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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Thema: Gerechtigkeit

15 Zitate zu diesem Thema im Zitatenschatz:

  • Epikur: Gültige Sentenzen (Ratae sententiae) 31-34 = LS 22A

    Epikurs Vertragstheorie der Gerechtigkeit
    Das von Natur aus Gerechte ist eine Übereinkunft über das Zuträgliche darüber, einander nicht zu schädigen und nicht geschädigt zu werden. Nichts ist gerecht und nichts ungerecht in Bezug auf die Lebewesen, welche nicht in der Lage waren, Verträge darüber einzugehen, einander nicht zu schädigen und nicht geschädigt zu werden. Gerechtigkeit war niemals an sich etwas, sondern sie ist ein bestimmter Vertrag darüber, nicht zu schädigen und nicht geschädigt zu werden, der stets im Verkehr der Menschen untereinander an beliebigen Orten zustandekommt.
  • Epikur: Gültige Sentenzen (Ratae sententiae) 37 = LS 22B

    Epikur über die Bedingungen gültiger Gesetze
    Von dem, was als gerecht angesehen wird, muss dasjenige den Platz des Gerechten einnehmen, wovon sich bestätigt, dass es den Erfordernissen der Gemeinschaft miteinander zuträglich ist, ob es nun für alle dasselbe ist oder nicht. Wenn aber jemand ein Gesetz erlässt und dieses nicht im Sinne des für die Gemeinschaft miteinander zuträglichen wirkt, hat dieses nicht länger die Natur des Gerechten. Und falls das, was im Sinne des Gerechten zuträglich ist, sich ändert, aber doch einige Zeit zu dem Vorbegriff passt, so war es in dieser Zeit um nichts weniger gerecht.
  • Cicero: Die Gesetze (Cicero) (De legibus) II 11f

    Cicero entwickelt auf einer stoischen Grundlage eine äußerst einflussreiche Lehre darüber, dass Gesetze, die diesen Namen verdienen, gerecht sein müssen (Gesetz und Gewissen)<br /> Cicero über Bedingungen für die Gerechtigkeit menschlicher Gesetze (Antike Philosophie II)
    [1] So wie jener göttliche Verstand das höchste Gesetz ist, ebenso ist es, wenn eines im Menschen perfekt ist, im Verstand des Weisen.
    [2] Dasjenige aber, was verschiedenartig und zeitweise von den Völkern [als Gesetze] niedergelegt wurde, trägt die Bezeichnung ,Gesetze‘ eher aus Gutmütigkeit als der Sache wegen. Denn dass jedes Gesetz, das zu Recht ,Gesetz‘ genannt werden kann, lobenswert ist lehrt man mit in etwa solchen Argumenten. Es stehe fest, dass die Gesetze zum Heil der Bürger und zur Unversehrtheit der Staaten sowie zu einem ruhigen und glückseligen Leben der Menschen erfunden worden seien. [...]
    [3] Ich frage Dich also, Quintus, so wie diese Leute es zu tun pflegen: Wenn ein Staat kein solches [Gesetz] hat, ist er [nicht] aus genau dem Grund, dass er es nicht hat, geringzuschätzen, und ist dieses Gesetz unter die Güter zu rechnen?
  • Augustinus von Hippo: Bekenntnisse (Confessiones) II 9

    Augustinus beschreibt die absolute Verkommenheit seines Willens als Jugendlicher
    Gewiss, o Herr, bestraft dein Gesetz den Diebstahl, und das Gesetz, das in die Herzen der Menschen geschrieben ist, welches nicht einmal die Ungerechtigkeit selbst zerstört. [...] Und ich wollte einen Diebstahl begehen, und ich beging ihn, von keiner Not gezwungen, es sei denn von Armut und Überdruss an Gerechtigkeit und durch die Mästung mit Ungerechtigkeit. Denn ich habe etwas gestohlen, was ich im Übermaß hatte und auch viel besser, und ich wollte auch nicht das genießen, was ich durch den Diebstahl erstrebte, sondern den Diebstahl selbst und die Sünde. In der Nachbarschaft unseres Weinbergs stand ein Birnbaum, beladen mit Früchten, die weder durch Form noch durch Geruch anlockten. Um ihn leerzuschütteln und abzuernten brachen wir verruchten jungen Kerle in einer windlosen Nacht auf [...] und trugen von dort gewaltige Lasten fort, nicht als unsere eigene Speise, sondern eher, um sie den Schweinen vorzuwerfen. Selbst wenn wir etwas davon aßen, so geschah von uns doch nur etwas, das deswegen gefiel, weil es sich nicht gehörte. [...] Schau mein Herz an: Was suchte es dort, so dass ich freiwillig schlecht war und es keinen Grund für meine Schlechtigkeit gab als eben Schlechtigkeit?
  • Aristoteles: Nikomachische Ethik (Ethica Nicomachea) V [= Eudemische Ethik IV] 3, 1129b 11-17

    Aristoteles über den generellen Zusammenhang von Gesetz und Gerechtigkeit
    Weil nun der Gesetzesbrecher als ungerecht galt und der sich gesetzesgemäß Verhaltende als gerecht, so ist klar, dass alles Gesetzesgemäße in gewisser Weise gerecht ist. Denn was von der Gesetzgebung bestimmt wird, ist gesetzesgemäß, und jedes Einzelne davon nennen wir gerecht. Die Gesetze reden nun über alles und zielen entweder auf das, was allen gemeinsam zuträglich ist oder den besten oder den Regierenden, und zwar entweder gemäß der Tugend oder auf eine andere Weise.
  • Aristoteles: Nikomachische Ethik (Ethica Nicomachea) V [= Eudemische Ethik IV] 10, 1134b 17-21. 30-32; 1135a 3-5

    Aristoteles über das natürliche Recht
    Vom politisch Gerechten ist das eine natürlich, das andere gesetzlich. Das natürliche hat überall dieselbe Kraft und nicht wegen eines Meinens oder Nicht-Meinens. Beim Gesetzlichen kommt es ursprünglich nicht darauf an, ob es so ist oder anders, wenn es einmal erlassen ist, kommt es schon darauf an, etwa dass das Lösegeld für einen Gefangenen zwei Minen betragen soll. [...] Was von dem, was sich so und anders verhalten kann, naturgemäß ist und was nicht, sondern nur aufgrund von Gesetz und Vertrag, das ist, obwohl beides gleichermaßen veränderlich ist, klar. [...] Ebenso ist das nicht natürlicherweise, sondern menschlich Gerechte nicht überall dasselbe, da es auch nicht die Staatsordnungen sind. Aber nur eine ist überall die von Natur aus beste.
  • Aristoteles: Politik (politica) III 6, 1279a 17-21; 7, 1279a 32-39; b 4-9

    Aristoteles über gerechte und ungerechte Verfassungen
    [1] Soweit also die Staatsformen das Gemeinwohl anstreben, sind sie im Hinblick auf das schlechthin Gerechte richtig; diejenigen aber, die nur das Wohl der Regierenden anstreben, sind verfehlt und allesamt Abweichungen von den richtigen Staatsformen; denn sie sind despotisch, der Staat ist aber eine Gemeinschaft von Freien. [...]
    [2] Wir nennen nun gewöhnlich von den Alleinherrschaften die, die auf das Gemeinwohl schaut, das Königtum, diejenige, die von wenigen, aber mehr als einem regiert wird, Aristokratie [...] Wenn aber die Menge im Hinblick auf das Gemeinwohl Politik treibt, so wird dies mit dem gemeinsamen Namen aller Verfassungen, nämlich Politie, bezeichnet. [...]
    [3] Abweichungen von den genannten sind für das Königtum die Tyrannis, für die Aristokratie die Oligarchie und für die Politie die Demokratie. Denn die Tyrannis ist eine Alleinherrschaft zum Nutzen des Herrschers, die Oligarchie eine Herrschaft zum Nutzen der Reichen und die Demokratie eine solche zum Nutzen der Armen.
  • Aristoteles: Nikomachische Ethik (Ethica Nicomachea) V 14, 1137a 33-b 4. 11-19. 34-1138a 2

    Aristoteles über das rechtlich Angemessene bzw. ,Billige‘
    Das Billige ist zwar gerecht, aber nicht dem Gesetze nach, sondern als eine Korrektur des gesetzlich Gerechten. Die Ursache ist, dass jedes Gesetz allgemein ist, in einigen Dingen aber in allgemeiner Weise nicht korrekt gesprochen werden kann. Wo man nun allgemein reden muss, es aber nicht richtig kann, da berücksichtigt das Gesetz die Mehrzahl der Fälle, ohne über diesen Mangel im Unklaren zu sein. Dennoch ist es um nichts weniger richtig. Denn der Fehler liegt nicht am Gesetz oder Gesetzgeber, sondern in der Natur der Sache. [...] Daraus ist auch klar, wer der Billige ist. Denn wer solches bevorzugt wählt und danach handelt, und wer es nicht zum Schaden anderer mit dem Gesetz zu exakt umgeht und zur Abschwächung bereit ist, auch wenn er das Gesetz auf seiner Seite hat, der ist ein Billiger. Das entsprechende Verhalten ist die Billigkeit, eine Art von Gerechtigkeit also, und als Verhalten von ihr nicht verschieden.
  • Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) II 360cd. 367e

    Das Gerechtigkeitsproblem von Glaukon und Adeimantos und das Beweisziel der Politeia
    Niemand ist freiwillig gerecht, sondern nur gezwungen, weil dies nicht in sich gut ist; denn immer wenn ein jeder glaubt, er könne ungerecht handeln, da tut er es auch. Denn jedermann glaubt, dass ihm für sich die Ungerechtigkeit weit mehr nützt als die Gerechtigkeit. [...] Zeige uns also in deiner Rede nicht nur, dass Gerechtigkeit besser ist als Ungerechtigkeit, sondern, durch welche Wirkung auf den, der sie hat, die eine von ihnen, mag sie nun Göttern und Menschen verborgen bleiben oder nicht, an und für sich ein Gut ist und die andere ein Übel.
  • Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) II 368e-369a

    Der Vergleich des Einzelnen mit der Stadt
    "Sokrates: ,Gerechtigkeit, sagen wir doch, findet sich an einem einzelnen Menschen, findet sich aber auch an einer ganzen Stadt“‘
    ,Freilich‘, sagte er [Glaukon]
    ,Und größer ist doch die Stadt als der einzelne Mensch?‘
    ,Größer‘, sagte er.
    ,Vielleicht ist also mehr Gerechtigkeit in dem Größeren und leichter zu erkennen‘.
  • Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) V 472bc

    Die Frage nach der Gerechtigkeit und dem gerechten Menschen
    Wenn wir herausgefunden haben, wie Gerechtigkeit beschaffen ist, werden wir dann wohl fordern, dass auch der gerechte Mensch gar nicht von ihr verschieden ist, sondern ganz und gar so beschaffen sein muss, wie die Gerechtigkeit ist?
  • Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) IV 441d-442a; 443de

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    Sokrates: ,Ein jeder von uns, in welchem jedes Element in ihm das Seinige tut, ist folglich gerecht und tut das Seinige. [...] So kommt dem Vernunftvermögen das Herrschen zu, weil es weise ist und für die gesamte Seele Vorsorge trägt, dem zornmütigen Vermögen aber, diesem gehorsam und mit ihm verbündet zu sein‘?
    Glaukon: ,Freilich‘. [...]
    ,Die Gerechtigkeit [...] bezieht sich also nicht auf das äußere eigene Handeln, sondern auf das innere, weil dieses wahrhaft um einen selbst und das eigene geht [...], und man entsprechend handelt, wenn man irgendwie handelt, es betreffe nun den Erwerb des Vermögens oder Pflege des Leibes oder etwas Politisches oder private Verhandlungen.
  • Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) V 475b; 479d-480a

    Platon über die Definition des Philosophen
    Sokrates: ,Also auch der Philosoph, werden wir sagen, trachtet nach Weisheit, und zwar nicht nach einer Art davon, aber nicht nach einer anderen, sondern nach aller?‘
    Glaukon: ,Richtig‘“. [...]
    ,Die nun, die viel Schönes beschauen, das an sich Schöne aber nicht sehen – und auch vieles Gerechte, das an sich Gerechte aber nicht, und ebenso bei allem – [...] von denen wollen wir sagen, dass sie alles meinen, aber nichts von dem, was sie meinen, erkennen. [...] Was ist aber mit denen, die ein jedes an sich beschauen, wie es sich immer gleichermaßen verhält? Nicht so, dass sie erkennen und nicht meinen?‘
    ,Notwendigerweise‘.
    Also werden wir auch sagen, dass diese das begrüßen und lieben, wovon es Erkenntnis gibt, die anderen aber das, wovon es Meinung gibt. [...] Werden wir also einen Fehler machen, wenn wir sie mehr Meinungsliebende als Weisheitsliebenden nennen?
  • Rawls, John : Eine Theorie der Gerechtigkeit § 11

    John Rawls’ Prinzipien der Gerechtigkeit
    1. Jedermann soll gleiches Recht auf das umfangreichste System aller gleichen Grundfreiheiten haben, das mit dem gleichen System für alle anderen verträglich ist.
    2. Soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten sind so zu gestalten, daß (a) vernünftigerweise zu erwarten ist, daß sie zu jedermanns Vorteil dienen, und (b) sie mit Positionen und Ämtern verbunden sind, die jedem offen stehen. […]
    Diese Grundsätze sollen in lexikalischer Ordnung stehen, derart, daß der erste dem zweiten vorausgeht. Diese Ordnung bedeutet, daß Verletzungen der vom ersten Grundsatz geschützten gleichen Grundfreiheiten nicht durch größere gesellschaftliche oder wirtschaftliche Vorteile gerechtfertigt oder ausgeglichen werden können.
  • Aristoteles: Politik (politica) III 4, 1276b 27-34

    Aristoteles über den Unterschied des gerechten Bürgers
    So ist denn auch bei den Bürgern, obschon sie untereinander verschieden sind, die Erhaltung der Gemeinschaft ihre Funktion, diese Gemeinschaft aber ist die Staatsform. Deswegen muss die Tugend des Bürgers notwendigerweise an der Staatsverfassung orientiert sein. Wenn es aber mehrere Arten der Staatsform gibt, so kann offenbar die Tugend des tüchtigen Bürgers nicht eine einzige und nicht die vollkommene Tugend sein. Gut aber nennen wir einen Mann nach einer einzigen, der vollkommenen, Tugend. Es ist also klar, dass man ein tüchtiger Bürger sein kann, ohne die Tugend zu besitzen, durch die ein Mann tüchtig ist.