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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

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Alkuin: Lehrbuch der Grundsätze Platons S. 152f.

Alkinous über den Begriff und das Ziel der Philosophie
Die Lehre der wichtigsten Dogmata Platons ist gewiss die folgende: Die Philosophie ist ein Streben nach Weisheit bzw. die Loslösung und Hinüberführung der Seele vom Körper weg, indem wir uns zum Geistigen und wahrhaft Seienden hinwenden. [...] Der Philosoph muss zunächst zu den Fächern geeignet sein, die ihn der Erkenntnis des geistigen, nicht umherirrenden und veränderlichen Seins annähern und zu ihr hinführen können, sodann muss er zur Wahrheit Liebe empfinden und Lüge keinesfalls akzeptieren, ferner von Natur aus mäßig sein. [...] Da es zweierlei Lebensweisen gibt, die theoretische und die praktische [...], ist die theoretische Lebensweise ehrwürdig, die praktische hingegen nachgeordnet und notwendig.

Aspasios: Kommentar zur Nikomachischen Ethik Prooemium, p. 1, l. 3-11

Aspasios, ein Aristoteles-Kommentator aus der Kaiserzeit, über die Ziele des Lebens
Insofern es unmöglich ist, sittlich gut zu leben, ohne mäßig und gerecht zu sein [...], insofern erscheinen die Politik und Ethik notwendig und deswegen früher zu sein [...]; insofern aber die Weisheit über die ehrwürdigsten und göttlichsten Dinge handelt und die Werke der Natur sowie noch andere viel bessere und stärkere Dinge als die von Natur aus Bestehenden betrachtet, auf welche sich die Erste Philosophie theoretisch richtet, insofern muss man gewiss die theoretische [Philosophie] früher und ehrwürdiger nennen.

Plotin: Enneade I 5 (36), 10, 15-22

Plotin betont den Vorrang des theoretischen Glücks und erklärt praktische Aktivität in dieser Hinsicht für irrelevant
Denn auch die Rettung des Vaterlands kann gewiss auch durch einen unvollkommenen Menschen geschehen, und das, was an der Rettung des Vaterlands freudvoll ist, kommt ihm gewiss auch dann zu, wenn ein anderer so handelt. Nicht dies ist ja das, was die Freude des Glücklichen bewirkt, sondern der Habitus bewirkt sowohl die Eudaimonie als auch, wenn etwas durch sie freudvoll ist. Den Zustand der Eudaimonie in den Handlungen anzusetzen ist Sache von jemandem, der sie in den Dingen außerhalb der Tugend und der Seele ansetzt. Denn die Aktivität der Seele besteht im Denken (ἐν τῷ φρονῆσαι) und darin, in sich selbst so aktiv zu sein.

Porphyrios von Tyros : An Markella (Ad Marcellam ) 31

Porphyrios zitiert Epikur, um zu betonen, dass der Zweck der Philosophie darin besteht, den Menschen zu einem guten Leben zu verhelfen
Leer ist die Lehre eines Philosophen, durch die kein menschliches Erleiden geheilt wird. Denn so wie die Medizin keinen Nutzen hat, wenn sie nicht die Krankheiten der Körper heilt, so hat auch die Philosophie keinen, wenn sie nicht das Erleiden der Seele entfernt.

Ainesidemos : Referat des byzantinischen Patriarchen Photios (Bibliotheca codicum ) 212, 169b

Ainesidemos, der Begründer des kaiserzeitlichen Pyrrhonismus, über die Glückseligkeit als Resultat der Skepsis
Deswegen wüssten weder die Pyrrhoneer noch die anderen die Wahrheit in den Dingen, aber die, die nach einer anderen Richtung philosophierten, wüssten alles andere nicht und [..] auch eben dieses nicht, dass nichts von dem, was sie begriffen zu haben meinen, tatsächlich begriffen wurde. Der Philosoph im Sinne des Pyrrhon ist aber im Hinblick auf das andere glückselig, und er ist darin weise, ganz genau zu wissen, dass nichts von ihm in zuverlässiger Weise begriffen wurde.

Sextos Empirikos: Pyrrhonische Hypotyposen (Pyrrhoneae Hypotyposes) I 4. 12, p. 5. 11

Die Entwicklung der Urteilsenthaltung (epochē) nach Sextos Empirikos
[1] Das skeptische Vermögen stellt das Erscheinende und das Gedachte auf jedwede Weise einander gegenüber. Von ihr ausgehend gelangen wir wegen der gleichen Kraft in den einander widersprechenden Sachverhalten und Argumenten zuerst zur Urteilsenthaltung, dann zur Ataraxie [...]
[2] Was über den Bildhauer Apelles gesagt wird, das geschah auch dem Skeptiker. Man sagt nämlich, dieser habe ein Pferd gemalt und wollte den Schaum des Pferdes im Bild nachahmen. Es sei ihm aber so misslungen, dass er aufgab und den Schwamm in den er die Farben des Pinsels ausdrückte, auf das Bild warf. Als dieser aber traf, habe er eine Nachahmung des Schaums des Pferdes gebildet.
[3] Auch die Skeptiker hofften also, die Ataraxie dadurch zu erlangen, dass sie die Ungleichheit des Erscheinenden und Gedachten beurteilten; erst als sie dies nicht tun konnten, enthielten sie sich des Urteils. Als sie sich seiner enthielten, folgte die Ataraxie dem zufällig so wie ein Schatten dem Körper.

Diogenes Laertios: Leben der Philosophen (Vitae philosophorum) 6, 6. 69. 39

Das Verhältnis des Kynikers zur Philosophie
Auf die Frage, was er durch die Philosophie gewinne, antwortete er: ,Fähig zu werden, mit mir selbst Gemeinschaft zu pflegen‘. [...] Zu jemandem, der sagte: ,Nichts wissend philosophierst Du‘ antwortete er: ,Wenn ich Weisheit auch nur vortäusche, ist das schon ein philosophieren‘. Zu dem, der ihm seinen Sohn vorstellte und sagte, wie äußerst wohlgeraten und hervorragend in den Sitten er sei, sagte er ,Was braucht er mich?‘ [...] Zu jemandem, der sagte: ,Viele loben Dich‘, meinte er: ,Was habe ich Schlechtes getan?‘ [...] Gegenüber jemandem, der sagte, es gebe keine Bewegung, stand er auf und ging umher. [...]

Diogenes Laertios: Leben der Philosophen (Vitae philosophorum) 6, 6. 39

Beispiele für kynische Chrien (= Anekdoten mit lehrhaftem Charakter)
Als Antisthenes vorgeworfen wurde, mit schlechten Menschen zusammenzusein, sagte er: ,Auch die Ärzte sind zusammen mit den Kranken, bekommen aber kein Fieber‘ [...] Als ein verderbter Eunuch auf sein Haus geschrieben hatte ,Nichts Schlechtes komme herein‘, sagte er ,Wo nun soll der Hausherr eintreten?‘

Seneca: Brief an Lucilius (Epistula ad Lucilium ) 6, 1

Seneca über die Veränderung als Grundbedingung des philosophischen Lebens
Ich bemerke, Lucilius, dass ich nicht nur verbessert, sondern verwandelt werde; und ich verspreche nicht oder hoffe, dass nichts in mir übrig ist, was verändert werden muss. [...] Genau dies ist ja ein Zeichen für einen zum Besseren hingeführten Geist, dass er seine Fehler sieht, die er bisher nicht kannte.

Seneca: Brief an Lucilius (Epistula ad Lucilium ) 6, 5f.

Seneca über die Bedeutung des gemeinsamen Lebens für den Philosophen
Eine lebendige Stimme und das gemeinsame Leben nützen Dir mehr als eine Rede; Du musst zu einer gegenwärtigen Sache kommen, erstens weil die Menschen eher den Augen als den Ohren glauben, zweitens weil der Weg durch Vorschriften lang ist, durch Beispiele kurz und effektiv. Kleanthes hätte Zenon nicht nachgeahmt, wenn er ihn nur gehört hätte: Er nahm an seinem Leben teil, schaute seine Geheimnisse, beobachtete ihn, ob er nach seiner Regel lebte.

Seneca: Brief an Lucilius (Epistula ad Lucilium ) 20, 8f.

Seneca über das als-ob als Grundprinzip der philosophischen Entwicklung
,Wir sollen einen guten Menschen lieben und uns ihn immer vor Augen halten, damit auf diese Leise so leben, als ob er zuschauen würde‘. Das, mein lieber Lucilius, hat Epikur vorgeschrieben; er gab uns einen Wächter und Erzieher, und zwar zu Recht: Ein großer Teil der Vergehen wird aufgehoben, wenn ein Zeuge denen zur Seite steht, die auf dem Weg zum Vergehen sind.

Gregor Thaumaturgos : Dankrede an Origenes (Oratio prosphonetica ad Origenem ) VI 73-76

Gregor Thaumaturgos berichtet über seinen Empfang bei seinem philosophischen Lehrer Origenes
Er hat uns vom ersten Tag an aufgenommen; es war in Wahrheit mein erster, mein wertvollster Tag von allen, wenn ich so sagen darf; [...] als wir fortzulaufen versuchten, dachte er sich Kunstgriffe aller Art aus, um uns an sich zubinden, verwickelte uns in Unterhaltungen [...] und bot alle seine Kräfte auf. Er pries die Philosophie und die Liebhaber der Philosophie mit großen Lobreden und vielen passenden Worten, indem er sagte, nur diejenigen würden in Wahrheit ein Leben nach den Regeln der Vernunft führen, die sich bemühten, auf rechte Weise zu leben. Sie müssten zuerst sich selbst erkennen, wer sie sind, und dann dasjenige wahrhaft Gute, das der Mensch erstreben, und das wirklich Schlechte, das er meiden soll. Er tadelte die Unwissenheit und alle Unwissenden.

Gregor Thaumaturgos : Dankrede an Origenes (Oratio prosphonetica ad Origenem ) VI 81. 83

Zu Beginn der philosophischen Ausbildung schließt der Lehrer Origenes Freundschaft mit seinen Schülern, wie Gregor Thaumaturgos berichtet
Er schleuderte auch noch den Stachel der Freundschaft auf uns, gegen den man nicht leicht ankämpfen kann, weil er scharf und sehr zielsicher ist, [den Stachel] seiner Gewandtheit und guten Gesinnung, die uns schon allein durch seine Worte als sehr freundlich zu erkennen gab, wenn er uns ansprach und sich mit uns unterhielt. [...] Wie ein Funke, der mitten auf unsere Seele übersprang, wurde [die Liebe] zu dem heiligen, lieblichsten Wort selbst entzündet und angefacht, das wegen seiner unsagbaren Schönheit alle Menschen am mächtigsten anzieht, und zugleich die Liebe zu diesem Mann, seinem Freund und Fürsprecher.

Gregor Thaumaturgos : Dankrede an Origenes (Oratio prosphonetica ad Origenem ) VII 102-VIII 109

Gregor schildert die Dialektik beziehungsweise Logik als ersten Teil der philosophischen Ausbildung bei Origenes
a) Bei allem [...] stimmten wir den ersten besten Meinungen zu, von welcher Art sie auch sein mochten, auch wenn sie möglicherweise falsch waren, und widersprachen oft, auch wenn vielleicht etwas Wahres geäußert wurde. Auch darüber belehrte er uns durch [...] vielfältig nuancierte Worte.
b) Vielfältig ist nämlich dieser Teil der Philosophie, der daran gewöhnt, nicht blindlings und auch nicht aufs Geratewohl Zeugnisse zu verwerfen oder sie umgekehrt abzunicken, sondern nicht nur das, was deutlich sichtbar ist [...] und hervorsticht, genau zu untersuchen, das manchmal trügerisch und sophistisch erdacht ist, sondern auch das Innere sollten wir gründlich erforschen und jedes Einzelne ,rundherum abklopfen, ob‘ an dem Klang ,nicht vielleicht vielleicht etwas Schlechtes‘ sei (Platon, Philebos 55c). Erst wenn wir uns davon selbst überzeugt hätten, lehrte er uns, sollten wir auf solche Weise auch dem Äußeren zustimmen und über jedes Einzelne unsere Meinung sagen.
c) So wurde der urteilsfähige Teil unserer Seele auf die Weise der Logik ausgebildet [...]; dies [die Logik] sei das Notwendigste für alle [...] Menschen, die irgendeine Lebensweise wählen. [...] Und natürlich kann nur die Dialektik diese Gattung richtigstellen.

Gregor Thaumaturgos : Dankrede an Origenes (Oratio prosphonetica ad Origenem ) VIII 110-114

Gregor über Origenes’ Unterricht in der Naturphilosophie/Physik
[1] Durch andere Wissenschaften, die naturwissenschaftlichen, erläuterte er jedes einzelne Seiende und zerlegte ihn sehr genau in seine einfachsten Elemente; dann flocht er noch die Natur des Alls, eines jeden seiner einzelnen Teile und den vielgestaltigen Wechsel und die Veränderung der Dinge in der Welt in seine Rede ein, [...] die er teils gelernt, teils selbst herausgefunden hatte über die heilige Ordnung des Alls und die untadelige Natur; so weckte er in unseren Seelen anstelle eines vernunftlosen ein vernünftiges Staunen. Dieses Wissen lehrt die bei allen sehr beliebte Physiologie.
[2] Was soll ich über die heiligen Wissenschaften sagen, die [...] Geometrie und die [...] Astronomie? Jede einzelne prägte er unseren Seelen durch Lehre ein, [...] die eine als Grundlage schlechthin für alles [...], nämlich die Geometrie [...]; er führte uns aber auch durch die Astronomie hinauf bis zu den höchsten Dingen, wie durch eine Leiter, die bis zum Himmel ragt.

Gregor Thaumaturgos : Dankrede an Origenes (Oratio prosphonetica ad Origenem ) IX 115-117

Gregor über die Ethik als Höhepunkt der Philosophie
Das aber, das von allem das Wichtigste ist und um dessentwillen sich die gesamte Gruppe der Philosophen anstrengt, die [...] aus einer langen Beschäftigung mit allen anderen Lehrgebieten und mit der Philosophie edle Früchte erntet, sind die göttlichen Tugenden, die das Ethos betreffen, aus denen die Antriebe der Seele in einen unerschütterlichen und gefestigten Zustand versetzt werden. Er wollte uns sowohl frei von Leid als auch unempfindlich gegen alles Übel, ausgeglichen, gefestigt sowie wahrhaft gottähnlich und selig machen. Hierum bemühte er sich mit eigenen Worten über unseren Charakter und unser Verhalten, die beruhigend und weise, aber auch sehr zwingend waren. Und nicht nur durch Worte, sondern in gewisser Weise bereits auch durch Taten lenkte er unsere Antriebe, und zwar durch die Betrachtung und Prüfung der Antriebe und Leidenschaften der Seele.

Gregor Thaumaturgos : Dankrede an Origenes (Oratio prosphonetica ad Origenem ) XIII 150f

Die Theologie als Abschluss der philosophischen Ausbildung
Wie könnte ich wohl neben all seinem sonstigen Fleiß und Arbeitseifer seine Lehre und Gewissenhaftigkeit in Bezug auf die Theologie in meiner Rede weiter schildern und in die Grundhaltung dieses Mannes eindringen, mit welcher Einsicht und Vorbereitung er wollte, dass wir alle Inhalte über das Göttliche gründlich studierten, weil er darum besorgt war, dass wir keine Gefahr in Bezug auf das Allernotwendigste liefen, die Erkenntnis der Ursache von allem. Denn er forderte, dass wir Philosophie treiben, indem wir mit ganzer Kraft alle vorhandenen Schriften der alten Philosophen und Dichter lasen [...] außer denen der Atheisten.

Justin der Märtyrer: Dialog mit Tryphon (Dialogus cum Tryphone) 2, 3-5

Justin, Philosoph und Märtyrer, über seine Erfahrungen mit philosophischen Lehrern
a) Ich übergab mit am Anfang einem Stoiker. Nachdem ich einige Zeit mit ihm verbracht hatte, trennte ich mich von ihm, weil ich nichts weiter über Gott erfuhr (er wusste darüber selbst nichts, und dieser Lehrinhalt schien ihm nicht notwendig),
b) und ging zu einem anderen, einem sogenannten Peripatetiker, wie er glaubte, einem schlauen. Nachdem er mit mir an den ersten Tagen zufrieden war, forderte er, den Lohn festzulegen, damit der Unterricht für uns nicht nutzlos würde. Deswegen verließ ich ihn, da ich ihn überhaupt nicht für einen Philosophen hielt.
c) Da meine Seele aber vor Begierde brannte, das Spezifische und Herausragende der Philosophie zu hören, ging ich zu einem sehr angesehenen Pythagoreer. [...] ,Wie steht’s?‘ sagte er, ,Hattest Du Kontakt mit Musik, Astronomie und Geometrie? [...]‘ Nachdem er diese Fächer sehr gelobt hatte und sie notwendig nannte, schickte er mich weg, weil ich zugab, mich darin nicht auszukennen. Ich war also nachvollziehbarerweise traurig und gab die Hoffnung auf.