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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Zitatfinder

Albertus Magnus: Kommentar zu Pseudo-Dionysios, Über die göttlichen Namen (Super Dionysium, De divinis nominibus) cap. 4 (Coloniensis 28, 1, p. 280, 55-67 und 281, 27-34 Simon)

Albertus Magnus über natura naturans und natura naturata
Hieraus scheint entnommen werden zu können, dass "die universale Natur", aus der alle "natürlichen Gehalte" stammen, wie im Text [des Pseudo-Dionyios] gesagt wird, eine göttliche Kunst sei und die gesamte Natur die Gesamtheit der Kreaturen, und dass die Einzelnatur die Natur eines jeden [Einzeldings] ist.
[1] Aber das scheint falsch zu sein. Denn wozu die Definition der Natur nicht passt, das kann nicht Natur genannt werden. Aber die Definition der Natur, die vom Philosophen [Aristoteles] angegeben wird, nämlich dass sie "das Prinzip der Bewegung und Ruhe in dem ist, in dem sie an sich ist und nicht akzidentell", passt nicht zur göttlichen Kunst, die keiner Sache innewohnend ist und nicht an sich ein Prinzip der Bewegung und der Ruhe. Also kann sie nicht Natur genannt werden [...]
Lösung: [...] Averroes nennt die göttliche Kunst universale Natur anscheinend [...] gemäß der Meinung derer, die eine zweifache Natur unterscheiden, nämlich eine "wirkende Natur" (natura naturans) und eine "bewirkte Natur" (natura naturata), wobei sie die wirkende Natur Gott nennen. Dass Gott die Natur genannt wird, wird aber wird weder bei einem Philosophen noch bei einem Heiligen gefunden. [...]

Simplikios: Aristoteles Physik Kommentar (In Aristotelis Physica commentaria) (p. 1249, 12-17)

Der neuplatonische Aristoteles-Kommentator Simplikios formuliert Prinzipien für die Etablierung der Harmonie zwischen Platon und Aristoteles
Folglich besteht der Unterschied zwischen den Philosophen jetzt, wie in den meisten anderen Fällen, nicht in der Sache, sondern nur in der Benennung. Die Ursache dafür ist, glaube ich, häufig, dass Aristoteles den alltäglichen Wortgebrauch bewahren und die Beweise im Ausgang von dem in sinnlicher Wahrnehmung Klaren ausgehend formulieren möchte, während Platon diese häufig geringschätzt, und leichter Hand zur geistigen Betrachtung aufsteigt.

Anaximander: Fragmente zitiert bei Simplikios; 12 A 9

Anaximander über Entstehen und Vergehen
Woraus die seienden Dinge ihr Entstehen haben, dorthin findet auch ihr Vergehen statt, wie es in Ordnung ist, denn sie leisten einander Recht und Strafe für das Unrecht, gemäß der zeitlichen Ordnung.

Anaxagoras: Fragmente 59 B 11-12

Anaxagoras definiert den Unterschied von Geist und materieller Welt
Und Anaxagoras sagt in aller Deutlichkeit: "In jedem – ausgenommen im Geist – ist ein Anteil von jedem; es gibt aber auch Dinge, in denen Geist ist." Und weiter: "Alles andere hat in Betreff eines Anteils Teil an jedem, der Geist aber ist unendlich und selbstbestimmend und mit nichts durch eine Mischung verbunden."

Descartes, René: Meditationen über die Erste Philosophie (Meditationes de prima philosophia ) IV 1

René Descartes (1596-1650) erkennt die Gewissheit der Idee Gottes
Bedenke ich nun, dass ich zweifle, also ein unvollständiges, abhängiges Ding bin, so begegnet mir ganz klar und deutlich die Vorstellung von einem unabhängigen und vollständigen Seienden, d.h. von Gott. Und ich schließe allein daraus, dass diese Idee in mir ist […], so eindeutig darauf, dass Gott existiert […], dass ich sicher bin, dass der menschliche Einfallsreichtum nichts Einleuchtenderes, nichts Sichereres erkennen kann. Und schon glaube ich einen Weg zu sehen, auf dem ich von der Betrachtung des wahren Gottes, in dem alle Schätze der Wissenschaften und der Weisheit verborgen sind, zur Erkenntnis der übrigen Dinge zu gelangen.

Abaelard, Peter: Dialog zwischen einem Juden, einem Philosophen und einem Christen (Collationes) Anfang

Petrus Abaelardus (ca. 1079-1142) sieht die Idee Gottes als Grundlage rationaler Auseinandersetzung an
Ich schaute in einer Erscheinung der Nacht – und siehe: drei Männer, die auf unterschiedlichen Wegen kamen, stellten sich vor mich hin. Ich fragte sie gleich nach der Art einer Vision, zu welchem Bekenntnis sie gehörten und warum sie zu mir gekommen seien. "Menschen sind wir", sagten sie, "die verschiedenen Glaubensrichtungen nachgehen. Zwar bekennen wir alle gleichermaßen, Verehrer eines einzigen Gottes zu sein, doch dienen wir ihm mit einem unterschiedlichen Leben und Glauben. Einer von uns, ein Heide, gehört zu denen, die man Philosophen nennt, und ist mit dem natürlichen Sittengesetz zufrieden. Die anderen zwei aber haben Schriften; von ihnen wird der eine Jude, der andere Christ genannt."

Boethius, Anicius Manlius Severinus: Der Trost der Philosophie (Consolatio philosophiae ) V, Prosa 3, 1-3. Prosa 4, 1

Boethius (ca. 480-524) weist auf das philosophische Problem der Providenz Gottes hin
Boethius: Wieder werde ich durch eine noch schwierigere Zweideutigkeit verwirrt.
Philosophie: Welche […] ist das denn?
Boethius: Es scheint sich allzu sehr zu widersprechen und einander entgegenzustehen, dass Gott alles vorherweiß und dass es irgendein Urteil in Freiheit gibt. Denn wenn Gott alles vorhersieht und sich auf keine Weise irren kann, dann ist das notwendig, was er durch die Vorsehung als zukünftig vorhergesehen hat. Wenn er daher seit ewigen Zeiten nicht nur die Taten der Menschen, sondern auch ihre Überlegungen und Willenstendenzen vorhersieht, dann gibt es folglich keine Freiheit. […]
Philosophie: Das ist die alte und von Marcus Tullius Cicero […] heftig betriebene Frage nach der Vorsehung.

Pascal, Blaise: Mémorial N.N

Der Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal (1623-1662) stellt den jüdisch-christlichen Gott dem „Gott der Philosophen“ gegenüber
Jahr der Gnade 1654. Montag, den 23. November [...]. Seit ungefähr abends zehneinhalb bis ungefähr eine halbe Stunde nach Mitternacht. FEUER.
„Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs“, nicht der Philosophen und Gelehrten. Gewissheit, Gewissheit, Empfinden: Freude, Friede. Gott Jesu Christi. Deum meum et Deum vestrum. (Joh 20, 17) [...] Vergessen von der Welt und von allem, außer Gott. Nur auf den Wegen, die das Evangelium lehrt, ist er zu finden. Größe der menschlichen Seele
„Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht; ich aber kenne dich.“ [...]. Ich habe mich von ihm getrennt. Dereliquerunt me fontem aquae vivae. „Mein Gott, hast du mich verlassen?“ Möge ich nicht auf ewig von ihm geschieden sein. „Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen.“ [...]
Ich habe mich von ihm getrennt, ich habe ihn geflohen, mich losgesagt von ihm, ihn gekreuzigt. Möge ich nie von ihm geschieden sein. Nur auf den Wegen, die das Evangelium lehrt, kann man ihn bewahren.Vollkommene und liebevolle Entsagung. [...]. Amen.

Thomas von Aquin: Summa theologiae I (Summa theologiae) I 46, 2 responsio

Thomas von Aquin (1224/25-1274) begrenzt die Ansprüche der christlichen Lehre gegenüber der Vernunft
Dass die Welt nicht immer da war, wird allein mit dem Glauben festgehalten und kann nicht demonstrativ bewiesen werden (wie es auch schon oben vom Mysterium der Trinität festgehalten wurde) […], weil die Neuheit der Welt keinen Beweis aus der Welt selbst heraus erhalten kann. […] Denn der Wille Gottes kann mit der Vernunft nicht untersucht werden, außer im Hinblick auf das, das Gott mit absoluter Notwendigkeit will. Dazu gehört aber nicht das, was er im Hinblick auf die Geschöpfe will. […] Und es ist von Nutzen, dies zu beachten, damit nicht etwa jemand, der sich herausnimmt, das zu beweisen, was zum Glauben gehört, nicht notwendige Gründe anführt, die für die Ungläubigen, die meinen, wir würden wegen solcher Gründe das glauben, was zum Glauben gehört, Anlass zum Gelächter ist.

Cicero: Das höchste Gut und das höchste Übel (De finibus bonorum et malorum) III 22, 73

Cicero über das Verhältnis von Naturerkenntnis und Gotteserkenntnis
Der Physik kommt ebenfalls nicht ohne Grund dieselbe Abgabe und Ehre zu, denn wer der Natur gemäß leben möchte, der muss von der ganzen Welt und ihrer Verwaltung her aufbrechen. Aber niemand kann über das Gute und das Böse richtig urteilen, es sei denn, er hat jeden vernünftigen Inhalt der Natur und auch des Lebens der Götter erkannt, und ob die Natur des Menschen mit der des Universums übereinstimmt oder nicht.

Aristoteles: Metaphysik (Metaphysica) VI 1, 1026a 13-20

Aristoteles (ca. 384-322 v. Chr.) führt die Idee einer ersten Philosophie ein
Die Physik handelt von Abtrennbarem, aber nicht von Unbeweglichem, einiges zur Mathematik Gehörende betrifft Unbewegliches, das aber wohl nicht abtrennbar ist, sondern gleichsam innerhalb von Materie. Die erste Philosophie handelt sowohl von Abtrennbarem als auch von Unbeweglichem. Nun müssen notwendig alle Ursachen ewig sein, vor allem aber diese. Denn sie sind die Ursachen für das Sichtbare von den göttlichen Dingen. Hiernach würde es also drei betrachtende (theoretische) Philosophien geben, Mathematik, Physik, Theologie.

Justin der Märtyrer: Dialog mit Tryphon (Dialogus cum Tryphone) 8, 1

Der christliche Philosoph Justin der Märtyrer (ca. 100-165) beschreibt seine Erfahrung der Verbindung von wahrer Erkenntnis und Liebe zur Weisheit und berichtet über seine Bekehrung zum Christentum
Da entzündete sich mir auf einmal ein Feuer in meiner Seele, und mich ergriff Liebe zu den Propheten und zu den Leuten, die Christus’ Freunde sind. Als ich seine Argumente mit mir selbst diskutierte, fand ich, dass nur diese Philosophie zuverlässig und von Nutzen ist. So bin ich nun auch dadurch Philosoph.

Laktanz: Die göttlichen Einrichtungen (Institutiones divinae) IV 4, 1f. (p. 320 Heck/Wlosok)

Der christliche Apologet Laktanz (ca. 250-320) betont die Verbindung von Religion und Weisheit, dem Ziel der Philosophie
Es tritt zutage, wie Weisheit und Religion miteinander verbunden sind. Die Weisheit, die Liebe fordert, blickt auf die Söhne, die Religion, die Furcht fordert, auf die Sklaven. [...] Weil aber Gott, der einer ist, sowohl die Rolle des Vaters als auch die des Herrn einnimmt, müssen wir ihn sowohl lieben, weil wir Söhne sind, als auch fürchten, weil wir Sklaven sind. Also kann weder die Religion von der Weisheit getrennt werden, noch die Weisheit von der Religion abgegrenzt, den es ist derselbe Gott, der erkannt werden muss, was der Weisheit zukommt, und verehrt, was der Religion zukommt.

Albertus Magnus: Summa theologiae (Summa theologiae) I, qu. 3, cap. 1 (p. 10b-11a Siedler)

Albertus Magnus (ca. 1200-1280) diskutiert, Gegenstand welcher Wissenschaft Gott ist
Hauptsächlich [...] wird Gott der Gegenstand der Ersten Philosophie genannt, weil es in ihrem Hauptteil um Gott geht und um die göttlichen Substanzen, die abgetrennt sind. [...] Auf eine zweite Weise wird unter den Wissenschaften das Gegenstand genannt, über welches und über dessen Teile Eigenschaften bewiesen werden. So wird das Seiende das Subjekt der Ersten Philosophie genannt, da ja eines und vieles, Möglichkeit und Wirklichkeit sowie notwendig seiend und möglich seiend vom Seienden bewiesen werden. [...] Hauptsächlich [...] ist Gott der Gegenstand der Theologie, und von ihm her wird sie benannt. Wenn aber ,Gegenstandʻ auf die zweite Weise verstanden wird [...], dann sind Christus und die Kirche der Gegenstand.

Duns Scotus, Johannes: Ordinatio (Ordinatio) Prologus, Pars 3, Quaestio 1, nr. 193 (p. 129f. Ed. Vaticana)

Johannes Duns Scotus (ca. 1265-1308) erläutert, inwiefern die philosophische Metaphysik über Gott spricht
Über Gott handelt die Metaphysik nicht als primären Gegenstand. Das wird dadurch bewiesen, dass es neben den Einzelwissenschaften auch eine gemeinsame geben muss, in der alles bewiesen wird, was diesen einzelnen gemeinsam ist. Daher muss es neben den Einzelwissenschaften eine gemeinsame über das Seiende geben, in der die Erkenntnis der Eigenschaften des Seienden überliefert wird; diese Erkenntnis wird in den Einzelwissenschaften vorausgesetzt. Wenn es also eine [Wissenschaft] von Gott gibt, gibt es neben dieser eine vom Seienden qua Seiendem, die auf natürliche Weise gewusst wird. [...] Gott aber wird, auch wenn er nicht der primäre Gegenstand der Metaphysik ist, in dieser Wissenschaft doch auf die edelste Weise betrachtet, auf die er in irgendeiner auf natürliche Weise erworbenen Wissenschaft betrachtet werden kann.

Thomas von Aquin: Summa theologiae I (Summa theologiae) I, 1, 3 responsio

Thomas von Aquin (1224/25-1274) erklärt, inwiefern die christliche Theologie eine Wissenschaft sein kann
Ist die heilige Lehre [d.h. die christliche Theologie] eine Wissenschaft? [...] Man muss sagen, dass die heilige Lehre eine Wissenschaft ist. Aber man muss wissen, dass es zwei Arten von Wissenschaften gibt. Denn es gibt einige, die aus Prinzipien hervorgehen, die im Lichte des natürlichen Intellekts bekannt sind, so wie die Arithmetik, die Geometrie und ähnliches. Es gibt aber einige, die aus Prinzipien hervorgehen, die im Lichte einer höheren Wissenschaft bekannt sind. [...] Und auf diese Weise ist die heilige Lehre eine Wissenschaft, weil sie aus Prinzipien hervorgeht, die im Lichte einer höheren Wissenschaft bekannt sind, die nämlich das Wissen Gottes und der Seligen ist. So wie daher die Musik die Prinzipien glaubt, die ihr vom Arithmetiker überliefert wurden, so glaubt die heilige Lehre die Prinzipien, die ihr von Gott offenbart wurden.

Wilhelm von Ockham: Schriftliche Fassung der Sentenzenvorlesung (Ordinatio) Prolog, Quaestio 7, responsio

Wilhelm von Ockham (ca. 1280-1347) erklärt, inwieweit der Glaube selbst nicht zur Wissenschaft der Theologie gehört
Jeder, der sich in der Theologie betätigt, kann einen Habitus des Begreifens erwerben. Und mithilfe dieser Habitus [...] können alle dem Theologen nach allgemeiner Regel möglichen Akte erworben werden, mit der einen Ausnahme des Aktes des Glaubens; denn mit ihrer Hilfe kann er predigen, lehren, Seelsorge betreiben, usw. [...] Dass aber ein solcher Habitus [...] keine Wissenschaft im eigentlichen Sinn sein darstellt, ist offensichtlich, denn etwas, dem man nur aufgrund des Glaubens zustimmen kann, weiß man nicht evident. [...] Aber nach Auffassung aller Heiligen und auch derer, die die Gegenposition einnehmen, kann keiner den Glaubenswahrheiten ohne Glauben zustimmen.

Seneca: Probleme zur Naturphilosophie (Quaestiones naturales) Prologus 13 f

Seneca (ca. 1-65 n. Chr.) definiert Gott
Quid est deus? Mens universi. Quid est deus? Quod vides totum et quod non vides totum. Sic demum magnitudo illi sua redditur, qua nihil maius cogitari potest, si solus est omnia, si opus suum et intra et extra tenet. Quid ergo interest inter naturam dei et nostram? Nostri melior pars animus est; in illo nulla pars extra animum est. Totus est ratio, cum interim tantus error mortalia tenet, ut hoc, quo neque formosius est quicquam nec dispositius nec in proposito constantius, existiment fortuitum et casu volubile ideoque tumultuosum inter fulmina nubes tempestates et cetera quibus terrae ac terris vicina pulsantur.

Cicero: Das Wesen der Götter (De natura deorum) II 23, 60f

Cicero (106-43 v. Chr.) referiert die Grundzüge der polytheistischen Theologie der Stoiker
Aber viele andere Naturen von Göttern wurden von den größten Weisen Griechenlands und von unseren Vorfahren aus ihren großen Wohltaten heraus nicht ohne Grund zusammengestellt und benannt. Denn alles, was dem Menschengeschlecht einen großen Nutzen brachte, das, glaubten sie, geschehe den Menschen nicht ohne die göttliche Güte. Daher benannten sie damals alles, was aus Gott geboren war, eben mit dem Begriff ,Gott‘, wie wenn wir die Früchte ,Ceres‘ nennen, den Wein aber ,Liber‘. [...] Weil alle diese Dinge eine solche Kraft hatten, dass sie nicht ohne Gott regiert werden kann, erhielt das Ding selbst die den Begriff der Götter.