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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Zitatfinder

Gregor von Nyssa: Gegen die Griechen aus den allgemeinen Einsichten (Ad Graecos ex communibus notionibus) p. 19; 23; 24

Während die Kappadokier erläutern, warum ein Gott korrekterweise in drei Personen bestehen kann, begründen sie die modernen Begriffe ,Person‘ und ,Individuum‘, wie sich an diesem Text Gregor von Nyssas zeigt
[1] Wenn der Name ,Gott‘ eine Person [wörtl.: Gesicht, Maske] bezeichnen würde, würden wir, wenn wir von drei Personen sprechen, notwendigerweise drei Götter aussagen. Wenn aber der Name ,Gott‘ eine Substanz bezeichnend ist, dann legen wir richtig einen Gott als Dogma fest, weil wir eine Substanz der heiligen Trinität bekennen. [...]
[2] Wenn aber jemand sagen sollte, dass wir Peter und Paul und Barnabas als drei einzelne Substanzen bezeichnen – denn dies sei die eigentümlichere Begriffsverwendung –, mag er wissen, dass wir, wenn wir von einer einzelnen Substanz, d.h. einer speziellen, sprechen, wir nichts anderes bezeichnen wollen als ein Individuum, was dasselbe ist wie eine Person. [...]
[3] Aber über die heilige Dreifaltigkeit [...] müssen [...] immer dieselben Personen und nicht jeweils andere ausgesagt werden, weil sie sich gleich und ebenso verhalten und weder eine Hinzufügung zu einer Vierzahl noch eine Veränderung zu einer Zweizahl aufnehmen. Denn weder entsteht aus dem Vater noch aus irgendeiner der [drei göttlichen] Personen eine andere Person oder geht [aus ihm] hervor, noch endet eine dieser drei Personen jemals.

Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) IV 439d-441a

Eine Ursache für Platons Zweifel daran, dass Menschen tatsächlich gut sein wollen ist, dass die Teile der Seele – entgegen der sokratischen Lehre, wir handelten immer gemäß der Vernunft – in sich eine Unordnung der Seele hervorbringen, wie es auch die Teile des Staates tun
[1] Gewiss werden wir nicht [....] ohne Grund behaupten, dass sie zweifach und voneinander verschieden sind, indem wir das, womit gedacht wird, das Denkende der Seele nennen, das aber, womit sie liebt, hungert und dürstet und über die anderen Begierden in Aufregung gerät, das nicht Denkende und Begehrende. [...]
[2] Also nehmen wir auch anderswo [....] häufig wahr, wenn jemanden die Begierden entgegen dem Denken Gewalt antun, dass er sich beschimpft und auf das, was in ihm Gewalt ausübt, erzürnt ist, und dass der Zorn von so jemandem gleichsam unter zwei Streitenden ein Bundesgenosse für die Vernunft wird? [...] Was ist, wenn jemand glaubt, ihm sei Unrecht geschehen? Ist er nicht hierdrüber zornig und beklagt sich und kämpft zusammen mit dem, was gerecht erscheint? [...]
[3] Oder ist – so wie in der Stadt drei Formen diese zusammenhalten, die Händler, die Helfer, die Beratschlagenden – auch in der Seele das Zornmütige das dritte, weil es von Natur aus ein Helfer für das Denkende ist, wenn es nicht durch schlechte Nahrung verdorben ist?

Platon: Erster Alkibiades (Alcibiades maior) 121e-122a

Platon definiert die Freiheit als Selbstkontrolle, wie er am Beispiel der Erziehung der persischen Könige zeigt
[1] Wenn der Junge 14 geworden ist, ziehen sie die hinzu, welche sie die königlichen Pädagogen nennen. Sie sind vier Auserwählte der Perser, welche die Besten scheinen in dem Alter, der Weiseste, der Gerechteste, der Maßvollste und der Tapferste.
[2] Von ihnen lehrt der eine die Magie des Zarathustra von Ahura Mazda – dies ist Gottesdienst –, er lehrt aber auch das Königliche, der Gerechteste [lehrt], durch das ganze Leben wahrhaft zu sein, der Maßvollste, nicht durch irgendeine der Freuden beherrscht zu werden, damit er sich angewöhnt, frei zu sein und wahrhaft König, indem er zuerst das in sich Befindliche beherrscht und nicht unterwirft, der Tapferste aber macht ihn frei von Furcht und Angst, als ob er, wenn er sich fürchtete, ein Sklave wäre.

Platon: Timaios (Timaeus) 47e-48a

Platons Überlegungen zur Freiheit stehen in einem größeren kosmischen Kontext, der sich daraus ergibt, dass die Notwendigkeit (ἀνάγκη) eine wichtige Rolle in der Welt spielt, aber doch von der Vernunft beherrscht wird, wie er in seinem Dialog über die Weltentstehung, dem <i>Timaios</i>, darlegt
Das bis hierhin Gesagte [...] hat das durch den Geist Hergestellte gezeigt. Es gilt aber auch, das durch Notwendigkeit Entstehende der Rede anzufügen. Denn als gemischte wurde freilich das Entstehen dieser Welt aus einer Zusammenstellung von Notwendigkeit und Geist hervorgebracht. Indem aber der Geist über die Notwendigkeit herrscht, indem er sie überzeugt, das meiste des Geschehenen zum Besten zu führen, so wurde [...] am Anfang dieses All zusammengestellt.

Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) X 617de; 618bc

Nach dem Gericht, vor dem nächsten Zyklus des Kreislaufs der Wiedergeburten, dürfen die Seelen hier ihren persönlichen göttlichen Begleiter, den Daimon, wählen, je nach ihrer Lebensart, aber nicht ihre Tugend, die jeder Mensch im Leben erwerben muss
[1] "Das Wort der Lachesis (= die Loserin), der Tochter der Ananke (= Notwendigkeit): Vergängliche Seelen, Beginn eines anderen Umlaufs des todbringenden sterblichen Geschlechtes. Nicht Euch wird ein Daimon auswählen, sondern Ihr werdet einen Daimon wählen. Wer das erste Los zieht, wähle als erster eine Lebensart, mit der er auf notwendige Weise zusammen sein wird. Die Tugend ist ohne Besitzer, durch deren Ehrung und Entehrung ein jeder mehr oder weniger von ihr haben wird. [...]"
[2] Hier liegt nun, wie es scheint, o guter Glaukon, die ganze Gefahr für den Menschen, und deswegen muss man sich am meisten darum kümmern, dass ein jeder von uns, während er die anderen Lehren vernachlässigt, ein Sucher und Schüler dieser Lehre sein soll [...], ein brauchbares und ein schlechtes Leben zu unterscheiden und aus dem Möglichen stets überall das Beste zu wählen

Hölderlin, Friedrich : Die Abendphantasie .

Eine Ode aus dem Jahr 1799
Vor seiner Hütte ruhig im Schatten sitzt
Der Pflüger; dem Genügsamen raucht sein Herd.
Gastfreundlich tönt dem Wandrer im
Friedlichen Dorfe die Abendglocke.

Wohl kehren itzt die Schiffer zum Hafen auch,
In fernen Städten fröhlich verrauscht des Markts
Geschäftger Lärm; in stiller Laube
Glänzt das gesellige Mahl den Freunden.

Wohin denn ich? Es leben die Sterblichen
Von Lohn und Arbeit; wechselnd in Müh und Ruh
Ist alles freudig; warum schläft denn
Nimmer nur mir in der Brust der Stachel?

Am Abendhimmel blüht ein Frühling auf;
Unzählig blühn die Rosen, und ruhig scheint
Die goldene Welt; o dorthin nimmt mich,
Purpurne Wolken! und möge droben

In Licht und Luft zerrinnen mir Lieb und Leid! -
Doch, wie verscheucht von töriger Bitte, flieht
Der Zauber; dunkel wirds, und einsam
Unter dem Himmel, wie immer, bin ich. -

Komm du nun, sanfter Schlummer! zu viel begehrt
Das Herz; doch endlich, Jugend! verglühst du ja,
Du ruhelose, träumerische!
Friedlich und heiter ist dann das Alter.

Platon: Das Gastmahl / Symposion (convivium) 204ab

Platons klassische Definition der Philosophie
Diotima: Kein Gott philosophiert oder begehrt, weise zu werden, er ist es ja, noch auch, wenn sonst jemand weise ist, philosophiert dieser. Ebensowenig philosophieren auch die Unverständigen oder streben, weise zu werden. Denn das ist eben das Arge am Unverstande, dass er, ohne schön und gut und vernünftig zu sein, doch sich selbst ganz genug zu sein dünkt. [...]
Sokrates: Wer also, Diotima, sprach ich, sind denn die Philosophierenden, wenn es weder die Weisen sind noch die Unverständigen?
Diotima: Das muss ja schon, sagte sie, jedem Kinde deutlich sein, dass es die zwischen beiden sind, zu denen auch Eros gehören wird. Denn die Weisheit gehört zu den Schönsten, und Eros ist Liebe zum Schönen; so dass Eros notwendig philosophisch ist und als philosophischer zwischen den Weisen und den Unverständigen in der Mitte steht.

Dion von Prusa: Rede, Über die Philosophen (Oratio 70) .

Der Philosoph und Rhetor Dion von Prusa über die Besonderheiten des Philosophen
Natürlich gibt es gewisse Worte, die man hören muss, wenn man sich mit Philosophie beschäftigt, Kenntnisse, die man sich aneignen muss, eine Lebensweise, die man führen muss, und überhaupt ist das Leben des Philosophen ganz anders als dasjenige der meisten Menschen. Der Philosoph strebt nach Wahrheit, Klugheit, nach Pflege und Verehrung der Götter und, weit entfernt von Prahlerei, Trug und Prunk, nach Wohlgeratenheit und Besonnenheit der eigenen Seele. Auch die Kleidung des Philosophen ist ja anders als diejenige der gewöhnlichen Leute, auch seine Gepflogenheiten bei Tisch, im Gymnasion, beim Baden und seine übrige Lebensweise.

Unbekannt: Leben des Secundus (Vita Secundi) S. 70-72

Beliebt und in vielen Sprachen verfügbar war in der Spätantike die Erzählung vom Philosophen Secundus vor dem als gerecht geltenden Kaiser Hadrian
[1] [Kaiser] Hadrian, der sich davon überzeugen wollte, dass [der Philosoph] Secundus das [von ihm freiwillig gelobte] Schweigegebot streng befolgte, stand auf und entbot ihm, als er kam, als erster seinen Gruß. Secundus aber bewahrte sein gewöhnliches Schweigen. Daraufhin sprach Hadrian zu ihm: ,Sprich, Philosoph, damit wir Dich kennenlernen; denn es ist unmöglich, deine Weisheit zu erfassen, wenn Du schweigst‘. Secundus aber schwieg weiterhin. Da sprach Hadrian zu ihm: ,Secundus, bevor ich zu Dir kam, war es richtig, dass Du schwiegst, denn Du hattest keinen Zuhörer, der bedeutender war als Du selbst, noch jemanden, der in der Lage gewesen wäre, auf gleicher Ebene Worte zu wechseln. Nun aber bin ich hier und fordere, dass Du sprichst‘ [...].

[2] Doch Secundus war weder von Scham berührt noch von Furcht vor dem Herrscher erfüllt. Da verlor Hadrian schließlich die Fassung, verlangte nach einem Tribunen und befahl diesem: ,Bringe den Philosophen dazu, das Wort an mich zu richten‘. Der Tribun aber erklärte ihm [...]: ,Es mag möglich sein, Löwen, Panther und andere Tiere dazu zu bringen, mit Menschen stimme zu sprechen, jedoch nicht einen Philosophen gegen seinen Willen‘.

Aristoteles: Hermeneutik 9, 19a 23-25. 29-36

Ein Problem für alternative Handlungsmöglichkeiten ergibt sich aus der Frage, ob Sätze über Zukünftiges (futura contingentia) wahr sein können
[1] Freilich ist für das, was ist, wenn es ist, notwendig, dass es ist, und für das, was nicht ist, notwendig, dass es nicht ist. Aber es ist weder für alles, was ist, notwendig, dass es ist, noch ist es für alles, was nicht ist, notwendig, dass es nicht ist. […]
[2] Ich meine damit, dass es beispielsweise zwar notwendig ist, ,dass morgen eine Seeschlacht entweder stattfinden oder nicht stattfinden wird‘, dass es aber nicht notwendig ist, ,dass morgen eine Seeschlacht stattfindet‘, und auch nicht notwendig, ,dass morgen keine Seeschlacht stattfindet‘. […].
[3] Mit der Wahrheit der Sätze verhält es sich folglich in derselben Weise wie mit der der Dinge. Deswegen ist klarerweise bei allem, was sich so verhält – unabhängig davon, was tatsächlich eingetroffen ist – auch das Gegenteilige möglich (und für die Bestreitung davon muss dasselbe gelten).
[4] Dies ist nun bei denjenigen Dingen der Fall, die nicht immer da sind oder nicht immer nicht da sind.

Cicero: Gespräche in Tuskulum (Tusculanae disputationes ) V 10

Über die Bedeutung des Sokrates für die antike Philosophie
Sokrates aber rief als erster die Philosophie vom Himmel herunter, siedelte sie in Städten an, führte sie auch in Häuser ein und zwang sie, nach dem Leben und den Sitten sowie guten und schlechten Dingen zu fragen.

Platon: Apologie des Sokrates (apologia Socratis) 40c-41a

Sokrates nennt zwei mögliche Todesvorstellungen sowie die Vorzüge der ersten Alternative
[1] Mir scheint nämlich dieses Ereignis etwas Gutes geworden zu sein, und unmöglich können wir Recht haben, wenn wir annehmen, der Tod sei etwas Schlechtes. [...] Denn eins von beiden ist das Totsein, entweder soviel als nichts sein noch irgendeine Empfindung von irgendetwas haben, wenn man tot ist; oder, wie gesagt wird, es ist ein Wechsel und ein Umzug der Seele von hier an einen anderen Ort.
[2] Und ist es nun gar keine Empfindung, sondern wie ein Schlaf, in welchem der Schlafende auch nicht einmal einen Traum hat, so ist der Tod gewiss ein wunderbarer Gewinn; denn ich glaube, wenn jemand einer solchen Nacht, in welcher er so fest geschlafen, dass er nicht mal einen Traum gehabt, alle übrigen Tage und Nächte seines Lebens gegenüberstellen und nach reiflicher Überlegung sagen sollte, wieviel Tage er angenehmer und besser als diese Nacht in seinem Leben gelebt hat [...], er würde finden, dass diese sehr leicht zu zählen sind gegen die übrigen Tage und Nächte.
[3] Ist aber der Tod andererseits wie eine Auswanderung von hier an einen anderen Ort und ist das wahr, was gesagt wird, dass alle Gestorbenen dort sind, was für ein größeres Gut könnte es wohl geben als dieses, o ihr Richter? Denn wenn einer in der Unterwelt angelangt ist, befreit von den hiesigen, sich so nennenden Richtern, und dort die wahren Richter antrifft […], wäre das wohl eine schlechte Übersiedlung?

Platon: Phaidon (Phaedo) 58e

Sokrates‘ eigener Tod wird geschildert
Mir erging es dabei ganz erstaunlich. Bedauern berührte mich nämlich nicht wie einem, der beim Tod eines Freundes anwesend ist. Denn glückselig erschien mir der Mann, o Echekrates, in seinem Benehmen und seinen Reden, wie furchtlos und edel er endete, so dass ich vertraute, er gehe auch in die Unterwelt nicht ohne göttliche Schickung, sondern auch dort werde er sich wohl befinden, wenn jemals einer sonst. Darum berührte mich nun weder irgendein Bedauern, wie man doch denken sollte bei einem solchen Trauerfall, noch auch waren wir fröhlich, wie in unseren philosophischen Beschäftigungen [...], sondern in einem gar nicht festzulegenden Empfinden befand ich mich, das aus Lust zugleich und Trauer zusammengesetzt war.

Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) VI 484b-d

Platons Argument dafür, dass Philosophen herrschen sollen
[1] Sokrates: ,Wo nun die Philosophen die sind, welche das sich immer gleich und auf dieselbe Weise Verhaltende erfassen können, keine Philosophen aber die, welche dies nicht können, sondern immer unter dem Vielen und auf allerlei Weise sich Verhaltenden umherirren – welche beiden müssen nun Herrscher des Staates sind?‘ [...]
Glaukon: ,Und wie [...] sollte das nicht klar sein?‘
[2] Sokrates: ,Glaubst Du also, dass sich die irgendwie von Blinden unterscheiden, denen in der Tat die Erkenntnis eines jeden Seienden fehlt und die kein klares Urbild in der Seele haben, und die folglich nicht in der Lage sind – so wie Maler, die auf das Wahrste sehen und von dorther alles, auf das Genaueste achtgebend, übertragen – auch das hier Gesetzliche in Bezug auf das Schöne, das Gerechte und das Gute zu begründen, wenn es denn begründet werden muss, und das bereits Feststehende bewahrend zu erhalten? [...] Sollen wir also eher diese als Wächter einsetzen oder die, die jedes einzelne Seiende erkannt haben [...] und auch in keinem anderen Teil der Tugend nachstehen?‘
Glaukon: ,Absurd wäre es freilich [...], andere zu wählen‘.

Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) VI 485c-e

Platon über die Eigenschaften des wahren Philosophen
[1] Sokrates: ,Ganz notwendig wird, wer in irgendetwas von Natur verliebt ist, alles seinem Lieblingsgegenstande Verwandte und Angehörige auch lieben‘.
Glaukon: ,Richtig‘. [...]
Sokrates: ,Könntest Du nun etwas der Weisheit Verwandteres finden als die Wahrheit?‘
Glaukon: ,Wie sollte ich?‘ [...]
Sokrates: ,Kann also wohl dieselbe Natur weisheitsliebend/philosophisch sein die Lüge liebend?‘
Glaukon: ,Doch wohl keineswegs‘
[2] Sokrates: ,Der in der Tat das Lernen Liebende muss also gleich von Jugend an möglichst nach aller Wahrheit streben‘.
Glaukon: ,Allerdings ja‘.
Sokrates: ,Aber bei wem sich die Begierden sehr nach einem einzigen hinneigen, bei dem, wissen wir, sind sie nach anderen Seiten hin desto schwächer. [...] Bei wem sie also nach Kenntnissen und allem dergleichen hinströmen, bei dem gehen sie, denke ich, auf die Freude, welche der Seele an sich zukommt, und halten sich dagegen von den durch den Leib vermittelten Freuden zurück, wenn jemand nicht zum Schein, sondern wahrhaft philosophisch ist. [...] Mäßig ist also ein solcher und keineswegs habsüchtig‘.

Platon: Brief 7 (Epistula 7) 330de

Platons Überlegungen zum Erteilen politischer Ratschläge
[1] Wer einem Mann raten will, der krank ist und für seine Gesundheit schädliche Lebensgewohnheiten hat, der darf wohl nicht anders handeln, als dass er erst seine Lebensweise zu ändern sucht und ihm erst dann, wenn er ihm folgen will, weitere Hinweise gibt. Will er es aber nicht, so halte ich nur den, der diese Behandlung sofort aufgibt, für einen Mann und einen Arzt, den jedoch, der trotzdem dabei bleibt, für unmännlich und nicht fachgerecht.
[2] Dasselbe gilt auch für einen Stadtstaat, ob nun einer sein Herr ist oder mehrere: Wenn seine Verfassung sich auf dem rechten Weg befindet und dann Rat eingeholt würde über etwas, was ihr förderlich wäre, würde, wer Verstand hat, solche Leute beraten; andere jedoch, die sich ganz außerhalb der rechten Verfassung befinden und gar nicht auf ihre Spur kommen wollen, dem Berater aber vorweg sagen, er solle die Verfassung in Ruhe lassen und nicht verändern, ja er müsse sterben, wenn er sie verändere – wenn diese Leute beföhlen, ihrem Wollen und ihren Begierden dienend zu raten, auf welche Weise sie für alle Zukunft am leichtesten und schnellsten zu allem kämen; wer sich darauf einlässt, solche Ratschläge zu erteilen, den halte ich für unmännlich, wer sich nicht darauf einlässt, für einen Mann.

Cicero: Das höchste Gut und das höchste Übel (De finibus bonorum et malorum) V, 17f

Cicero referiert die Einteilung der philosophischen Meinungen über das Glück bzw. letzte Ziel, die Karneades, der bedeutendste Vertreter des akademisch-skeptischen Platonismus, aufgrund der Situation der hellenistischen Zeit gegeben hatte
Was es aber ist, dass so bewegt und von Natur aus so seit der ersten Entstehung erstrebt wird, steht nicht fest, und hierüber herrscht unter den Philosophen [...] größte Uneinigkeit. [...] Einige meinen, das primäre Streben und das primäre Vermeiden von Schmerz richte sich auf die Lust. Andere als sie erstreben das, was sie Primäres der Natur nach nennen, wozu sie Unversehrtheit rechnen [...]. Diesem ähnlich ist das Primäre in den Seelen, wie die Funken und Samen der Tugenden.

Diogenes Laertios: Diogenes Laertios 7, 127

Es steht im Zusammenhang mit dem Gesagten, dass die Tugendbegriffe der Aristoteliker und Stoiker sich deutlich unterscheiden
[Die Stoiker] halten es für richtig, dass es nichts gibt zwischen Tugend und Schlechtigkeit, während die Peripatetiker sagen, zwischen Tugend und Schlechtigkeit sei der Fortschritt. Denn, sagen [die Stoiker], so wie das Holz gerade oder krumm sein muss, so ist es auch mit dem Gerechten oder Ungerechten, denn es gibt nichts mehr oder weniger Gerechtes, und bei den übrigen [Tugenden] ist es ebenso. Allerdings sei die Tugend [...] wegen ihrer selbst wählbar. Denn wir schämen uns über das, was wir schlecht tun, so als ob wir nur das sittlich Gute/Schöne für gut halten. Und sie sei hinreichend für die Eudaimonie.

Cicero: Das höchste Gut und das höchste Übel (De finibus bonorum et malorum) V, 95

Cicero referiert den Glücksbegriff der aristotelischen bzw. peripatetischen Schule
Das ist also unser Argument, das Dir uneinheitlich scheint, [...] dass dort, wo die Tugend ist sowie große und in höchstem Maße lobenswerte, aus Tugend vollbrachte Taten, Elend und Leid nicht bestehen kann, aber sehr wohl Mühe und Belastung. Ich sage ohne Zweifel, dass alle Weisen glückselig sind, es aber doch geschehen kann, dass einer glückseliger ist als der andere.