Die Theologie als Abschluss der philosophischen Ausbildung
Wie könnte ich wohl neben all seinem sonstigen Fleiß und Arbeitseifer seine Lehre und Gewissenhaftigkeit in Bezug auf die Theologie in meiner Rede weiter schildern und in die Grundhaltung dieses Mannes eindringen, mit welcher Einsicht und Vorbereitung er wollte, dass wir alle Inhalte über das Göttliche gründlich studierten, weil er darum besorgt war, dass wir keine Gefahr in Bezug auf das Allernotwendigste liefen, die Erkenntnis der Ursache von allem. Denn er forderte, dass wir Philosophie treiben, indem wir mit ganzer Kraft alle vorhandenen Schriften der alten Philosophen und Dichter lasen [...] außer denen der Atheisten.
Maimonides über die philosophischen Möglichkeiten der Theologie
[1] Ich stellte fest, dass die Methode aller Mutakallimūn der Art nach eine einzige Methode ist, [...] weil das Prinzip von allen die Nichtbeachtung der Existenz, so wie sie ist, darstellt, da diese eine Gewohnheit sei, zu der im Verstand etwas Verschiedenes möglich sei. [...] Wenn festgestellt wurde, dass die Welt neu entstanden (muḥdaṯ) sei, wurde festgestellt, dass sie einen Hersteller (ṣāniʿ) habe, der sie neu gemacht habe. [...] Nun ist dies kein gültiger Beweis (burhān qatʿī), außer für jemanden, der nicht den Unterschied zwischen dem Beweis, der Dialektik und einem Fehlschluss kennt. [...] Bei all diesen Argumentationen (adilla) gibt es Zweifel, und in ihnen werden Prämissen verwendet, die nicht bewiesen sind.
[2] Meiner Meinung nach ist das Ziel der Fähigkeit eines argumentativ vorgehenden Gesetzesgelehrten, dass er die Argumentationen (adilla) der Philosophen für die Ewigkeit [der Welt] entkräftet; [...] schließlich weiß jeder scharfsinnige, argumentativ vorgehende Theoretiker, der sich selbst nicht betrügt, dass zu dieser Frage – ich meine bezüglich der Ewigkeit der Welt oder ihres Neugemachtseins – ein gültiger Beweis nicht erbracht werden kann und dass der Verstand vor ihr stehenbleibt.
Der jüdische Denker Yūsuf al-Baṣīr (9. Jhdt.), begründet, im Einklang auch mit vielen Muslimen, ein rationales Vorgehen auch bei Anerkennung prophetischer Verkündigung
Die Zustimmung zu dem, was die Propheten – der Friede sei mit ihnen – verkündigten, darf nicht zurückgewiesen werden. Deshalb ist die Untersuchung (naẓar) ihrer Wunderzeichen notwendig. Der Charakter, den das Wunderzeichen als ein Hinweis auf Wissen besitzt, ist sein Herabkommen von [Gott] dem Weisen, dessen Absicht es ist, durch dieses Geschehen [den Propheten] zu beglaubigen. [...] Es wäre aber absurd, wenn wir die Bekräftigung hiervon auf den Anspruch des Propheten selbst zurückführen würden, denn das Wissen über seine Richtigkeit hängt ab vom Wissen (ʿilm) über die bestätigende Weisheit [Gottes].
Die Notwendigkeit von Theologie – eine Position aus der jüdischen Muʿtazila
[Gott] hat unseren Verständen eingepflanzt und verpflichtend gemacht, die Tatsachen zu untersuchen, welche auf sein Bestehen hinweisen und zu dem Wissen über sein Wesen führen. [...] Wer die Untersuchung unterlässt, weil es ihm schwierig erscheint, der verharrt in Untätigkeit, und wer sich damit zufriedengibt, der versündigt sich an seiner Seele.
Der Gottesbeweis der Muʿtaziliten stellt eine Variante des kosmologischen Gottesbeweises dar
Gott der Erhabene ist nicht sichtbar. Somit ist der Weg, Ihn zu erkennen, Sein Handeln, im Vergleich zu welchem es uns unmöglich ist, etwas ähnliches wie er zu erzeugen, zum Beispiel Körper und dergleichen mehr. Es ist zwingend, dass wir zuerst das Neuentstanden-Sein (ḥudūṯ) dieser Dinge erkennen und danach deren Abhängigkeit von einem weisen Neuerschaffer (muḥdiṯ) erweisen.
Yūsuf al-Baṣīr entwickelt einige begriffliche Klärungen, um den muʿtazilitischen Gottesbeweis vorzubereiten
(1) Über das Bestehen des Neu-Machers. Der Beweis hierfür beruht auf vier Grundsätzen, wovon einer lautet: Es gibt Neu-Entstandenes. Der zweite von ihnen lautet: Dies benötigt uns für seine Neu-Entstehung. Der dritte von ihnen lautet: Die Ursache dafür, dass es uns benötigt, ist sein Sein als Neu-Entstandenes. Der vierte von ihnen lautet: Der Körper hat mit diesen das Neu-Entstandensein gemeinsam, folglich muss er mit ihnen auch das Benötigen eines Herstellers gemeinsam haben. [...]
(2) Der Unterschied zwischen unserem Aufstehen und der Größe unseres Körpers ist zwingend bekannt. Denn wenn wir nicht aufstehen wollen, dann bleibt das Sitzen bestehen, vorbehaltlich normaler Bedingungen. Anders hingegen bei etwas, das wir zwingend vorfinden, wie etwa die Farbe oder die Körpergröße.
Ein muʿtazilitischer Beweis für die Einzigkeit Gottes
Würde es neben Gott einen zweiten geben, dann müssten dessen Attribute mit Seinen Attributen identisch sein, und zwar deshalb, weil diese auf ihn selbst zurückzuführen sind und nicht auf eine Ursache. Denn der [göttliche] Wille [...] ist nicht etwa bei einer der beiden Gottheiten spezifisch vorhanden und bei der anderen nicht.