Perkams-Zitatenschatz.de

Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Zitatfinder

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich : Phänomenologie des Geistes S. 21

Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) über die Notwendigkeit, die Philosophie als System darzustellen:
Unter mancherlei Folgerungen, die aus dem Gesagten fließen, kann diese herausgehoben werden, daß das Wissen nur als Wissenschafft oder als System wirklich ist, und dargestellt werden kann. Daß ferner ein sogenannter Grundsatz oder Princip der Philosophie, wenn es wahr ist, schon deswegen auch falsch ist, weil er Grundsatz oder Princip ist. [...] Mangelhaft [...] ist er, weil nur das Allgemeine oder Princip, der Anfang, ist.

Al-Kindī : Die erste Philosophie (Philosophia prima) I, S. 59

Al-Kindī (ca. 800-866), der Begründer der arabisch-islamischen Philosophie, greift die griechische These von der Philosophie als wertvollster Tätigkeit des Menschen auf:
Unter den menschlichen Fertigkeiten kommen der erhabenste Rang und die ehrenvollste Stufe der Fertigkeit der Philosophie (falsafa) zu, die als Wissen um die Dinge in ihrer Wahrhaftigkeit (ḥaqīqa) definiert wird, soweit dies dem Menschen möglich ist.

Themistios : 2. Rede an Konstantios (Oratio secunda ad Constantium) 30bc. 32cd

Der platonisierende Redner Themistios (ca. 317-388) über wahre Philosophie:
Nehmt Ihr vielleicht an, dass jemand ein Philosoph ist, wenn er herauf und herunter über logische Schlüsse spricht und in der Lage ist, jedwede Argumente zu überprüfen, die verborgenen offenzulegen, und zwar sowohl affirmative als auch negative, [...] deren Verständnis schwer, deren Kenntnis aber nutzlos ist? [...] Oder vielleicht eher, dass der ein Philosoph ist, der die Tugend gründlich behandelt und die Kühnheit und die Tapferkeit – wobei er auf einem Bettchen vor drei oder vier jungen Kindern sitzt und vor Schwäche nicht einmal in der Lage ist, aus seinem Häuschen heraus zu blicken? [...] Mir genügt es demgegenüber, den Gipfel der Philosophie zu bezeugen [...]. Denn der Hauptpunkt für Platon sowie das Ende und der Gipfel aller Worte ist dies, dass die Philosophie nichts anderes ist als das Ähnlichwerden mit Gott, soweit es einem Menschen möglich ist.

Diogenes Laertios: Leben der Philosophen (Vitae philosophorum) 7, 39f.

Der Philosophiehistoriker Diogenes Laertios (3. Jh.) über die Teile der Philosophie
Sie sagen, die der Philosophie entsprechende Struktur sei dreiteilig. Eines von ihr sei nämlich naturphilosophisch, ein anderes ethisch, ein drittes logisch. [...] Sie vergleichen aber die Philosophie mit einem Lebewesen, wobei sie die Logik mit den Knochen und Nerven gleichsetzen, die Ethik mit den fleischlichen Teilen, die Physik aber mit der Seele. Oder auch mit einem Ei: Das Äußere sei die Logik, das danach die Ethik, das Innerste die Physik

Alkuin: Lehrbuch der Grundsätze Platons 153, 25-30

Der Platoniker Alkinous (2. Jh.) erklärt in platonisch-aristotelischer Terminologie ein stoisches Dreierschema
Bemühen des Philosophien scheint Platon zufolge in dreierlei zu bestehen: In der Schau des Seienden, im Handeln in Bezug auf in sich gute Dinge und in der Theorie der Vernunft selbst. Die Erkenntnis des Seienden wird aber theoretisch genannt, die über das beim Handeln Richtige praktisch, schließlich die auf die Vernunft bezogene dialektisch

Origenes: Kommentar zum Hohelied (In Canticum canticorum, prooemium) S. 75, 6-23

Der Kirchenvater Origenes (ca. 185-254; Alexandria und Palästina) erläutert die Teile der Philosophie
Die allgemeinen Disziplinen, durch die man zum Wissen der Dinge gelangt, sind drei, die die Griechen [i.e. die paganen Philosophen] Ethik, Physik und Enoptik nannten [...]. Einige der Griechen setzten die Logik [...] an die vierte Stelle. Andere sagten, sie sei nicht eigenständig, sondern den drei Disziplinen, die wir oben genannt haben, eingefügt und verbunden [...]. Ethik aber wird die genannt, durch die eine ehrbare Lebensweise angepasst wird und Regeln, die zur Tugend hinneigen, vorbereitet werden. Naturwissenschaft wird die genannt, in der die Natur jeder Sache erörtert wird, damit nichts im Leben gegen die Natur getan wird, sondern ein jedes dem Zweck zugeführt wird, zudem es vom Schöpfer hergestellt wurde. Enoptik wird die genannt, durch die wir, wenn wir das Sichtbare überstiegen haben, etwas vom Göttlichen und Himmlischen betrachten und allein mit dem Geist anschauen

Cicero: Das höchste Gut und das höchste Übel (De finibus bonorum et malorum) 3, 74

Cicero bewundert das System der stoischen Philosophie
Cato [der in diesem Dialog die stoische Position vertritt]: Aber ich merke schon, dass ich länger gesprochen habe, als das gegenwärtige Thema verlangte. Aber die bewundernswerte Zusammenstellung (compositio = systēma?) der Lehre und die unglaubliche Ordnung der Dinge zog mich fort – bewunderst Du sie nicht, bei den unsterblichen Göttern? Was nämlich kann entweder in der Natur, im Vergleich zu der nichts geeigneter ist, nichts besser ausgearbeitet, oder in den menschgemachten Werken gefunden werden, das so zusammengesetzt und zusammengefügt und aneinander angepasst ist? Welches Spätere passt nicht zum Vorhergehenden? Was folgt, was nicht einem Früheren entspricht? Wo ist nicht das eine so mit dem anderen verbunden, dass dann, wenn Du einen Buchstaben veränderst, alles ins Rutschen kommt? Und doch gibt es nichts, was verändert werden kann!

Aristoteles: Nikomachische Ethik (Ethica Nicomachea) I 1, 1094b 12-22

Aristoteles erklärt die Grenzen, die eine ethische Reflexion haben muss
Genauigkeit darf man nämlich nicht bei allen Aussagen auf im gleichen Grade suchen, so wie man es auch bei handwerklich Hergestelltem nicht macht. Das an sich Gute/Schöne und Gerechte, das die politische [Wissenschaft] untersucht, enthält viele Unterschiede und Verirrungen, so dass es anscheinend nur einem Gesetz folgt, aber nicht der Natur. Eine solche Verirrung weisen auch die guten Dinge auf, weil der Mehrheit [der Menschen] aus ihnen Schäden zustoßen. Denn schon einige sind an Reichtum zugrunde gegangen, andere an Tapferkeit. Angemessen ist es also, wenn man über derartiges und aufgrund von derartigem spricht, grob und umrisshaft auf die Wahrheit hinzuweisen und sich, wenn man über das, was in den allermeisten Fällen so ist, und aufgrund von derartigem spricht, auch mit derartigem zu begnügen

Lukian von Samosata: Hermotimos (Hermotimos) 11f.

Lukian von Samosata über die philosophische Diskussionskultur der Kaiserzeit
Lykinos: Es heißt, [dein stoischer Lehrer] habe den Abend bei dem wohlbekannten Euphrates gefeiert, der zum Geburtstag seiner Tochter einlud. Während des Symposions habe er viel philosophiert, sich mit dem Peripatetiker Euthydemos angelegt und sei mit ihm über einen der üblichen Punkte, wo sie den Stoikern widersprechen, in die Haare geraten. [...]
Hermotiomos: Wer hat denn gewonnen, Lykinos? [...]
L.: Am Anfang, sagt man, stand es noch unentschieden, aber am Ende war der Sieg Eurer, und der alte Mann war turmhoch überlegen. Euthydemos, heißt es [...] war frech und spitzfindig und wollte sich nicht überzeugen lassen, er gab sich wohl auch nur wenige Blößen, und da packte Dein Lehrer, der Gute, seinen Pokal, einen wahren Nestorbecher, und drosch ihm, er lag ja neben ihm, damit auf den Kopf – und so siege er.
H.: Jawoll! Genau so muss man mit Leuten umgehen, die den Besseren nicht weichen wollen.

Zeller, Eduard: Die Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung 3, 1 S.547f.

Der hegelianische Philosophiehistoriker Eduard Zeller (1814-1908) erklärt die posthellenistische Philosophie insgesamt für einen „Ekklektizismus“
Diejenige Form der Philosophie, welche um den Anfang den Anfang unserer Periode [d.h. am Ende des Hellenismus] hervortrag, hatte sich im Laufe des 3. und 2. Jahrhunderts [vor Christi Geburt] in ihren drei Hauptzweigen [Stoiker, Epikureer, Skeptiker] vollendet. [...] Sobald dagegen der wissenschaftliche Geist ermattet, und ein längerer Zeitraum ohne neue Schöpfungen nur durch die Verhandlungen zwischen den verschiedenen Schulen ausgefüllt wird, so wird das natürliche Ergebnis dieser Verhandlungen, die teilweise Vermischung der streitenden Parteien, in weiterem Umfang hervortreten, und die gesamte Philosophie wird jene eklektische Haltung einnehmen, die in ihrer allgemeinen Ausbreitung immer das Vorzeichen entweder einer tiefgreifenden Umwälzung oder des wissenschaftlichen Verfalls ist. Eben dieses war der Fall, in dem sich die griechische Philosophie in den letzten Jahrhunderten v. Chr. befand.

Cousin, Viktor : Kurs über die Geschichte der modernen Philosophie 1-2 12

Der französische Philosophiehistoriker Victor Cousin (1792-1867) lobt ein nicht systemorientiertes Denken
Das, was ich empfehle, ist derjenige aufgeklärte Eklektizismus, der, indem er alle Lehren mit Gerechtigkeit, ja sogar mit Wohlwollen beurteilt, ihnen das entnimmt, was sie an Gemeinsamem und an Wahrem enthalten, und das vernachlässigt, was sie an Entgegengesetztem und an Falschem enthalten.

Cicero: Akademische Abhandlungen Lucullus (Lucullus/Academicorum ) II § 7

Cicero beschreibt seine philosophische, der akademischen Skepsis entstammende philosophische Methodik
Weil wir aber gegen alle das zu vertreten pflegen, was richtig scheint, können nicht vermeiden, dass andere mit uns anderer Meinung sind – obwohl unsere Sache leicht ist, die wir ohne jedes Zufriedensein die Wahrheit suchen [..] Und auch unsere Erörterungen machen nichts anderes, außer dass sie, durch Argumente für beide Seiten, etwas herausbringen und gleichsam herausdrücken, was entweder wahr ist oder sich hieran so nah wie möglich annähert.

Lukrez (Titus Lucretius Carus): Über die Natur der Dinge (De rerum natura) II, 216-224

Lukrez erklärt die Lehre von der Bahnabweichung der Atome
Dies noch wünsch ich hierbei dir recht zur Kenntnis zu bringen:
Wenn sich die Körper im Leeren mit senkrechtem Falle bewegen,
durch ihr eigen Gewicht, so würden sie wohl in der Regel
irgendwo und –wann ein wenig zur Seite getrieben,
doch nur so, dass man sprechen kann von geänderter Richtung.
Wichen sie nicht so ab, dann würden wie Tropfen des Regens
gradaus alle hinab in die Tiefen des Leeren versinken.
Keine Begegnung und Stoß erführen alsdann die Atome,
niemals hätte daher die Natur mit der Schöpfung begonnen.

Cicero: Das Wesen der Götter (De natura deorum) I 50-53 = LS 13H

Ein Epikureer erklärt einem Stoiker die Selbständigkeit des Kosmos und die Untätigkeit der Götter
Und ihr pflegt uns zu fragen, Balbus, welches das Leben der Götter ist. [...] Gewiss dasjenige, im Vergleich zu dem nichts Glückseligeres [...] gedacht werden kann. Denn er treibt nichts [...] und bewegt keinerlei Werke, [...] während der Eure völlig überarbeitet ist. Denn falls (1.) die Welt selbst Gott ist – was kann weniger Ruhe haben als etwas, das sich ohne die geringste Unterbrechung [...] um eine Achse dreht [...]. Oder falls (2.) Gott jemand innerhalb der Welt ist, der regiert, der steuert [...] sowie die Annehmlichkeiten und das Leben der Menschen beschützt, dann ist er gewiss in beschwerliche und anstrengende Aufgaben verstrickt. [...] [Epikur] lehrte uns nämlich [...], dass die Welt durch die Natur hervorgebracht worden ist und dass es dazu überhaupt keiner kunstfertigen Herstellung bedurfte [...] Eben weil ihr nicht seht, wie die Natur das ohne einen Geist zustandebringen konnte, nehmt ihr wie die tragischen Dichter, weil ihr keine Lösung des Arguments entwickeln könnt, Eure Zuflucht zu einem Gott

Cicero: Das höchste Gut und das höchste Übel (De finibus bonorum et malorum) 5, 15. 17f.

Cicero referiert die Einteilung der Ziele der Philosophie nach dem Skeptiker Karneades
Unser Lucius handelt also klug, wenn er in erster Linie vom höchsten Gut hören will; denn wenn dieses festgelegt ist, ist in der Philosophie alles festgelegt. [...] Wenn das höchste Gut unbekannt ist, dann muss notwendigerweise der Gehalt des Lebens unbekannt sein. [...] Was es aber ist, dass so bewegt und von Natur aus so seit der ersten Entstehung erstrebt wird, steht nicht fest, und hierüber herrscht unter den Philosophen [...] größte Uneinigkeit. [...] Einige meinen, das primäre Streben und das primäre Vermeiden von Schmerz richte sich auf die Lust. Andere als sie erstreben das, was sie Primäres der Natur nach nennen, wozu sie Unversehrtheit rechnen [...]. Diesem ähnlich ist das Primäre in den Seelen, wie die Funken und Samen der Tugenden.

Lukrez (Titus Lucretius Carus): Über die Natur der Dinge (De rerum natura) I 62-79

Lukrez referiert Epikurs Umgang mit der Religion
Als das Leben der Menschen darnieder schmählich auf Erden
lag, zusammengeduckt unter lastender Angst vor den Göttern,
welche das Haupt aus des Himmels Gevierten prahlerisch streckte
droben mit schauriger Fratze herab den Sterblichen dräuend,
erst hat ein Grieche gewagt, die sterblichen Augen dagegen
aufzuheben und aufzutreten als erster dagegen;
den nicht das Raunen von Göttern noch Blitze bezwangen noch drohend
donnernd der Himmel; nein, nur umso mehr noch den scharfen
Mut seines Geistes reizte, dass aufzubrechen die dichten
Riegel zum Tor der Natur als erster er glühend begehrte.
Also siegte die Kraft des lebendigen Geistes, und weiter
schritt er hinaus die flammumlohten Mauern des Weltballs,
und das unendliche All durchstreift’ er männlichen Sinnes;
bringt als Sieger darum zurück von dort die Erkenntnis,
was zu entstehen vermag und was nicht, und wie einem jeden
schließlich die Macht ist beschränkt und im Grunde verhaftet der Grenzstein.
Drum liegt die Furcht vor den Göttern unter dem Fuß und zur Rache
wird sie zerstampft, uns hebt der Sieg empor bis zum Himmel.

Cicero: Das Schicksal (De fato) § 39 und § 43

Cicero über die stoische Theorie der Freiheit
Unter den alten Philosophen gab es zwei Auffassungen; die einen meinten, alles geschehe durch das Fatum, und zwar in der Weise, dass dieses Fatum die Gewalt einer Notwendigkeit mit sich bringe. [...] Die anderen meinten, es gebe freiwillige Bewegungen des Geistes, die ohne jedes Fatum erfolgten. Wie mir scheint, wollte daraufhin Chrysipp sozusagen als Ehrenschiedsrichter einen Mittelweg finden. [...] Aber bei der Darstellung seiner eigenen Auffassung gleitet er in Schwierigkeiten, so dass er, ohne es zu wollen, die Notwendigkeit des Fatums behauptet. [...] ,Wie alsoʻ, sagt er, ,derjenige, der die Walze angestoßen hat, ihr zwar den Beginn der Bewegung, aber nicht die Fähigkeit zur Drehung vermittelte, so wird ein gesehener Gegenstand dem Geist zwar die entsprechende Vorstellung einprägen und ihr seine Gestalt gleichsam einzeichnen; aber die Zustimmung dazu wird in unserer Macht liegen: Nachdem sie, wie das an der Walze erläutert worden ist, den Anstoß von außen empfangen hat, wird sie sich von da mit eigener Kraft und aus ihrer eigenen Natur heraus bewegen.

Alexander von Aphrodisias: Über das Schicksal (De fato) p. 207 = LS 62J

Der innere Zusammenhang von Determination und Verantwortlichkeit nach den Stoikern
a) Es ist aber nicht so, dass das Schicksal von dieser Art ist, es aber keine Schicksalsbestimmung gibt, und auch nicht so, dass es zwar eine Schicksalsbestimmung, aber keinen Anteil daran gibt, und auch nicht so, dass es zwar einen Anteil daran gibt, aber kein Maß in der Zuteilung, und auch nicht so, dass es zwar ein Maß in der Zuteilung, aber kein Gesetz gibt, und auch nicht so, dass es zwar ein Gesetz, aber keine richtige Vernunft gibt, die anordnet, was zu tun, und verbietet, was zu lassen ist. Nun sind aber die falschen Handlungen verboten, die richtigen aber geboten. Es ist also nicht so, dass das Schicksal von dieser Art ist, es aber keine falschen und richtigen Handlungen gibt.
b) Wenn es aber falsche und richtige Handlungen gibt, dann gibt es Tugend und Laster; und wenn es diese gibt, dann gibt es in sich Gutes und Schändliches. Das in sich Gute aber ist lobenswert, das Schändliche aber tadelnswert. Also ist es nicht so, dass zwar das Schicksal von dieser Art ist, es aber nichts Lobens- und Tadelnswertes gibt. Nun verdient aber das Lobenswerte Ehrung und das Tadelnswerte Strafe. Also ist es nicht so, dass zwar das Schicksal von dieser Art ist, es aber keine Ehrung und Strafe gibt.

Cicero: Das höchste Gut und das höchste Übel (De finibus bonorum et malorum) I 1, 1. 4, 11

Cicero über die Vorzüge des Philosophierens in Anbetracht der kritischen Haltung vieler Römer
Ich wusste durchaus, Brutus, als wir das, was die Philosophen mit höchsten Talenten und einer ausgezeichneten Lehre auf Griechisch behandelten, auf Latein niederschrieben, dass diese unsere Arbeit sich verschiedenen Tadel zuziehen werde. Denn einigen [...] missfällt dies im Ganzen, zu philosophieren. [...] Und doch wird der, der sich angewöhnt zu lesen, was wir über die Philosophie niederschreiben, zu dem Urteil kommen, dass diesem nichts zur Lektüre vorzuziehen ist. Was muss man nämlich im Leben so sehr erstreben als überhaupt alles in der Philosophie, ganz besonders aber das, was im vorliegenden Werk gesucht wird: Was ist das Ziel, was das Äußerste, was das Letzte, auf das alle Ratschläge zum guten Leben und zum richtigen Handeln zu beziehen sind?