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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

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Al-Fārābī : Die Ziele des Buches der Metaphysik 35, 8-10. 21; 36, 8f.

Al-Fārābī (870-950) über die Ziele von Aristotelesʼ Metaphysik
Viele Leute haben die vorgefasste Meinung, dass der eigentliche Sinn und Inhalt dieser Schrift der sei, dass in ihr die Lehre von dem Schöpfer, dem Intellekt, der Seele und dem darauf Bezüglichen behandelt würde; ferner, dass die Wissenschaft von der Metaphysik (‘ilmmā ba‘d at-tabī‘a) und die von der Einheit Gottes (‘ilm at-tawḥīd) ein und dasselbe sei. [...] Wir behaupten nun, dass ein Teil der Wissenschaften partikulär, ein anderer Teil derselben aber universal sei. [...] Die universale Wissenschaft betrachtet nun das, was allem Existierenden gemeinsam ist, wie die Existenz (wuǧūd) und die Einheit (waḥda) sowie seine Arten und Eigenschaften.

Ibn Sīnā (Avicenna): Buch der Genesung I 5 § 22. 24, p. 35f.

Ibn Sīnā erklärt den Unterschied von Existenz und Essenz
Der Grund dafür ist folgender: Wenn Du sagst, die Wesenheit von diesem oder jenem existiert entweder in den Einzeldingen oder in den Seelen oder absolut genommen, indem letzteres die ersten beiden umschließt, dann kommt dem eine bestimmte verständliche Bedeutung zu. Wenn Du aber sagen würdest: Die Wesenheit von diesem oder jenem ist die Wesenheit von diesem oder jenem, oder: Die Wesenheit von diesem oder jenem ist eine Wesenheit, so ist dies eine Tautologie, die keine neue Kenntnis verleiht.

Thomas von Aquin: Summa theologiae I (Summa theologiae) I 19, 8 responsio

Thomas von Aquin erklärt den Unterschied notwendiger und kontingenter Entitäten dadurch, dass Gott diese so gewollt habe
Der göttliche Wille erlegt einigem Gewollten Notwendigkeit auf, aber nicht allem. [...] Das geschieht wegen der Wirksamkeit des göttlichen Willens. Denn weil jede beliebige Ursache wirksam zum Handeln ist, folgt die Wirkung der Ursache. [...] Weil also Gottes Wille am allerwirksamsten ist, folgt nicht nur, dass das geschieht, dessen Geschehen Gott will, sondern auch, dass es auf die Weise geschieht, auf die Gott will, dass sie geschieht. Gott will aber, dass einiges notwendig geschieht, manches kontingent, damit eine Ordnung zur Vervollständigung des Universums in den Dingen ist. Die von Gott gewollten Wirkungen entstehen also nicht deswegen kontingent, weil ihre unmittelbaren Ursachen kontingent sind, sondern deswegen, weil Gott wollte, dass sie kontingent entstehen.

Thomas von Aquin: Summa theologiae I (Summa theologiae) I 16, 3 responsio

Thomas von Aquin erklärt einige für die Wirklichkeitserklärung zentrale Begriffe als gattungsüberschreitende Eigenschaften alles Seinden („Transzendentalien“)
So wie ,gut‘ den Gehalt ,erstrebenswert‘ enthält, so enthält ,wahr‘ eine Hinordnung auf Erkenntnis. Ein jedes ist aber in dem Maße erkennbar, in dem es Sein hat. [...] Und daher hat auch ,wahr‘, ebenso wie ,gut‘, den gleichen Begriffsumfang wie ,seiend‘. Aber trotzdem fügt ,wahr‘, so wie ,gut‘ den Gehalt ,erstrebenswert‘ zu ,seiend‘ hinzufügt, ein Verhältnis zum Intellekt.

Thomas von Aquin: Summa theologiae I (Summa theologiae) I 48, 1 responsio

Weil Gott gut ist, ist für Thomas von Aquin auch alles Seiende gut (im Sinne der <i>analogia entis</i>)
Gut ist all das, was erstrebenswert ist; und weil jede Natur ihr Sein und ihre Vollkommenheit erstrebt, ist es folglich notwendig zu sagen, dass Sein und Vollkommenheit jedweder Natur den Gehalt der Gutheit hat. Daher kann es nicht sein, dass ,schlecht‘ irgendein Sein oder irgendeine Form oder Natur bezeichnet. Es bleibt also übrig, dass mit dem Nomen ,schlecht‘ eine bestimmte Abwesenheit vom Guten bezeichnet wird.

Hölderlin, Friedrich : An die Eichbäume .

Friedrich Hölderlin umschreibt die Zentralität von Freiheit in den Wechselfällen des Lebens:
„Aus den Gärten komm’ ich zu Euch, Ihr Söhne des Berges,
aus den Gärten, da lebt die Natur geduldig und freundlich,
pflegend und wieder gepflegt mit den fleißigen Menschen zusammen.
Aber ihr, ihr Herrlichen, steht, wie ein Volk von Titanen,
in der zahmeren Welt und gehört nur Euch und dem Himmel,
der euch nährt und erzog, und der Erde, die euch geboren.
Keiner von Euch ist noch in die Schule der Menschen gegangen,
und ihr drängt Euch, fröhlich und frei, aus der kräftigen Wurzel,
untereinander herauf und ergreift, wie der Adler die Beute,
mit gewaltigem Arme den Raum, und gegen die Wolken
ist euch, heiter und groß, die sonnige Krone gerichtet.
Eine Welt ist jeder von euch, wie die Sterne des Himmels,
lebt ihr, jeder ein Gott, in freiem Bunde zusammen.
Könnt ich die Knechtschaft nur erdulden, ich neidete nimmer
diesen Wald und fügte mich gerne ins gesellige Leben.
Fesselte nur nicht mehr ans gesellige Leben das Herz mich,
das von Liebe nicht lässt, wie gern würd ich unter euch wohnen“.

Platon: Die Gesetze (Platon) (Nomoi) 874e-875e

Historisch gesehen, entstammt das Konzept der Freiheit dem politischen Bereich, wie Platon zeigt, wenn er den freien Menschen als einen wissenden versteht, der genau deswegen herrschen und nicht untertan sein muss
[1] Es ist notwendig, den Menschen Gesetze zu geben und gemäß Gesetzen zu leben oder sich in nichts von den allerwildesten Tieren zu unterscheiden [...], denn die Natur keines Menschen ist ausreichend fähig, das den Menschen Zuträgliche für die Staatsführung zu erkennen und, wenn es sie erkennt, das Beste immer zu vermögen und tun zu wollen.
[2] Denn erstens ist es schwierig zu erkennen, dass mit der politischen und wahren Fertigkeit nicht das Eigene, sondern das Gemeinschaftliche betrieben werden muss [...]; zweitens aber wird gewiss niemand, wenn er nun die Erkenntnis hinreichend verstanden hat, dass dies so ist, und dann nicht rechenschaftspflichtig und als eigener Herr eine Stadt regiert, an dieser Lehre jemals festhalten können.
[3] Wenn daher einer der Menschen, als hinreichender durch göttliches Schicksal entstanden, dies aufzunehmen fähig wäre, würde er keinerlei Gesetze benötigen, die ihn beherrschten. Denn weder ein Gesetz noch eine Ordnung ist stärker als Wissen, und Recht ist auch nicht Recht, dass der Geist jemandes Untertan oder Diener ist, sondern dass er alle beherrscht, wenn er von Natur aus ganz wahrhaft und frei ist.

Gregor von Nyssa: Gegen die Griechen aus den allgemeinen Einsichten (Ad Graecos ex communibus notionibus) p. 19; 23; 24

Während die Kappadokier erläutern, warum ein Gott korrekterweise in drei Personen bestehen kann, begründen sie die modernen Begriffe ,Person‘ und ,Individuum‘, wie sich an diesem Text Gregor von Nyssas zeigt
[1] Wenn der Name ,Gott‘ eine Person [wörtl.: Gesicht, Maske] bezeichnen würde, würden wir, wenn wir von drei Personen sprechen, notwendigerweise drei Götter aussagen. Wenn aber der Name ,Gott‘ eine Substanz bezeichnend ist, dann legen wir richtig einen Gott als Dogma fest, weil wir eine Substanz der heiligen Trinität bekennen. [...]
[2] Wenn aber jemand sagen sollte, dass wir Peter und Paul und Barnabas als drei einzelne Substanzen bezeichnen – denn dies sei die eigentümlichere Begriffsverwendung –, mag er wissen, dass wir, wenn wir von einer einzelnen Substanz, d.h. einer speziellen, sprechen, wir nichts anderes bezeichnen wollen als ein Individuum, was dasselbe ist wie eine Person. [...]
[3] Aber über die heilige Dreifaltigkeit [...] müssen [...] immer dieselben Personen und nicht jeweils andere ausgesagt werden, weil sie sich gleich und ebenso verhalten und weder eine Hinzufügung zu einer Vierzahl noch eine Veränderung zu einer Zweizahl aufnehmen. Denn weder entsteht aus dem Vater noch aus irgendeiner der [drei göttlichen] Personen eine andere Person oder geht [aus ihm] hervor, noch endet eine dieser drei Personen jemals.

Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) IV 439d-441a

Eine Ursache für Platons Zweifel daran, dass Menschen tatsächlich gut sein wollen ist, dass die Teile der Seele – entgegen der sokratischen Lehre, wir handelten immer gemäß der Vernunft – in sich eine Unordnung der Seele hervorbringen, wie es auch die Teile des Staates tun
[1] Gewiss werden wir nicht [....] ohne Grund behaupten, dass sie zweifach und voneinander verschieden sind, indem wir das, womit gedacht wird, das Denkende der Seele nennen, das aber, womit sie liebt, hungert und dürstet und über die anderen Begierden in Aufregung gerät, das nicht Denkende und Begehrende. [...]
[2] Also nehmen wir auch anderswo [....] häufig wahr, wenn jemanden die Begierden entgegen dem Denken Gewalt antun, dass er sich beschimpft und auf das, was in ihm Gewalt ausübt, erzürnt ist, und dass der Zorn von so jemandem gleichsam unter zwei Streitenden ein Bundesgenosse für die Vernunft wird? [...] Was ist, wenn jemand glaubt, ihm sei Unrecht geschehen? Ist er nicht hierdrüber zornig und beklagt sich und kämpft zusammen mit dem, was gerecht erscheint? [...]
[3] Oder ist – so wie in der Stadt drei Formen diese zusammenhalten, die Händler, die Helfer, die Beratschlagenden – auch in der Seele das Zornmütige das dritte, weil es von Natur aus ein Helfer für das Denkende ist, wenn es nicht durch schlechte Nahrung verdorben ist?

Platon: Erster Alkibiades (Alcibiades maior) 121e-122a

Platon definiert die Freiheit als Selbstkontrolle, wie er am Beispiel der Erziehung der persischen Könige zeigt
[1] Wenn der Junge 14 geworden ist, ziehen sie die hinzu, welche sie die königlichen Pädagogen nennen. Sie sind vier Auserwählte der Perser, welche die Besten scheinen in dem Alter, der Weiseste, der Gerechteste, der Maßvollste und der Tapferste.
[2] Von ihnen lehrt der eine die Magie des Zarathustra von Ahura Mazda – dies ist Gottesdienst –, er lehrt aber auch das Königliche, der Gerechteste [lehrt], durch das ganze Leben wahrhaft zu sein, der Maßvollste, nicht durch irgendeine der Freuden beherrscht zu werden, damit er sich angewöhnt, frei zu sein und wahrhaft König, indem er zuerst das in sich Befindliche beherrscht und nicht unterwirft, der Tapferste aber macht ihn frei von Furcht und Angst, als ob er, wenn er sich fürchtete, ein Sklave wäre.

Platon: Timaios (Timaeus) 47e-48a

Platons Überlegungen zur Freiheit stehen in einem größeren kosmischen Kontext, der sich daraus ergibt, dass die Notwendigkeit (ἀνάγκη) eine wichtige Rolle in der Welt spielt, aber doch von der Vernunft beherrscht wird, wie er in seinem Dialog über die Weltentstehung, dem <i>Timaios</i>, darlegt:
Das bis hierhin Gesagte [...] hat das durch den Geist Hergestellte gezeigt. Es gilt aber auch, das durch Notwendigkeit Entstehende der Rede anzufügen. Denn als gemischte wurde freilich das Entstehen dieser Welt aus einer Zusammenstellung von Notwendigkeit und Geist hervorgebracht. Indem aber der Geist über die Notwendigkeit herrscht, indem er sie überzeugt, das meiste des Geschehenen zum Besten zu führen, so wurde [...] am Anfang dieses All zusammengestellt.

Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) X 617de; 618bc

Nach dem Gericht, vor dem nächsten Zyklus des Kreislaufs der Wiedergeburten, dürfen die Seelen hier ihren persönlichen göttlichen Begleiter, den Daimon, wählen, je nach ihrer Lebensart, aber nicht ihre Tugend, die jeder Mensch im Leben erwerben muss
[1] ,Das Wort der Lachesis (= die Loserin), der Tochter der Ananke (= Notwendigkeit): Vergängliche Seelen, Beginn eines anderen Umlaufs des todbringenden sterblichen Geschlechtes. Nicht Euch wird ein Daimon auswählen, sondern Ihr werdet einen Daimon wählen. Wer das erste Los zieht, wähle als erster eine Lebensart, mit der er auf notwendige Weise zusammen sein wird. Die Tugend ist ohne Besitzer, durch deren Ehrung und Entehrung ein jeder mehr oder weniger von ihr haben wird‘ [...].
[2] Hier liegt nun, wie es scheint, o guter Glaukon, die ganze Gefahr für den Menschen, und deswegen muss man sich am meisten darum kümmern, dass ein jeder von uns, während er die anderen Lehren vernachlässigt, ein Sucher und Schüler dieser Lehre sein soll [...], ein brauchbares und ein schlechtes Leben zu unterscheiden und aus dem Möglichen stets überall das Beste zu wählen

Hölderlin, Friedrich : Die Abendphantasie .

Eine Ode aus dem Jahr 1799
Vor seiner Hütte ruhig im Schatten sitzt
Der Pflüger; dem Genügsamen raucht sein Herd.
Gastfreundlich tönt dem Wandrer im
Friedlichen Dorfe die Abendglocke.

Wohl kehren itzt die Schiffer zum Hafen auch,
In fernen Städten fröhlich verrauscht des Markts
Geschäftger Lärm; in stiller Laube
Glänzt das gesellige Mahl den Freunden.

Wohin denn ich? Es leben die Sterblichen
Von Lohn und Arbeit; wechselnd in Müh und Ruh
Ist alles freudig; warum schläft denn
Nimmer nur mir in der Brust der Stachel?

Am Abendhimmel blüht ein Frühling auf;
Unzählig blühn die Rosen, und ruhig scheint
Die goldene Welt; o dorthin nimmt mich,
Purpurne Wolken! und möge droben

In Licht und Luft zerrinnen mir Lieb und Leid! -
Doch, wie verscheucht von töriger Bitte, flieht
Der Zauber; dunkel wirds, und einsam
Unter dem Himmel, wie immer, bin ich. -

Komm du nun, sanfter Schlummer! zu viel begehrt
Das Herz; doch endlich, Jugend! verglühst du ja,
Du ruhelose, träumerische!
Friedlich und heiter ist dann das Alter.

Platon: Das Gastmahl / Symposion (convivium) 204ab

Platons klassische Definition der Philosophie
Diotima: Kein Gott philosophiert oder begehrt, weise zu werden, er ist es ja, noch auch, wenn sonst jemand weise ist, philosophiert dieser. Ebensowenig philosophieren auch die Unverständigen oder streben, weise zu werden. Denn das ist eben das Arge am Unverstande, dass er, ohne schön und gut und vernünftig zu sein, doch sich selbst ganz genug zu sein dünkt. [...]
Sokrates: Wer also, Diotima, sprach ich, sind denn die Philosophierenden, wenn es weder die Weisen sind noch die Unverständigen?
Diotima: Das muss ja schon, sagte sie, jedem Kinde deutlich sein, dass es die zwischen beiden sind, zu denen auch Eros gehören wird. Denn die Weisheit gehört zu den Schönsten, und Eros ist Liebe zum Schönen; so dass Eros notwendig philosophisch ist und als philosophischer zwischen den Weisen und den Unverständigen in der Mitte steht.

Dion von Prusa: Rede, Über die Philosophen (Oratio 70) .

Der Philosoph und Rhetor Dion von Prusa über die Besonderheiten des Philosophen
Natürlich gibt es gewisse Worte, die man hören muss, wenn man sich mit Philosophie beschäftigt, Kenntnisse, die man sich aneignen muss, eine Lebensweise, die man führen muss, und überhaupt ist das Leben des Philosophen ganz anders als dasjenige der meisten Menschen. Der Philosoph strebt nach Wahrheit, Klugheit, nach Pflege und Verehrung der Götter und, weit entfernt von Prahlerei, Trug und Prunk, nach Wohlgeratenheit und Besonnenheit der eigenen Seele. Auch die Kleidung des Philosophen ist ja anders als diejenige der gewöhnlichen Leute, auch seine Gepflogenheiten bei Tisch, im Gymnasion, beim Baden und seine übrige Lebensweise.

Unbekannt: Leben des Secundus (Vita Secundi) S. 70-72

Beliebt und in vielen Sprachen verfügbar war in der Spätantike die Erzählung vom Philosophen Secundus vor dem als gerecht geltenden Kaiser Hadrian
[1] [Kaiser] Hadrian, der sich davon überzeugen wollte, dass [der Philosoph] Secundus das [von ihm freiwillig gelobte] Schweigegebot streng befolgte, stand auf und entbot ihm, als er kam, als erster seinen Gruß. Secundus aber bewahrte sein gewöhnliches Schweigen. Daraufhin sprach Hadrian zu ihm: ,Sprich, Philosoph, damit wir Dich kennenlernen; denn es ist unmöglich, deine Weisheit zu erfassen, wenn Du schweigst‘. Secundus aber schwieg weiterhin. Da sprach Hadrian zu ihm: ,Secundus, bevor ich zu Dir kam, war es richtig, dass Du schwiegst, denn Du hattest keinen Zuhörer, der bedeutender war als Du selbst, noch jemanden, der in der Lage gewesen wäre, auf gleicher Ebene Worte zu wechseln. Nun aber bin ich hier und fordere, dass Du sprichst‘ [...].

[2] Doch Secundus war weder von Scham berührt noch von Furcht vor dem Herrscher erfüllt. Da verlor Hadrian schließlich die Fassung, verlangte nach einem Tribunen und befahl diesem: ,Bringe den Philosophen dazu, das Wort an mich zu richten‘. Der Tribun aber erklärte ihm [...]: ,Es mag möglich sein, Löwen, Panther und andere Tiere dazu zu bringen, mit Menschen stimme zu sprechen, jedoch nicht einen Philosophen gegen seinen Willen‘.

Aristoteles: Hermeneutik 9, 19a 23-25. 29-36

Ein Problem für alternative Handlungsmöglichkeiten ergibt sich aus der Frage, ob Sätze über Zukünftiges (futura contingentia) wahr sein können
[1] Freilich ist für das, was ist, wenn es ist, notwendig, dass es ist, und für das, was nicht ist, notwendig, dass es nicht ist. Aber es ist weder für alles, was ist, notwendig, dass es ist, noch ist es für alles, was nicht ist, notwendig, dass es nicht ist. […]
[2] Ich meine damit, dass es beispielsweise zwar notwendig ist, ,dass morgen eine Seeschlacht entweder stattfinden oder nicht stattfinden wird‘, dass es aber nicht notwendig ist, ,dass morgen eine Seeschlacht stattfindet‘, und auch nicht notwendig, ,dass morgen keine Seeschlacht stattfindet‘. […].
[3] Mit der Wahrheit der Sätze verhält es sich folglich in derselben Weise wie mit der der Dinge. Deswegen ist klarerweise bei allem, was sich so verhält – unabhängig davon, was tatsächlich eingetroffen ist – auch das Gegenteilige möglich (und für die Bestreitung davon muss dasselbe gelten).
[4] Dies ist nun bei denjenigen Dingen der Fall, die nicht immer da sind oder nicht immer nicht da sind.

Cicero: Gespräche in Tuskulum (Tusculanae disputationes ) V 10

Über die Bedeutung des Sokrates für die antike Philosophie
Sokrates aber rief als erster die Philosophie vom Himmel herunter, siedelte sie in Städten an, führte sie auch in Häuser ein und zwang sie, nach dem Leben und den Sitten sowie guten und schlechten Dingen zu fragen.

Platon: Apologie des Sokrates (apologia Socratis) 40b-e

Sokrates nennt zwei mögliche Todesvorstellungen sowie die Vorzüge der ersten Alternative
[1] Mir scheint nämlich dieses Ereignis etwas Gutes geworden zu sein, und unmöglich können wir Recht haben, wenn wir annehmen, der Tod sei etwas Schlechtes. [...] Denn eins von beiden ist das Totsein, entweder soviel als nichts sein noch irgendeine Empfindung von irgendetwas haben, wenn man tot ist; oder, wie gesagt wird, es ist ein Wechsel und ein Umzug der Seele von hier an einen anderen Ort.
[2] Und ist es nun gar keine Empfindung, sondern wie ein Schlaf, in welchem der Schlafende auch nicht einmal einen Traum hat, so ist der Tod gewiss ein wunderbarer Gewinn; denn ich glaube, wenn jemand einer solchen Nacht, in welcher er so fest geschlafen, dass er nicht mal einen Traum gehabt, alle übrigen Tage und Nächte seines Lebens gegenüberstellen und nach reiflicher Überlegung sagen sollte, wieviel Tage er angenehmer und besser als diese Nacht in seinem Leben gelebt hat [...], er würde finden, dass diese sehr leicht zu zählen sind gegen die übrigen Tage und Nächte.