema im Zitatenschatz:

  • Abaelard, Peter: Dialog zwischen einem Juden, einem Philosophen und einem Christen (Collationes) II, nr. 67

    Peter Abaelard diskutiert in seinem Dialog das Verhältnis von Ethik und Theologie
    a) Christ: Nun brechen wir schließlich, wie ich es auffasse, zum Ziel und zur Vollendung aller Disziplinen auf, die ihr gewöhnlich Ethik, d.h. Morallehre, wir Theologie nennen. Dabei nennen wir sie nämlich nach dem so, zu dessen Erreichen gestrebt wird, d.h. nach Gott, ihr aber nach dem, wodurch dorthin gelangt wird, d.h. nach den guten Sitten, die ihr Tugenden nennt.
    Philosoph: Ich stimme dem zu, was auf der Hand liegt, und billige die neue Benennung durch euren Namen durchaus. Weil ihr nämlich das, zu dem hin gelangt wird, für würdiger haltet als das, wodurch der Fortschritt entsteht, und weil angelangt sein glücklicher ist als fortschreiten, ist diese Benennung durch euren Namen ehrenvoller und zieht den Leser vom Ursprung der eigenen Herleitung her ganz besonders an. Wenn sie in der Lehre so herausragt wie im Worte, dann ist ihr, denke ich, keine Disziplin zu vergleichen.
    b) Jetzt wollen wir also, wenn es recht ist, dass Du festsetzt, worin die Summe der wahren Ethik besteht und was wir aus dieser Disziplin betrachten sollen und wodurch, wenn es denn erlangt ist, ihre Intention vollendet sein wird. Christ: Wie ich meine, lässt sich die Summe dieser Disziplin darin zusammenfassen, dass sie erklärt, was das höchste Gut ist und auf welchem Weg wir dorthin gelangen können.
  • Diogenes Laertios: Leben der Philosophen (Vitae philosophorum) VII 85-88 = SVF III, 178 = Long-Sedley 57A, 63C

    Was es für die Stoiker heißt, gemäß der Natur zu leben (Antike Philosophie I)<br /> Der Philosophiehistoriker Diogenes Laertios erklärt den Zusammenhang von stoischer Ethik und Theologie
    Die Stoiker sagen, dass der primäre Impuls für jedes Lebewesen die Selbsterhaltung ist, weil dieses der Natur von Anfang an zu eigen ist, wie Chrysipp sagt [...], wobei er das primär Eigentümliche für jedes Lebewesen dessen eigene Verfasstheit und das Bewusstsein von ihr nennt. [...] Und weil den rationalen Wesen die Vernunft gemäß einer vollendeteren Anleitung gegeben ist, ist für diese das Leben nach der Vernunft zu Recht der Natur entsprechend. Denn die Vernunft kommt für sie als Hersteller des Impulses hinzu. [...] Deswegen gab [...] Zenon [...] als Ziel das Leben in Übereinstimmung mit der Vernunft an, d.h. das Leben gemäß der Tugend. Denn zu dieser leitet uns die Natur. [...] Das Leben in der Nachfolge der Natur [...] bezieht sich [nach Chrysipp] sowohl auf die eigene als auch auf die aller Dinge, wobei wir nichts tun, was das allgemeine Gesetz üblicherweise verbietet, d.h. die rechte Vernunft, die durch alles hindurchgeht, die dasselbe ist wie Zeus, der der Beherrscher des gesamten Haushalts des Seienden ist.
  • Diogenes Laertios: Leben der Philosophen (Vitae philosophorum) 7, 39f.

    Der Philosophiehistoriker Diogenes Laertios (3. Jh.) über die Teile der Philosophie
    Sie sagen, die der Philosophie entsprechende Struktur sei dreiteilig. Eines von ihr sei nämlich naturphilosophisch, ein anderes ethisch, ein drittes logisch. [...] Sie vergleichen aber die Philosophie mit einem Lebewesen, wobei sie die Logik mit den Knochen und Nerven gleichsetzen, die Ethik mit den fleischlichen Teilen, die Physik aber mit der Seele. Oder auch mit einem Ei: Das Äußere sei die Logik, das danach die Ethik, das Innerste die Physik
  • Origenes: Kommentar zum Hohelied (In Canticum canticorum, prooemium) S. 75, 6-23

    Der Kirchenvater Origenes (ca. 185-254; Alexandria und Palästina) erläutert die Teile der Philosophie
    Die allgemeinen Disziplinen, durch die man zum Wissen der Dinge gelangt, sind drei, die die Griechen [i.e. die paganen Philosophen] Ethik, Physik und Enoptik nannten [...]. Einige der Griechen setzten die Logik [...] an die vierte Stelle. Andere sagten, sie sei nicht eigenständig, sondern den drei Disziplinen, die wir oben genannt haben, eingefügt und verbunden [...]. Ethik aber wird die genannt, durch die eine ehrbare Lebensweise angepasst wird und Regeln, die zur Tugend hinneigen, vorbereitet werden. Naturwissenschaft wird die genannt, in der die Natur jeder Sache erörtert wird, damit nichts im Leben gegen die Natur getan wird, sondern ein jedes dem Zweck zugeführt wird, zudem es vom Schöpfer hergestellt wurde. Enoptik wird die genannt, durch die wir, wenn wir das Sichtbare überstiegen haben, etwas vom Göttlichen und Himmlischen betrachten und allein mit dem Geist anschauen
  • Aristoteles: Nikomachische Ethik (Ethica Nicomachea) I 1, 1095a 2-8

    Aristoteles über das Erfahrungsproblem: Warum junge Menschen schlecht Ethik lernen können
    Aus diesem Grund ist jemand Junges kein geeigneter Hörer der politischen [Wissenschaft]; denn sie sind unerfahren in den Handlungen, aus denen das Leben besteht; die Argumente gehen von diesen aus und betreffen diese; ferner wird jemand, der den Affekten folgt, sie vergeblich und ohne Nutzen hören, denn das Ziel ist ja nicht ein Erkennen, sondern ein Handeln. Dabei ist es gleichgültig, ob sie jung an Jahren oder unreif an Charakter sind; ihre Unzulänglichkeit liegt nicht an der Zeit, sondern daran, dass sie dem Affekt nach leben und jedes Einzelne verfolgen.
  • Aristoteles: Nikomachische Ethik (Ethica Nicomachea) I 1, 1094a 1-5

    Aristoteles steckt durch die Begriffe „gut“ und „Ziel“ den Rahmen der Ethik ab
    Jede Fertigkeit und jedes wissenschaftliche Vorgehen, ebenso jedes Handeln und jede Vorzugswahl scheint nach etwas Gutem zu streben. Deshalb hat man ,gut‘ zu Recht erklärt als ,das, wonach alles strebt‘. Doch zeigt sich ein Unterschied zwischen den Zielen. Einige sind Tätigkeiten, andere über sie hinaus bestimmte Produkte.
  • Aristoteles: Nikomachische Ethik (Ethica Nicomachea) I 6, 1098a 12-18

    Aristoteles sogenanntes Ergon-Argument bildet die Grundlage seiner Ethik
    Wir nehmen aber als Funktion [ergon] des Menschen [...] eine Tätigkeit der Seele und mit Vernunft verbundene Handlungen an, als diejenige des guten Mannes aber dasselbe in guter und schöner Weise, wobei ein jedes entsprechend der eigentümlichen Tugend gut verrichtet wird. Wenn es sich so verhält, dann erweist sich das Gut für den Menschen als eine Tätigkeit der Seele gemäß der Tugend, und wenn es mehrere Tugenden gibt, gemäß der besten und vollendetsten.
  • Gregor Thaumaturgos : Dankrede an Origenes (Oratio prosphonetica ad Origenem ) IX 115-117

    Gregor über die Ethik als Höhepunkt der Philosophie
    Das aber, das von allem das Wichtigste ist und um dessentwillen sich die gesamte Gruppe der Philosophen anstrengt, die [...] aus einer langen Beschäftigung mit allen anderen Lehrgebieten und mit der Philosophie edle Früchte erntet, sind die göttlichen Tugenden, die das Ethos betreffen, aus denen die Antriebe der Seele in einen unerschütterlichen und gefestigten Zustand versetzt werden. Er wollte uns sowohl frei von Leid als auch unempfindlich gegen alles Übel, ausgeglichen, gefestigt sowie wahrhaft gottähnlich und selig machen. Hierum bemühte er sich mit eigenen Worten über unseren Charakter und unser Verhalten, die beruhigend und weise, aber auch sehr zwingend waren. Und nicht nur durch Worte, sondern in gewisser Weise bereits auch durch Taten lenkte er unsere Antriebe, und zwar durch die Betrachtung und Prüfung der Antriebe und Leidenschaften der Seele.
  • Aspasios : Kommentar zur Nikomachischen Ethik p. 1, 1-11

    Möglich wird die aristotelische Ausformulierung einer platonischen Position, indem man an die Vorstellung älterer Aristoteliker anschließt, z.B. dem platonisierenden Aspasios in seinem Kommentar zur Nikomachischen Ethik
    Die Behandlung der Sitten, und insbesondere die Politik, ist im Hinblick auf die Notwendigkeit früher als die theoretische Philosophie, im Hinblick auf die Ehrwürdigkeit später. Denn insofern es unmöglich ist, gut zu leben, wenn man nicht besonnen und gerecht ist und überhaupt gut verfasst im Hinblick auf den Charakter und die Leidenschaften der Seele in eine gewisse Symmetrie gebracht hat, insofern erscheint die Politik und Ethik notwendig und deswegen früher zu sein [...]. Insofern aber die Weisheit über das Ehrwürdigste und Göttlichste handelt und die Werke der Natur betrachtet sowie noch Weiteres, viel Besseres und Bedeutenderes als das, was aus der Natur existiert (dies betrachtet die Erste Philosophie), insofern wird die theoretische Philosophie früher und ehrwürdiger genannt werden.