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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

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Platon: Apologie des Sokrates (apologia Socratis) 40e-41a

Sokrates erläutert die Vorzüge einer möglichen Todesvorstellung
Ist aber der Tod andererseits wie eine Auswanderung von hier an einen anderen Ort und ist das wahr, was gesagt wird, dass alle Gestorbenen dort sind, was für ein größeres Gut könnte es wohl geben als dieses, o ihr Richter? Denn wenn einer in der Unterwelt angelangt ist, befreit von den hiesigen, sich so nennenden Richtern, und dort die wahren Richter antrifft, von denen ja gesagt wird, dass sie dort Recht sprechen – Minos, Radamanthys, Aiakos und Triptolemos sowie die anderen Halbgötter, die in ihrem Leben gerecht gewesen sind –, wäre das wohl eine schlechte Übersiedlung?

Platon: Phaidon (Phaedo) 58e

Sokrates‘ eigener Tod wird geschildert
Mir erging es dabei ganz erstaunlich. Bedauern berührte mich nämlich nicht wie einem, der beim Tod eines Freundes anwesend ist. Denn glückselig erschien mir der Mann, o Echekrates, in seinem Benehmen und seinen Reden, wie furchtlos und edel er endete, so dass ich vertraute, er gehe auch in die Unterwelt nicht ohne göttliche Schickung, sondern auch dort werde er sich wohl befinden, wenn jemals einer sonst. Darum berührte mich nun weder irgendein Bedauern, wie man doch denken sollte bei einem solchen Trauerfall, noch auch waren wir fröhlich, wie in unseren philosophischen Beschäftigungen [...], sondern in einem gar nicht festzulegenden Empfinden befand ich mich, das aus Lust zugleich und Trauer zusammengesetzt war.

Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) VI 484b-d

Platons Argument dafür, dass Philosophen herrschen sollen
[1] Sokrates: ,Wo nun die Philosophen die sind, welche das sich immer gleich und auf dieselbe Weise Verhaltende erfassen können, keine Philosophen aber die, welche dies nicht können, sondern immer unter dem Vielen und auf allerlei Weise sich Verhaltenden umherirren – welche beiden müssen nun Herrscher des Staates sind?‘ [...]
Glaukon: ,Und wie [...] sollte das nicht klar sein?‘
[2] Sokrates: ,Glaubst Du also, dass sich die irgendwie von Blinden unterscheiden, denen in der Tat die Erkenntnis eines jeden Seienden fehlt und die kein klares Urbild in der Seele haben, und die folglich nicht in der Lage sind – so wie Maler, die auf das Wahrste sehen und von dorther alles, auf das Genaueste achtgebend, übertragen – auch das hier Gesetzliche in Bezug auf das Schöne, das Gerechte und das Gute zu begründen, wenn es denn begründet werden muss, und das bereits Feststehende bewahrend zu erhalten? [...] Sollen wir also eher diese als Wächter einsetzen oder die, die jedes einzelne Seiende erkannt haben [...] und auch in keinem anderen Teil der Tugend nachstehen?‘
Glaukon: ,Absurd wäre es freilich [...], andere zu wählen‘.

Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) VI 485c-e

Platon über die Eigenschaften des wahren Philosophen
[1] Sokrates: ,Ganz notwendig wird, wer in irgendetwas von Natur verliebt ist, alles seinem Lieblingsgegenstande Verwandte und Angehörige auch lieben‘.
Glaukon: ,Richtig‘. [...]
Sokrates: ,Könntest Du nun etwas der Weisheit Verwandteres finden als die Wahrheit?‘
Glaukon: ,Wie sollte ich?‘ [...]
Sokrates: ,Kann also wohl dieselbe Natur weisheitsliebend/philosophisch sein die Lüge liebend?‘
Glaukon: ,Doch wohl keineswegs‘
[2] Sokrates: ,Der in der Tat das Lernen Liebende muss also gleich von Jugend an möglichst nach aller Wahrheit streben‘.
Glaukon: ,Allerdings ja‘.
Sokrates: ,Aber bei wem sich die Begierden sehr nach einem einzigen hinneigen, bei dem, wissen wir, sind sie nach anderen Seiten hin desto schwächer. [...] Bei wem sie also nach Kenntnissen und allem dergleichen hinströmen, bei dem gehen sie, denke ich, auf die Freude, welche der Seele an sich zukommt, und halten sich dagegen von den durch den Leib vermittelten Freuden zurück, wenn jemand nicht zum Schein, sondern wahrhaft philosophisch ist. [...] Mäßig ist also ein solcher und keineswegs habsüchtig‘.

Platon: Brief 7 (Epistula 7) 330de

Platons Überlegungen zum Erteilen politischer Ratschläge
[1] Wer einem Mann raten will, der krank ist und für seine Gesundheit schädliche Lebensgewohnheiten hat, der darf wohl nicht anders handeln, als dass er erst seine Lebensweise zu ändern sucht und ihm erst dann, wenn er ihm folgen will, weitere Hinweise gibt. Will er es aber nicht, so halte ich nur den, der diese Behandlung sofort aufgibt, für einen Mann und einen Arzt, den jedoch, der trotzdem dabei bleibt, für unmännlich und nicht fachgerecht.
[2] Dasselbe gilt auch für einen Stadtstaat, ob nun einer sein Herr ist oder mehrere: Wenn seine Verfassung sich auf dem rechten Weg befindet und dann Rat eingeholt würde über etwas, was ihr förderlich wäre, würde, wer Verstand hat, solche Leute beraten; andere jedoch, die sich ganz außerhalb der rechten Verfassung befinden und gar nicht auf ihre Spur kommen wollen, dem Berater aber vorweg sagen, er solle die Verfassung in Ruhe lassen und nicht verändern, ja er müsse sterben, wenn er sie verändere – wenn diese Leute beföhlen, ihrem Wollen und ihren Begierden dienend zu raten, auf welche Weise sie für alle Zukunft am leichtesten und schnellsten zu allem kämen; wer sich darauf einlässt, solche Ratschläge zu erteilen, den halte ich für unmännlich, wer sich nicht darauf einlässt, für einen Mann.

Cicero: Das höchste Gut und das höchste Übel (De finibus bonorum et malorum) 5, 15

Cicero erklärt die Bedeutung des Glücks bzw. der Eudaimonie als Lebensziel, die für jede philosophische Schule der hellenistischen Zeit gelten soll
Unser Lucius handelt also klug, wenn er in erster Linie vom höchsten Gut hören will; denn wenn dieses festgelegt ist, ist in der Philosophie alles festgelegt. Denn wenn in den übrigen Dingen etwas entweder ausgelassen oder nicht gewusst wird, bringt das keinen Nachteil mit sich, der die Bedeutung von jedem dieser Sachen überschreitet, von denen etwas vernachlässigt wurde; wenn aber das höchste Gut unbekannt ist, dann muss notwendigerweise der Gehalt des Lebens unbekannt sein. Daraus folgt ein solcher Irrtum, dass man nicht wissen kann, in welchen Hafen man sich zurückzieht.

Cicero: Das höchste Gut und das höchste Übel (De finibus bonorum et malorum) 5, 17f.

Cicero referiert die Einteilung der philosophischen Meinungen über das Glück bzw. letzte Ziel, die Karneades, der bedeutendste Vertreter des akademisch-skeptischen Platonismus, aufgrund der Situation der hellenistischen Zeit gegeben hatte
Was es aber ist, dass so bewegt und von Natur aus so seit der ersten Entstehung erstrebt wird, steht nicht fest, und hierüber herrscht unter den Philosophen [...] größte Uneinigkeit. [...] Einige meinen, das primäre Streben und das primäre Vermeiden von Schmerz richte sich auf die Lust. Andere als sie erstreben das, was sie Primäres der Natur nach nennen, wozu sie Unversehrtheit rechnen [...]. Diesem ähnlich ist das Primäre in den Seelen, wie die Funken und Samen der Tugenden.

Diogenes Laertios: Diogenes Laertios 7, 127

Es steht im Zusammenhang mit dem Gesagten, dass die Tugendbegriffe der Aristoteliker und Stoiker sich deutlich unterscheiden
[Die Stoiker] halten es für richtig, dass es nichts gibt zwischen Tugend und Schlechtigkeit, während die Peripatetiker sagen, zwischen Tugend und Schlechtigkeit sei der Fortschritt. Denn, sagen [die Stoiker], so wie das Holz gerade oder krumm sein muss, so ist es auch mit dem Gerechten oder Ungerechten, denn es gibt nichts mehr oder weniger Gerechtes, und bei den übrigen [Tugenden] ist es ebenso. Allerdings sei die Tugend [...] wegen ihrer selbst wählbar. Denn wir schämen uns über das, was wir schlecht tun, so als ob wir nur das sittlich Gute/Schöne für gut halten. Und sie sei hinreichend für die Eudaimonie.

Cicero: Das höchste Gut und das höchste Übel (De finibus bonorum et malorum) 5, 95

Cicero referiert den Glücksbegriff der aristotelischen bzw. peripatetischen Schule
Das ist also unser Argument, das Dir uneinheitlich scheint, [...] dass dort, wo die Tugend ist sowie große und in höchstem Maße lobenswerte, aus Tugend vollbrachte Taten, Elend und Leid nicht bestehen kann, aber sehr wohl Mühe und Belastung. Ich sage ohne Zweifel, dass alle Weisen glückselig sind, es aber doch geschehen kann, dass einer glückseliger ist als der andere.

Alkuin: Lehrbuch der Grundsätze Platons S. 152f.

Alkinous über den Begriff und das Ziel der Philosophie
Die Lehre der wichtigsten Dogmata Platons ist gewiss die folgende: Die Philosophie ist ein Streben nach Weisheit bzw. die Loslösung und Hinüberführung der Seele vom Körper weg, indem wir uns zum Geistigen und wahrhaft Seienden hinwenden. [...] Der Philosoph muss zunächst zu den Fächern geeignet sein, die ihn der Erkenntnis des geistigen, nicht umherirrenden und veränderlichen Seins annähern und zu ihr hinführen können, sodann muss er zur Wahrheit Liebe empfinden und Lüge keinesfalls akzeptieren, ferner von Natur aus mäßig sein. [...] Da es zweierlei Lebensweisen gibt, die theoretische und die praktische [...], ist die theoretische Lebensweise ehrwürdig, die praktische hingegen nachgeordnet und notwendig.

Aspasios : Kommentar zur Nikomachischen Ethik Prooemium, p. 1, l. 3-11

Aspasios, ein Aristoteles-Kommentator aus der Kaiserzeit, über die Ziele des Lebens
Insofern es unmöglich ist, sittlich gut zu leben, ohne mäßig und gerecht zu sein [...], insofern erscheinen die Politik und Ethik notwendig und deswegen früher zu sein [...]; insofern aber die Weisheit über die ehrwürdigsten und göttlichsten Dinge handelt und die Werke der Natur sowie noch andere viel bessere und stärkere Dinge als die von Natur aus Bestehenden betrachtet, auf welche sich die Erste Philosophie theoretisch richtet, insofern muss man gewiss die theoretische [Philosophie] früher und ehrwürdiger nennen.

Plotin: Enneade I 5 (36), 10, 15-22

Der Vorrang des theoretischen Glücks vor dem praktischen bei Plotin
Denn auch die Rettung des Vaterlands kann gewiss auch durch einen unvollkommenen Menschen geschehen, und das, was an der Rettung des Vaterlands freudvoll ist, kommt ihm gewiss auch dann zu, wenn ein anderer so handelt. Nicht dies ist ja das, was die Freude des Glücklichen bewirkt, sondern der Habitus bewirkt sowohl die Eudaimonie als auch, wenn etwas durch sie freudvoll ist. Den Zustand der Eudaimonie in den Handlungen anzusetzen ist Sache von jemandem, der sie in den Dingen außerhalb der Tugend und der Seele ansetzt. Denn die Aktivität der Seele besteht im Denken (ἐν τῷ φρονῆσαι) und darin, in sich selbst so aktiv zu sein.

Porphyrios von Tyros : An Markella (Ad Marcellam ) 31

Epikur betont den Zwecke der Philosophie, dem Menschen zu einem guten Leben zu verhelfen
Leer ist die Lehre eines Philosophen, durch die kein menschliches Erleiden geheilt wird. Denn so wie die Medizin keinen Nutzen hat, wenn sie nicht die Krankheiten der Körper heilt, so hat auch die Philosophie keinen, wenn sie nicht das Erleiden der Seele entfernt.

Ainesidemos : Referat des byzantinischen Patriarchen Photios (Bibliotheca codicum ) 212, 169b

Ainesidemos, der Begründer des kaiserzeitlichen Pyrrhonismus, über die Glückseligkeit als Resultat der Skepsis
Deswegen wüssten weder die Pyrrhoneer noch die anderen die Wahrheit in den Dingen, aber die, die nach einer anderen Richtung philosophierten, wüssten alles andere nicht und [..] auch eben dieses nicht, dass nichts von dem, was sie begriffen zu haben meinen, tatsächlich begriffen wurde. Der Philosoph im Sinne des Pyrrhon ist aber im Hinblick auf das andere glückselig, und er ist darin weise, ganz genau zu wissen, dass nichts von ihm in zuverlässiger Weise begriffen wurde.

Sextos Empirikos: Pyrrhonische Hypotyposen (Pyrrhoneae Hypotyposes) I 4. 12, p. 5. 11

Die Entwicklung der Urteilsenthaltung (epochē) nach Sextos Empirikos
[1] Das skeptische Vermögen stellt das Erscheinende und das Gedachte auf jedwede Weise einander gegenüber. Von ihr ausgehend gelangen wir wegen der gleichen Kraft in den einander widersprechenden Sachverhalten und Argumenten zuerst zur Urteilsenthaltung, dann zur Ataraxie [...]
[2] Was über den Bildhauer Apelles gesagt wird, das geschah auch dem Skeptiker. Man sagt nämlich, dieser habe ein Pferd gemalt und wollte den Schaum des Pferdes im Bild nachahmen. Es sei ihm aber so misslungen, dass er aufgab und den Schwamm in den er die Farben des Pinsels ausdrückte, auf das Bild warf. Als dieser aber traf, habe er eine Nachahmung des Schaums des Pferdes gebildet.
[3] Auch die Skeptiker hofften also, die Ataraxie dadurch zu erlangen, dass sie die Ungleichheit des Erscheinenden und Gedachten beurteilten; erst als sie dies nicht tun konnten, enthielten sie sich des Urteils. Als sie sich seiner enthielten, folgte die Ataraxie dem zufällig so wie ein Schatten dem Körper.

Diogenes Laertios: Leben der Philosophen (Vitae philosophorum) 6, 6. 69. 39

Das Verhältnis des Kynikers zur Philosophie
Auf die Frage, was er durch die Philosophie gewinne, antwortete er: ,Fähig zu werden, mit mir selbst Gemeinschaft zu pflegen‘. [...] Zu jemandem, der sagte: ,Nichts wissend philosophierst Du‘ antwortete er: ,Wenn ich Weisheit auch nur vortäusche, ist das schon ein philosophieren‘. Zu dem, der ihm seinen Sohn vorstellte und sagte, wie äußerst wohlgeraten und hervorragend in den Sitten er sei, sagte er ,Was braucht er mich?‘ [...] Zu jemandem, der sagte: ,Viele loben Dich‘, meinte er: ,Was habe ich Schlechtes getan?‘ [...] Gegenüber jemandem, der sagte, es gebe keine Bewegung, stand er auf und ging umher. [...]

Diogenes Laertios: Leben der Philosophen (Vitae philosophorum) 6, 6. 39

Beispiele für kynische Chrien (= Anekdoten mit lehrhaftem Charakter)
Als Antisthenes vorgeworfen wurde, mit schlechten Menschen zusammenzusein, sagte er: ,Auch die Ärzte sind zusammen mit den Kranken, bekommen aber kein Fieber‘ [...] Als ein verderbter Eunuch auf sein Haus geschrieben hatte ,Nichts Schlechtes komme herein‘, sagte er ,Wo nun soll der Hausherr eintreten?‘

Seneca: Brief an Lucilius (Epistula ad Lucilium ) 6, 1

Seneca über die Veränderung als Grundbedingung des philosophischen Lebens
Ich bemerke, Lucilius, dass ich nicht nur verbessert, sondern verwandelt werde; und ich verspreche nicht oder hoffe, dass nichts in mir übrig ist, was verändert werden muss. [...] Genau dies ist ja ein Zeichen für einen zum Besseren hingeführten Geist, dass er seine Fehler sieht, die er bisher nicht kannte.

Seneca: Brief an Lucilius (Epistula ad Lucilium ) 6, 5f.

Seneca über die Bedeutung des gemeinsamen Lebens für den Philosophen
Eine lebendige Stimme und das gemeinsame Leben nützen Dir mehr als eine Rede; Du musst zu einer gegenwärtigen Sache kommen, erstens weil die Menschen eher den Augen als den Ohren glauben, zweitens weil der Weg durch Vorschriften lang ist, durch Beispiele kurz und effektiv. Kleanthes hätte Zenon nicht nachgeahmt, wenn er ihn nur gehört hätte: Er nahm an seinem Leben teil, schaute seine Geheimnisse, beobachtete ihn, ob er nach seiner Regel lebte.