Der Komödiendichter Aristophanes erklärt in Platons Symposion narrativ die
Unvollkommenheit des Menschen: Aristophanes: Die ganze Gestalt eines Menschen war rund, so dass Rücken und
Brust im Kreise herumgingen. Und vier Hände hatte jeder und ebenso viele
Schenkel wie Hände und zwei Gesichter auf einem kreisrunden Hals, einander
genau gleich, und einen gemeinschaftlichen Kopf für beide einander
gegenüberstehenden Gesichter und vier Ohren, auch zweifache Schamteile und
alles übrige, wie es sich hieraus ein jeder weiter ausbilden kann.
Augustinus (354-430) über das Streben des Menschen zu Gott:
Der Mensch will Dich loben, irgendein Teil Deiner Schöpfung. [...] Denn
Du hast uns geschaffen auf Dich hin und unruhig ist unser Herz, bis es ruht
in Dir. Schenke mir, Herr, zu wissen und zu verstehen, was früher ist: [...]
Dich zu wissen oder Dich anzurufen? Aber wer wird Dich anrufen, wenn er
Dich nicht kennt?
Alkuin (ca. 735-804) oder ein spätantiker Autor begründet die Würde des
Menschen
Die Würde der Stellung des Menschen ist erkennbarerweise so bedeutend,
dass [...] der Mensch nach dem Ratschluss der heiligen Trinität und durch
eine Tat der göttlichen Majestät geschaffen wurde. [...] Die Seele ist
Intellekt, die Seele ist Wille, die Seele ist Erinnerung, doch sind es nicht drei
Seelen in einem Körper, sondern eine Seele, die drei Würden hat. Und in
diesen dreien realisiert unserer innerer Mensch in seiner Natur auf
wunderbare Weise das Bild der Trinität, und aus diesen gleichsam
herausragendsten Würden der Seele sind wir gehalten, den Schöpfer zu
lieben.
Robert von Melun über das Problem der menschlichen Identität
[1] Seele und Fleisch sind nämlich eine Person aus der personalen
Vereinigung und nicht aus der substantiellen Identität heraus, so wie auch
ein Mensch die menschliche Seele und das menschliche Fleisch ist, weil sich
aus ihrer Vereinigung miteinander der Grund ergibt, warum etwas ein
Mensch ist und so genannt werden kann.
[2] Es ist aber ein Mensch, der sagt, er diene dem Gesetz Gottes und im
Fleisch dem Gesetz der Sünde (Röm 7) [...]. Denn der innere und äußere
Mensch ist ein Mensch, weil in der Einheit der Person das zusammenkommt,
was ein Mensch ist, über den Verschiedenes ausgesagt wird wegen der
verschiedenen Substanzen, die in der Identität der Person in diesem
Menschen verbunden sind. [...]
[3] Denn nicht auf falsche Weise wird gesagt, Petrus sei in Rom und im
Himmel, sondern wir bitten ihn, der im Himmel existiert, für uns zu beten,
wenn wir sagen „Heiliger Petrus, bitte für uns“, und wir verehren ihn, der in
Rom liegt, mit der schuldigen Frömmigkeit und sagen, dass der, der im
Himmel verherrlicht ist, kein anderer ist als der, der in Rom begraben ruht.
Siger von Brabant vertritt die averroistische These, dass
alle Menschen nur einen Intellekt haben
Beachte aber am Beginn der Antwort, dass es dann, wenn der Intellekt
durch seine Substanz die Vollendung des Körpers wäre, gar keine Frage
wäre, ob die Intellekte sich entsprechend der Menge der verschiedenen
Menschen vermehren. Vielmehr ist klar, dass es so ist. Wenn Du also sagst,
dass der Intellekt sich wegen der Materien vermehrt, denen er sich anpasst,
dann soll gefragt werden, was die Ursache der Anpassung ist. Anscheinend
kann es keine andere Erklärung geben als anzunehmen, dass der Intellekt
eine Kraft im Körper ist. [...] Und deswegen argumentiert Averroes, [...] dass
der Intellekt einer ist, nicht vermehrt gemäß der Vielzahl der individuellen
Menschen, weil er so eine Kraft im Körper der verschiedenen Menschen
wäre.
Giovanni Pico della Mirandola entwirft, auf Grundlagen aus Spätantike
und Mittelalter, ein Menschenbild aus der Perspektive der Renaissance <br /><br /> Giovanni Pico della Mirandola betont die Würde des Menschen, welche die Engel neidisch macht (VL Freiheit)
[1] Ehrwürdige Väter! In den Schriften der Araber habe ich gelesen, der Sarrazene Abdallah habe auf die Frage, was auf dieser „Bühne der Welt“ am meisten zu bewundern sei, geantwortet, dass nichts bewundernswerter erscheine als der Mensch. Zu dieser Aussage stimmt das Wort des Hermes Trismegistos: ,Ein großes Wunder, o Asklepios, ist der Mensch‘. […] [2] Warum sollen wir nicht die Engel selbst und die seligsten Chöre des Himmels mehr bewundern? Endlich habe ich den Eindruck, verstanden zu haben, warum der Mensch das allerglücklichste, ja jeder Bewunderung würdiges Lebewesen ist, und was schließlich der Zustand sei, den er in der Reihung des Alls erhalten hat, der nicht nur den Tieren, sondern den Sternen, sondern den überweltlichen Verständen Neid erregt.
Giovanni Pico della Mirandola beschreibt den Menschen als Bildhauer
seiner selbst <br /><br /> Giovanni Pico della Mirandola findet diese Würde in der Freiheit
[1] So beschloss der beste Werkmeister, dass der, dem er nichts Eigenes mehr
geben konnte, an allem zugleich teilhätte, was den Einzelnen sonst je für
sich zugeteilt war. [2] Also [...] sprach er zu ihm: ,Keinen festen Ort haben wir
Dir zugewiesen und kein eigenes Aussehen, wir haben Dir keine spezielle
Gabe verliehen, damit Du, o Adam, den Ort, das Aussehen, die Gaben, die
Du Dir wünschst, nach eigenem Ermessen erhalten und besitzen sollst. [3] Die
bestimmte Natur der übrigen Wesen wird von Gesetzen eingegrenzt, die wir
vorgeschrieben haben. Du sollst Deine Natur, von keinen Beschränkungen
eingegrenzt, nach Deiner Entscheidung, in deren Hand ich Dich gegeben
habe, Dir selbst vorschreiben [...], damit Du Dich, gleichsam als
entscheidender und ehrenvoller Bildhauer und Gestalter Deiner selbst, in der
Weise bildest, die Du lieber willst‘.
Bardaiṣān betont, dass die Suche nach Wissen angemessener ist als ein bloßer Glaube
[1] Bardaiṣān sagte: ,Verständig sprichst Du. Aber wisse, dass der, der recht fragt und überzeugt werden will und sich ohne Streit auf den Weg der Wahrheit begibt, nicht schuldig ist und sich nicht schämen muss, denn er bereitet [...] dem, der gefragt wird, Freude‘. [...]
[2] ‘Avīdā sagte: ,[...] Meine Brüder [...] wollten mich nicht überzeugen, sondern sie sagten: Glauben musst Du, und Du kannst alles erkennen! Aber ich kann nicht glauben, wenn ich nicht überzeugt werde‘. [...].
Als Antwort auf die Frage betont Bardaiṣān, typisch für die alte Kirche, den zentralen Wert der menschlichen Handlungsfreiheit in der Schöpfung der Welt
[1] Bardaiṣān sagte: ,[...] Worin also unterscheidet sich der Mensch von der Kithara, auf der ein anderer spielt, oder von dem Wagen, den ein anderer fährt? [...] Sie sind Werkzeuge, gemacht zum Gebrauch dessen, der Wissen besitzt.
[2] In seiner Milde wollte Gott den Menschen nicht so machen, sondern er erhob ihn in Freiheit über viele Dinge und stellte ihn mit den Engeln auf eine Stufe. [...] Denn wenn er so gemacht wäre, dass er nichts Böses tun könnte, so dass er hierdurch nicht schuldig würde, so stammte auch das Gute, das er täte, nicht von ihm her, und er wäre hierdurch nicht gerechtfertigt‘.
Aristoteles definiert den Staat als natürlich und den Mensch als politisches Lebewesen
Endlich ist die aus mehreren Dörfern bestehende vollendete Gemeinschaft bereits ein Staat, der sozusagen das Maß der gesamten Autarkie besitzt, zunächst um des Lebens willen entstanden, dann aber um des guten Leben willens bestehend. Darum besteht der Gesamtstaat von Natur aus. [...] Die Autarkie ist aber das Ziel und das Beste. Daraus ergibt sich, dass der Staat zu den natürlichen Dingen gehört und dass der Mensch von Natur aus ein politisches Lebewesen ist; derjenige, der [...] außerhalb des Staates lebt, ist entweder schlecht oder stärker als ein Mensch.