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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

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Bonaventura : Wegweiser für den Geist in Gott hinein (Itinerarium mentis in Deum) VIII

Bonaventura schildert die unio mystica
[1] Nachdem unser Geist Gott erkannt hat – außer sich durch und in den Spuren, in sich durch und in dem Bilde, über sich durch die Ähnlichkeit des göttlichen Lichtes, die über uns aufleuchtet, und in dem Lichte selbst, soweit gemäß dem Status des Weges und der Übung unseres Geistes möglich ist – ist er endlich auf der sechsten Stufe dahin gelangt, dass er im höchsten Urprinzip und im Mittler zwischen Gott und den Menschen, in Jesus Christus, das erschaut, wovon in den Geschöpfen in keiner Weise etwas Ähnliches gefunden werden kann. [...]
[2] Soll dieser Übergang vollkommen sein, dann muss jede Geistestätigkeit aufhören und das tiefste Fühlen des Gemütes ganz in Gott aufgehen und in ihn umgewandelt werden. Das ist aber ist das Mystische und ganz Verborgene, das niemand kennt außer dem, der er es empfangen hat.

Meister Eckhart : Deutsche Predigt 43, S. 329f

Meister Eckhart über die Vereinigung mit Gott
Etlîche meister suochent sælicheit in vernünfticheit. Ich spriche: sælicheit enliget noch an vernünfticheit noch an willen, mêr: dar obe, dâ liget sælicheit, dâ sælicheit liget als sælicheit, niht als vernünfticheit, und got liget als got und diu sêle liget, als si gotes bilde ist. Dâ ist sælicheit, dâ diu sêle got nimet, als er got ist. Dâ ist sêle sêle und gnâde gnâde und sælicheit sælicheit und got got.

Nikolaus von Kues: Über die gelehrte Unwissenheit (De docta ignorantia) I 1

Nikolaus von Kues (Cusanus) begründet die Unerkennbarkeit Gottes in seiner Unendlichkeit
Alle Forschung besteht in einem leichten oder schweren vergleichenden Beziehen. Das Unendliche als Unendliches ist deswegen unerkennbar, da es sich allem Beziehen entzieht. [...] Wenn das so ist [...], dann wünschen wir uns zu wissen, dass wir nicht wissen. Gelingt uns die vollständige Erfüllung dieser Absicht, so haben wir die gelehrte Unwissenheit erreicht. Auch der Lernbegierigste wird in der Belehrung nichts Vollkommeneres erreichen, als in dem Nichtwissen, das ihm eigentümlich ist, für möglichst gelehrt befunden zu werden.

Nikolaus von Kues: Die Mutmaßungen (De coniecturis ) I 5, 21

Cusanus erklärt Mutmaßungen zum Weg der Annäherung an Gott
Wenn es auch wahrer zu sein scheint, dass Gott nichts von all dem ist, was man begreifen oder aussprechen kann, als dass er etwas davon ist, so erreicht eine Verneinung, der eine Bejahung gegenübersteht, doch keine Präzision. Es gibt also einen absoluteren Begriff von Wahrheit, der beide Gegensätze verwirft, indem er sie gleichzeitig trennt und verbindet. Denn man wird die Frage ,Gibt es Gott?‘ nicht unendlicher beantworten können als so: Weder gibt es ihn, noch gibt es ihn nicht, noch gibt es ihn und gibt es ihn nicht. [...] Diese höchst scharfsinnige mutmaßende Antwort ist für alle Probleme gleich. Mutmaßend aber ist sie, weil eine vollständig präzise unaussprechlich und unerreichbar bleibt, mit der Vernunft wie mit dem Intellekt.

Nikolaus von Kues: Die Mutmaßungen (De coniecturis ) I Prologus 3

Cusanus über das Ungenügen einer jeden Mutmaßung
Weil aber ein geschaffenes Denkvermögen von begrenzter Aktualität in jedem Einzelnen stets auf besondere Weise existiert, so dass ein Unterschied zwischen allen Mutmaßungen bestehen bleibt, muss es folglich ganz gewiss bleiben, dass die verschiedenen Mutmaßungen verschiedener Menschen zwar Schritte auf dasselbe unerfassbare Wahre hin, aber untereinander unvergleichbar sind, so dass niemand die Bedeutung des Einen fehlerlos begreifen kann, wenn auch der eine näher herankommen mag als der andere.

Descartes, René: Meditationen über die Erste Philosophie (Meditationes de prima philosophia ) II 3

René Descartes begründet die Möglichkeit sicherer Erkenntnis in Anbetracht eines allmächtigen betrügerischen Dämons
Aber es gibt einen sehr mächtigen, sehr schlauen Betrüger – ich weiß nicht, wer es ist – der mit Absicht mich immer täuscht. Zweifellos bin also auch Ich, wenn er mich täuscht. Mag er mich nun täuschen, soviel er kann, so wird er doch nie bewirken, dass ich nichts bin, während ich denke, ich sei etwas. Nachdem ich so alles genug und übergenug erwogen habe, muss ich schließlich feststellen, dass der Satz ,ich bin, ich existiere‘, so oft er von mir ausgesprochen oder im Geist aufgefasst wird, notwendig wahr sei.

Descartes, René: Meditationen über die Erste Philosophie (Meditationes de prima philosophia ) III 2

Descartes führt die klare und distinkte Erkenntnis als Wahrheitskriterium ein
Ich bin sicher, dass ich ein denkendes Ding bin. Weiß ich also nicht auch, was dazu gehört, dass ich einer Sache sicher bin? Es ist doch in jener ersten Erkenntnis nichts anderes enthalten als eine klare und deutliche Auffassung dessen, was ich bejahe. Diese würde offenbar nicht genügen, mich der Wahrheit eines Dings zu versichern, wenn jemals etwas, das ich so klar und deutlich wahrnehme, falsch sein könnte. Und somit kann ich offenbar schon als allgemeine Regel festsetzen, dass all das wahr ist, was ich ganz klar und deutlich auffasse.

Descartes, René: Meditationen über die Erste Philosophie (Meditationes de prima philosophia ) III 16

Descartes erklärt sein Kriterium für die Realität einer Idee
Je länger und aufmerksamer ich all dies prüfe, um so klarer und deutlicher erkenne ich, dass es wahr ist. Was aber soll ich letztlich hieraus schließen? Wenn die objektive Realität einer meiner Ideen so groß ist, dass ich sicher bin [...], dass ich selbst nicht die Ursache dieser Idee sein kann, so folgt daraus notwendig, dass ich nicht allein in der Welt bin, sondern dass auch ein anderes Ding, das die Ursache für diese Idee ist, ebenfalls existiert.

Descartes, René: Meditationen über die Erste Philosophie (Meditationes de prima philosophia ) III 22. 24

Descartes‘ erster Gottesbeweis aus dem Gedanken, dass die Idee Gottes zu groß ist, um aus seinem Verstand zu stammen
Daher bleibt allein die Idee Gottes übrig, bei der untersucht werden muss, ob sie etwas ist, das aus mir selbst nicht hervorgehen konnte. Als Gott bezeichne ich eine unendliche, unabhängige, allweise, allmächtige Substanz, von der sowohl ich selbst als auch alles andere – wenn es irgendetwas anderes gibt, was es gibt – geschaffen worden ist. All dies ist nun so beschaffen, dass es, je sorgfältiger ich es ins Auge fasse, umso weniger aus mir selbst hervorgegangen denken kann. So ist aus dem oben Gesagten zu schließen, dass Gott notwendig existiert. [...] Auch darf ich nicht etwa glauben, ich erfasste das Unendliche nicht durch eine wahre Idee, sondern nur durch Negation des Endlichen, ähnlich wie ich die Ruhe und die Finsternis durch Negation der Bewegung und des Lichtes erfasse; denn ich erkenne im Gegenteil ganz klar, dass die unendliche Substanz mehr Realität enthält als die endliche und dass folglich in gewissem Sinne die Idee des Unendlichen der des Endlichen, d.h. die Gottes der des Ich vorausgeht.

Spinoza, Baruch de: Die Ethik, auf geometrische Weise geordnet (Ethica more geometrico ordinata ) I. Definitiones

Baruch de Spinoza beginnt das erste Buch seiner Ethik, indem er die vorausgesetzten Definitionen und Axiome angibt
Definitionen.
I. Unter Ursache seiner selbst verstehe ich das, dessen Sosein die Existenz in sich schließt, oder das, dessen Natur nicht anders als existierend begriffen werden kann. [...]
III. Unter Substanz verstehe ich das, was in sich ist und aus sich begriffen wird. [...]
V. Unter Modus verstehe ich die Affektionen der Substanz, oder das, was in einem andern ist, wodurch man es begreift.
VI. Unter Gott verstehe ich ein absolut unendliches Seiendes, d.h. eine Substanz, die aus unendlichen Attributen besteht, von denen jedes ein ewiges und unveränderliches Sosein ausdrückt. [...]
VII. Dasjenige Ding heißt frei, das aus der bloßen Notwendigkeit seiner Natur da ist und allein von sich zum Handeln bestimmt wird; notwendig aber, oder vielmehr gezwungen, dasjenige, was von einem andern bestimmt wird, auf gewisse und bestimmte Weise zu existieren und zu wirken. [...]

Axiome.
I. Alles was ist, ist entweder in sich oder in einem andern.

Spinoza, Baruch de: Die Ethik, auf geometrische Weise geordnet (Ethica more geometrico ordinata ) I, Lehrsatz 11

Spinoza begründet die notwendige Existenz Gottes
Lehrsatz 11. Gott oder die aus unendlichen Attributen bestehende Substanz, von denen ein jedes ewige und unendliche Wesenheit ausdrückt, existiert notwendig. [...]
Erläuterung: Es genügt, nur dies zu bemerken, dass ich hier nicht von Dingen spreche, welche aus äußeren Ursachen entstehen, sondern allein von Substanzen, welche (nach Lehrsatz 6) von keiner äußeren Ursache hervorgebracht werden können. Denn Dinge, welche aus äußeren Ursachen entstehen [...], verdanken all das, was sie an Vollkommenheit oder Realität haben, der Kraft der äußeren Ursache. [...] Was hingegen die Substanz an Vollkommenheit hat, verdankt sie keiner äußeren Ursache. [...] Die Vollkommenheit hebt daher die Existenz eines Dinges nicht auf, sondern setzt sie vielmehr; die Unvollkommenheit aber hebt dieselbe auf, und deshalb können wir der Existenz keines Dinges gewisser sein, als der Existenz des schlechthin unendlichen oder vollkommenen Seienden, d.h. Gottes.

Spinoza, Baruch de: Die Ethik, auf geometrische Weise geordnet (Ethica more geometrico ordinata ) 1, Lehrsatz 14

Spinoza erklärt alle anderen Substanzen zu Attributen Gottes
Lehrsatz 14: Außer Gott kann es keine Substanz geben und lässt sich keine begreifen.
Beweis: Da Gott das schlechthin unendliche Seiende ist, welchem kein Attribut, das das Sosein der Substanz ausdrückt, abgesprochen werden kann (nach Definition 6), und er notwendig existiert (nach Lehrsatz 11), so müsste, wenn es eine Substanz außer Gott gäbe, diese durch ein Attribut Gottes erklärt werden müssen [...]; also kann es auch keine Substanz außer Gott geben und folglich auch keine begriffen werden. [...]

Spinoza, Baruch de: Die Ethik, auf geometrische Weise geordnet (Ethica more geometrico ordinata ) I, Lehrsatz 15

Spinoza erklärt alles, was ist, für in Gott befindlich
Lehrsatz 15: Alles, was ist, ist in Gott, und nichts kann ohne Gott sein oder begriffen werden.
Beweis: Außer Gott gibt es keine Substanz und kann keine begriffen werden (nach Lehrsatz 14), das heißt (nach Definition 3) ein Ding, das in sich ist und aus sich begriffen wird. Die Modi aber können (nach Definition 5) ohne Substanz weder sein noch begriffen werden; weshalb dieses allein in der göttlichen Natur sein und durch sie allein begriffen werden können. Nun gibt es aber außer Substanzen und Modi nichts (nach Axiom 1).

Spinoza, Baruch de: Die Ethik, auf geometrische Weise geordnet (Ethica more geometrico ordinata ) I, Lehrsatz 16f

Spinoza erklärt die Unendlichkeit der Wirklichkeit aus der Unendlichkeit Gottes
Lehrsatz 16: Aus der Notwendigkeit der göttlichen Natur muss Unendliches auf unendliche Weisen (d.h. alles, was Gegenstand des unendlichen Intellekts sein kann) folgen.
Beweis: Dieser Satz muss jedem deutlich sein, wenn er nur darauf achtet, dass der Intellekt aus der gegebenen Definition eines jeden Dinges auf mehrere Eigenschaften schließt, welche wirklich aus demselben (d.h. aus dem Sosein des Dinges selbst) notwendig folgen.

Spinoza, Baruch de: Die Ethik, auf geometrische Weise geordnet (Ethica more geometrico ordinata ) I, Lehrsatz 33

Spinoza begründet die Notwendigkeit, die der Entstehung der Welt innewohnt
Lehrsatz 33: Die Dinge haben auf keine andere Weise und in keiner anderen Ordnung von Gott hervorgebracht werden können, als sie hervorgebracht worden sind. [...]
Erläuterung. [...] Ich zweifle nicht, dass viele diese Meinung als widersinnig verwerfen [...], und das aus keinem andern Grunde, als weil sie gewohnt sind, Gott eine andere Freiheit zuzuschreiben, welche von der, die wir (Definition 7) angegeben haben, weit entfernt ist, nämlich einen absoluten Willen. [...] Dass die Dinge auf keine andere Weise und in keiner andern Ordnung von Gott haben erschaffen werden können [...], wird leicht zu zeigen sein. [...] Denn sonst würde er der Unvollkommenheit und Unbeständigkeit angeklagt. Da es aber im Ewigen kein ,wann‘, kein ,vorher‘ und kein ,nachher‘ gibt, so folgt deshalb allein aus der Vollkommenheit Gottes, dass Gott nie etwas anderes beschließen könne noch je gekonnt habe. [...].
Darum kann ich das Argument gegen sie selbst folgendermaßen zurückwenden. Alles hängt von der Macht Gottes ab. Damit sich die Dinge also anders verhalten können, müsste notwendig der Wille Gottes sich auch anders verhalten. Nun kann sich der Wille Gottes aber nicht anders verhalten (wie wir oben aus Gottes Vollkommenheit aufs Deutlichste gezeigt haben), also können sich auch die Dinge nicht anders verhalten.

Kant, Immanuel : Kritik der reinen Vernunft Vorrede zur 2. Auflage, B XXIXf

Immanuel Kant erläutert, dass die kritische Leistung seiner Kritik der reinen Vernunft durchaus Raum für weitere Forschungen zur Frage lässt, die dann aber von der menschlichen Praxis ihren Ausgang nehmen müssen, welche er in der Grundlegung der Metaphysik der Sitten und der Kritik der praktischen Vernunft weiter verfolgt
Ich kann [...] Gott, Freiheit und Unsterblichkeit zum Behuf des notwendigen praktischen Gebrauchs meiner Vernunft nicht einmal annehmen, wenn ich nicht der spekulativen Vernunft zugleich ihre Anmaßung überschwenglicher Einsichten benehmen, weil sie [...] alle praktische Erweiterung der reinen Vernunft für unmöglich erklären. Ich mußte also das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu bekommen, und der Dogmatism der Metaphysik, d. i. das Vorurteil, in ihr ohne Kritik der reinen Vernunft fortzukommen, ist die wahre Quelle alles der Moralität widerstreitenden Unglaubens, der jederzeit gar sehr dogmatisch ist.

Kant, Immanuel : Kritik der praktischen Vernunft Vorrede. A S. 3-5

Immanuel Kant erläutert die Leistung, welche eine Kritik der praktischen Vernunft für die gesamte Philosophie erbringen kann
[1] Diese [...] Kritik [...] der praktischen Vernunft [...] soll bloß dartun, dass es reine praktische Vernunft gebe [...]. Wenn es ihr hiemit gelingt, so bedarf sie das reine Vermögen selbst nicht zu kritisieren, um zu sehen, ob sich die Vernunft mit einem solchen, als einer bloßen Anmaßung nicht übersteige (wie es wohl mit der spekulativen geschieht). Wenn sie, als reine Vernunft, wirklich praktisch ist, so beweiset sie ihre und ihrer Begriffe Realität durch die Tat. [...].
[2] Mit diesem Vermögen steht auch die transzendentale Freiheit nunmehro fest [...]. Der Begriff der Freiheit, so fern dessen Realität durch ein apodiktisches Gesetz der praktischen Vernunft bewiesen ist, macht nun den Schlussstein von dem ganzen Gebäude eines Systems der reinen, selbst der spekulativen Vernunft aus, und alle andere Begriffe (die von Gott und Unsterblichkeit), welche, als bloße Ideen, in dieser ohne Haltung bleiben, [...] bekommen mit ihm und durch ihn Bestand und objektive Realität, d.i. die Möglichkeit derselben wird dadurch bewiesen, dass Freiheit wirklich ist; denn diese Idee offenbaret sich durch das moralische Gesetz.

Kant, Immanuel : Metaphysik der Sitten BA 43. 52

Kant führt den Kategorischen Imperativ als alleinigen Nötigungsgrund für den guten Willen ein
[1] Der Wille ist ein Vermögen, nur dasjenige zu wählen, was die Vernunft unabhängig von der Neigung, als praktisch notwendig, d.i. als gut, erkennt. [...] Die Vorstellung eines objektiven Prinzips, sofern es für einen Willen nötigend ist, heißt ein Gebot (der Vernunft) und die Formel des Gebots heißt Imperativ. [...]
[2] Endlich gibt es einen Imperativ, der, ohne irgend eine andere durch ein gewisses Verhalten zu erreichende Absicht als Bedingung zum Grunde zu legen, dieses Verhalten unmittelbar gebietet. Dieser Imperativ ist kategorisch. Er betrifft nicht die Materie der Handlung und das, was aus ihr erfolgen soll, sondern die Form und das Prinzip, woraus sie selbst folgt. [...]
[3] Der kategorische Imperativ ist [...] nur ein einziger, und zwar dieser: handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph: Philosophische Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit S. 419

Der deutsche Idealist Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775-1854), von 1798-1803 Professor an der Universität Jena, formuliert die Problematik, vor deren Hintergrund er arbeitet, anhand des Gegensatzes, der sich aus dem Vergleich von Spinoza und Kant ergibt
Der spinozische Grundbegriff, durch das Prinzip des Idealismus vergeistigt [...], erhielt [...] eine lebendige Basis, woraus Naturphilosophie erwuchs, die [...] in Bezug auf das Ganze der Philosophie aber jederzeit nur als der eine Teil derselben [...] betrachtet wurde. [...] In [...] der Freiheit[,] wurde behauptet, finde sich der letzte potenzierende Akt, wodurch sich die ganze Natur in Empfindung, in Intelligenz, endlich in Willen verkläre.

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph: Philosophische Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit S. 422

Als größte Herausforderung des Freiheitsdenkens sieht Schelling die Lehre vom Bösen an
Dieses ist der Punkt der tiefsten Schwierigkeit in der ganzen Lehre von der Freiheit [...]: entweder wird ein wirkliches Böses zugegeben, so ist es unvermeidlich, das Böse in die unendliche Substanz oder den Urwillen selbst mitzusetzen, wodurch der Begriff eines allervollkommensten Wesens gänzlich zerstört wird; oder es muss auf irgendeine Weise die Realität des Bösen geleugnet werden, womit aber zugleich der reale Begriff der Freiheit verschwindet.